Aus den Zeiten der schweren Noth. Nr. 5. Buchhändler Palm
Aus den Zeiten der schweren Noth.
Wir sind oft geneigt, fast nur mit einem mitleidigen Staunen
an unsere Väter zu denken, wenn wir von „Deutschland in seiner
tiefen Erniedrigung“ zu Anfang dieses Jahrhunderts hören. Man
kennt freilich die Thatsachen jener Zeit, sie sind klar und deutlich
genug aufgezeichnet, aber man betrachtet sie gleichsam als etwas
Fremdes, wie die Ereignisse einer Erzählung aus entlegenen Ländern
oder aus grauer Vorzeit, der frische, unmittelbare Eindruck,
wie sie ihn auf die Zeitgenossen machen mußten, fehlt, und so versteht
man die Lage und die Zustände, die jene Erscheinungen erzeugten,
nur unvollkommen, ja, kaum die noch unter uns lebenden
Greise, die selbst zu jenen Zeitgenossen gehörten, vermögen sich den
Zustand und ihre eignen damaligen Gefühle zum recht klaren Bewußtsein
zu bringen. Wir halten jenen Zustand kaum noch für
möglich, weil uns der „corsische Tyrann“ bereits zur Mythe geworden
[630] und weil wir nicht genug erwägen, daß der noch bei weitem nicht so mächtige gegenwärtige Imperator gleichwohl schon Macht genug gehabt hat, uns aus der Ferne und auf indirectem Wege polizeilich maßregeln zu lassen. Es kann aber nur heilsam sein, sich immer auf’s Neue recht klar zu vergegenwärtigen, was man bereits einmal erleben mußte, um desto bester gewaffnet zu sein, wenn uns ähnliche Gefahren nahe treten. Denn jene frühern traurigen Zustände können, ja, es steht zu fürchten, sie werden wiederkehren, wenn der nicht unmögliche Fall eintritt, daß Deutschland noch einmal – wenn auch nur momentan – von den westlichen Nachbarn überrannt wird. Man täusche sich nicht, die dienstwilligen Werkzeuge jener Tyrannei würden alsbald wieder dastehen wie vor fünfzig Jahren, und – leider müssen wir auch dies noch befürchten – die Niederträchtigkeit, die Feigheit und Feilheit der hohen wie der niedern Verräther in unserer eigenen Mitte würden nicht verfehlen, ihnen die Hand zu bieten, und über Nacht könnte noch einmal verwirklicht sein, was uns jetzt kaum begreiflich dünkt.
Es läßt sich nicht leugnen, daß keine Nation der Welt so vorzügliches Talent zum Schergendienst entfaltet hat, wie die französische; so offenkundig dies aber auch ist, so gründlich man es auch seiner Zeit unmittelbar hat erfahren müssen, pflegt es doch jetzt nie genügend hervorgehoben zu werden, namentlich auch nicht von den Historikern der napoleonischen Zeit, einer Zeit, die man gleichwohl nur richtig versteht, wenn man sich das Wesen und die Wirkungen jener unerhörten Willkürherrschaft lebhaft vergegenwärtigt, wenn man sich erinnert, daß alle jene vielgerühmten Gehülfen Napoleon’s, und am allermeisten seine Marschälle, willenlose, knechtische Schergen waren; sie waren insgesammt, ohne Ausnahme, vom erbärmlichsten Schergengeiste besessen und während sie sich ihrerseits weit weniger durch den Schimmer jener übrigens sehr puerilen „Gloire“ (die niemals unserm „Ruhme“ entspricht), als vielmehr durch gemeinen Eigennutz und durch Bedientenfurcht vor dem Gebieter leiten ließen, flößten sie leider auch den Völkern, die sie in seinem Namen knechteten, eine Furcht ein, die in erschreckender Weise demoralisirend wirkte. Der Sänger hatte nur allzu Recht und schilderte nur allzu wahr, wenn er in seinem Aufrufe sagte:
„Recht, Sitte, Tugend, Glauben und Gewissen
Hat der Tyrann aus deiner Brust gerissen – –
Das Winseln deiner Greise ruft: Erwache!
Der Hütte Schutt verflucht die Räuberbrut!
Die Schande deiner Töchter schreit um Rache,
Der Meuchelmord der Söhne schreit nach Blut!“ –
Aber es kam dann die Zeit, wo die Wunden vernarbt und beinahe vergessen waren, wo man nicht mehr begreifen mochte, wie die Deutschen den hochgefeierten Helden des Jahrhunderts einen „Wütherich“, einen „Bluthund“ hatten schelten können, eine Zeit, wo man den gerechten patriotischen Haß sogar lächerlich zu machen suchte und zu dem Ende Ausdrücke wie „Franzosenfresser“ erfand. Durch eine solche Selbstverspottung würde sich ein Volk auch nicht einmal dann ehren, wenn sie gerecht wäre.
Der Haß war ein nur allzu gerechter; – nur freilich muß man sich auch erinnern, daß nicht die Fremden allein, sondern daß vor Allem auch die damaligen Machthaber in Deutschland selbst an jener „tiefen Erniedrigung“ schuld waren.
Dem Gegner, der sich 1804 in Frankreich die Kaiserkrone auf’s Haupt gesetzt hatte, würde Deutschland ohne seine unselige Zersplitterung mehr als gewachsen gewesen sein, es würde keiner Coalition bedurft haben, um ihn im Schach zu halten. Die erste Bedingung, damit dies geschehen konnte, wäre gewesen: Einigkeit der deutschen Fürsten unter einander, d. h. sie hätten sich aller Eifersucht entschlagen und ihre eiteln Hausinteressen auf dem gemeinsamen Altare des Vaterlandes zum Opfer bringen müssen; nicht minder dringend nothwendig aber würde gewesen sein eine Appellation an das Volk, also das Zugeständniß, daß die Nation überhaupt eine selbstständige Geltung haben und nicht blos als willenloses Werkzeug dienen, nicht blos schwitzen, zahlen und bluten sollte. Nichts lag den Machthabern jedoch ferner als ein solcher Gedanke; die Dynastenhäuser allein und mit ihnen höchstens noch die Junker waren die Nation. Alle Uebrigen kamen nicht in Betracht und hatten keinenfalls eine Stimme, wenn es sich um das Interesse des Ganzen handelte; alle Uebrigen waren nur Nullen, auch z. B. die Männer nicht ausgenommen, die eine deutsche Kunst und eine deutsche Literatur geschaffen hatten, sie galten den Herren gewissermaßen nur als Spaßmacher und Maitres de plaisir, die man allenfalls einmal, je nach Umständen und je nach der Mode, allergnädigst protegiren konnte. Wenn es dem äußern Feinde zu begegnen galt, dachte man auch damals in Deutschland keineswegs an das Nächste, an die Wehrhaftmachung und Begeisterung des Volks (auch damals hielt man das vielmehr für gefährlich!), man dachte nur an die Herren Vettern, mit denen sich eine Coalition schließen ließe, damit dann ein jeder sein Contingent armseliger Gamaschenknechte in’s Feld schicken könnte.
Deutschland war in der That im Zustande tiefster Erniedrigung und Schmach: durch seine eigenen Fürsten zerrissen, zum Bruderkampfe gezwungen, von den Fremden geknechtet, von den Marschällen des Eroberers ausgesogen, von den französischen Schergen gemißhandelt und zum Schweigen gebracht durch die Furcht, die den ängstlichen Gemüthern eine Unzahl französischer Emissäre und Spione einzuflößen wußten, die unter allerlei Masken das Land überschwemmten. Der Nachbar mißtraute dem Nachbar, der Freund wagte im Briefe an den Freund kein Wort, keine Sylbe über die öffentlichen Zustände einfließen zu lassen, denn überall lauerte der Verrath, der Horcher war nahe, und die Häscher des Tyrannen waren zur Hand.
Aber unter dem Volke, das später, nach siebenjährigen namenlosen Leiden, das Joch brechen sollte, von dem es die Fürsten, die sich, bald eigennützig, bald feig, dem fremden Zwingherrn gefügt, nicht zu erlösen vermocht hatten, unter diesem Volke gab es auch damals noch Herzen, die keine Vergewaltigung einschüchterte, und Zungen, die keine Drohung zum Schweigen brachte. Im Gegentheil, sie waren es, die dem neuen französischen Kaiser Mißbehagen einflößten und Sorge erregten, und daher hatte Napoleon auch schon am 6. Juli 1806 ein außerordentliches Kriegsgericht ernannt, um Verfasser, Verleger, Drucker und Verbreiter von Spottschriften und Caricaturen über ihn und sein Haus zu entdecken und zu bestrafen.
Eine von patriotischem Zorn dictirte Flugschrift oder, wie die Knechte des Machthabers sie bezeichneten, eine „hochverrätherische Schandschrift“ war unter dem Titel „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung“ im Frühling 1806 erschienen. Diese Schrift ist durch das Schicksal Palm’s berühmt geworden, mag aber, weil man sie in verhältnißmäßig wenig Exemplaren verbreitet hatte, wenig Leser gefunden haben. Der größere Theil der Auflage wurde, so scheint es, vom Verleger und dessen Geschäftsfreunden vernichtet, und das Büchlein gehört daher jetzt unter die Seltenheiten. Ein unlängst erschienenes Schriftchen (J. Ph. Palm etc., von Fr. Schultheis, Nürnberg 1860) bezeichnet als den Verfasser der Broschüre Joh. Konrad von Yelin, Mitglied der Akademie der Wissenschaften in München (gest. 1826 in Edinburg). Die 144 Seiten starke Flugschrift beleuchtet im Eingange die damaligen Zustände Frankreichs, Napoleon’s innere und äußere Politik, und verbreitet sich sodann namentlich über die Ursachen des Verfalls und der tiefen Erniedrigung des deutschen Vaterlandes in treffender Weise und in Bemerkungen, die leider auch für die heutigen Zustände ihre Geltung noch nicht verloren haben. Am schärfsten äußert sie sich über das Gebahren der französischen Truppen in Deutschland und besonders in Baiern, als dessen „Verbündete“ dieselben nach den heillosen Tagen von Ulm, wo die Oesterreicher unter Mack das Gewehr gestreckt hatten, eingezogen waren.
Wir lassen einige Stellen aus der Flugschrift (die übrigens keineswegs einen Aufruf zum Aufruhr oder Meuchelmord enthielt) hier folgen, nicht weil sie an sich einen besondern Werth hätten, wohl aber weil sie insofern interessant sind, als es diejenigen waren, welche die Schrift in den Augen des Zwingherrn und seiner Gehülfen am stärksten gravirten und denen Palm sein Schicksal verdanken sollte.
„Napoleon’s Sprache und Erklärungen an dem Münchener Hofe waren viel zu sanft, als daß ein baierischer Einwohner von seinen bald erfolgenden unerhörten Bedrängnissen sich etwas konnte ahnen lassen. Nie aber wurde die Menschheit, unter dem Ausdruck der Freundschaft, boshafter als diesmal getäuscht; nie das Land eines verbündeten Fürsten schändlicher als diesmal die kurbaierischen Staaten behandelt. Fast gerieth man auf den verzweifelten Gedanken, Maximilian habe seine Erbländer, sich selbst und seinen ganzen Hof Frankreichs unumschränkter Gewalt unterworfen. Ungeheuere Lieferungen waren das erste Wort, womit man Städten und Dörfern in Baiern das Compliment machte. Nach diesem traurigen Willkomm eilte der Soldat wie ein ausgehungerter Wolf auf sein angewiesenes Quartier zu. Sonst pflegt der Hunger keine [631] Speise zu verachten, hier forderte er Leckerbissen zu seiner Befriedigung.“ –
Es folgt nun eine Schilderung der bis zum Ekelhaften getriebenen Böllerei der fremden Söldner, der Mißhandlungen, die sie sich gegen ihre Wirthe erlaubten, ihres an Frauen verübten grauenerregenden Frevels, und dann heißt es weiter: „Im dreißigjährigen Kriege lebte der Oesterreicher unter Tilly und Wallenstein gerade so wie jetzt der Franzose, und wenn sein Kaiser sich aus jenem Kriege nichts anmerkte, so hat er doch die damals übliche Unterhaltungsart eines Heeres genau copirt. Männer, denen aller Glaube beizumessen, haben als reine Wahrheit versichert, daß Frankreichs Oberhaupt, als ihm in München über die unerhörten Drangsale, worunter der baierische Einwohner seufze, die nachdrücklichen Vorstellungen geschahen, mit kaltem Blute sagte: „Das haben meine Leute nicht getan. Es ist Krieg; man lasse mich in Ruhe und störe mich nicht in meinem Plan.“ Schon im Dezember des vor. Jahres wird der Friede in Pressburg unterzeichnet, und von dem Augenblicke an hat Österreich Hoffnung, seine Feinde los zu werden. Hätte Bayern nicht ein gegründetes Recht, die Vorteile dieses Friedens zu genießen? Diese konnten keine andern sein, als daß das französische Heer abgeführt und das Land fernern Bedrückungen enthoben würde. Gerade das Gegenteil erfolgte. Die Franzosen ziehen sich aus den Staaten des deutschen Kaisers, um sich in Bayern festzusetzen und hier bei Fressen und Saufen ein durch Monate fortgesetztes Siegesfest mit dem Untergange aller Einwohner zu feiern. Wenn hier vom Untergänge die Rede ist, so nehme man das Wort in strengster Bedeutung und nicht als einen Ausdruck, der nur die Größe der Leiden, welche die Franzosen über den bairischen Staat herbeigeführt, angeben soll. Noch sind es nicht fünf Jahre, da ein feindliches Heer der nämlichen Nation in diesem Lande den Meister spielte. Und da zweifelt wohl Niemand, daß die damals den Einwohnern geschlagenen Wunden binnen dieser kurzen Frist bei den Wenigsten vernarben konnten. Der Landmann, des benötigten Zugviehes entblößt, hatte kaum angefangen, sich wieder mit Pferden und Rindern zu versehen, als der einem Einfall in allen Stücken gleiche Durchzug der Franzosen demselben diesen wichtigen Teil seiner Habe wieder entzog; Betrug, List, Gewalt boten einander hierin die Hände. Tränen und fußfälliges Bitten um Verschonung wurden mit Hohngelächter oder mit Schlägen abgewiesen. Der Franzose gab sich den Namen eines Retters von Bayern. Wahrlich eine Rettung, jener ähnlich, da der Kranke, welchen dieser Arzt früher in’s Grab geschickt hätte, unter der Hand eines andern blos eines langsamen Todes stirbt. Wenn irgend mit der Freundschaft ein Spott getrieben wurde, konnte er wohl bitterer fein als dieser? Doch es liegt ja in Napoleons Plan, Deutschland so zu entkräften, daß ihm für jetzt und die entfernteste Zukunft von dieser Seite nichts zu befürchten stehe.“
Die Broschüre, deren Verleger und Drucker nicht genannt waren, geriet im Hause eines Pfarrers unweit Nördlingen in die Hände einiger dort einquartierten französischen Offiziere, von denen einer Deutsch verstand. Sie denunzierten ihren Fund beim General Davoust (damals in Oettingen), welcher sofort dem Ursprünge der Schrift nachforschen ließ. Man verhaftete den Nördlinger Boten, der das Bücherpacket an den Pfarrer überbracht hatte. Der Bote behauptete anfangs, es von einem Unbekannten erhalten zu haben, da aber seine Frau plauderte, gestand er, daß es ihm vom Weinhändler Schilderer in Donauwörth übergeben worden. Man erfuhr ferner, daß die Stage’sche Buchhandlung in Augsburg die Broschüre als Neuigkeit versendet hatte, und der Commis dieser Handlung sagte aus, daß sie derselben von der Stein’schen Buchhandlung in Nürnberg zugesandt worden. Besitzer der letztgenannten Buchhandlung war Palm, der sich damals in Geschäften in München aufhielt.
Aus einem in dem erwähnten Schriftchen von Schultheis angezogenen Briefe Palm’s an seinen Buchhalter, sowie aus einem dort gleichfalls mitgetheilten Schreiben des Letztern an Palm läßt sich mit großer Wahrscheinlichkeit schließen, daß Palm die Flugschrift „Deutschland“ nicht blos hatte verbreiten helfen, sondern daß er selber der Verleger war. Der Drucker soll Hessel in Altdorf gewesen sein.
Als Palm Kenntniß von einem Artikel im Journal de Paris erhielt, welcher als den Verleger und ersten Verbreiter der „Schandschrift gegen den Kaiser und die große französische Armee und gegen die Freunde und Alliirten S. k. Majestät“ die Stein’sche Buchhandlung in Nürnberg bezeichnete, wendete er sich an das nürnberg’sche Vormundschaftsamt, die damalige Behörde der Buchhandlungen, und bat um gerichtliche Untersuchung, die jedoch unterblieb, da man die Angelegenheit nicht für wichtig hielt.
Während er sich noch in München befand, erhielt Palm von seiner Frau die Nachricht, daß am 28. Juli vier schwarz gekleidete Herren im Hause erschienen seien, um Nachfrage nach der Broschüre zu halten. Die strenge Haussuchung hatte jedoch ebenso wenig zur Entdeckung des eifrig gesuchten Manuscripts, als gedruckter Exemplare geführt. Der auf’s Aeußerste geängstigte Buchhalter Palm’s erstattete Letzterm in einem vom 7. August datirten Briefe ausführlichen Bericht über die Angelegenheit und ertheilte ihm zugleich nützliche Rathschläge. „ … Der Buchhändler Aussage nebst Protokoll ist bereits an Herrn General Bernadotte abgesandt; daß Sie bei Ihrer Zurückkunft ebenfalls vernommen werten, glaube ich wohl selbst, allein wenn Sie ebenfalls aussagen, daß sie an Unbekannte verkauft … so sehe ich nicht ein, wie man es Ihnen durchaus aufbürden sollte können, daß Sie der Verleger sein müssen, da ja kein einziger Beweis gegen Sie da ist. Sollte auch einer oder der andre ausgesagt haben, daß er es von Ihnen erhalten, so können Sie dies ja leicht einwenden, da ja die Fälle fast täglich vorkommen, daß wir Beischlüsse an andre Handlungen erhalten, die wir nicht sagen können, wo sie her sind, da nicht immer die Namen des Absenders darauf stehen und wir kein Recht haben, die Packete zu eröffnen … In Ihrem ganzen Hause ist kein Papier, das verdächtig machen könnte, alles ist bei Seite … Gehen Sie doch ja nicht nach Augsburg … oder gebrauchen Sie wenigstens alle mögliche Vorsicht. Könnten Sie sich nicht vom König von Baiern ein Diplom als baierscher Buchhändler auswirken … oder einen Rathstitel, wenn es auch etwas Geld kostete, so möchte es jetzt vielleicht sehr dienlich sein und Sie hier bei den Franzosen in Respect setzen … Sie müssen über meine Einfälle nicht lachen, Gott weiß es, daß ich es redlich mit Ihnen meine … Ob Sie durch ein längeres Ausbleiben der Untersuchung ausweichen, zweifle ich, im Gegentheil fürchte ich, Sie möchten sich dadurch erst verdächtig machen … Auf den 15. Juli soll die Uebergabe Nürnbergs an Baiern geschehen, wenn es wahr ist; ob dann die Franzosen fortgehen werden, weiß niemand gewiß …
Ich bin selbst Tag und Nacht in tausend Aengsten und traue mir kaum bei verschlossener Thüre zu schreiben, aus Furcht überfallen zu werden. Sie können daher unbesorgt sein, daß ich Jemand zum Vertrauten des Geheimnisses mache, ja sogar Ihre Briefe verbrenne ich, um alle mögliche Entdeckung zu vermeiden, und bitte dies auch mit meinen zu thun … Von H(essel) in A(ltdorf) haben Sie nichts zu befürchten, der hat keine Gesellen, ich war sogleich selbst bei ihm, um ihn zu warnen. Kurz, ich habe alles Mögliche gethan, was ich thun konnte … Der Himmel gebe mir, daß der Sturm bald vorübergeht, um aus der Seelenangst zu kommen.“
[646] Am 9. August traf Palm von München in Nürnberg ein. Mancher Warnungen ungeachtet hielt er sich für sicher. Aus den Zeitungen erfuhr er indeß die Verhaftung des Augsburger Buchhändlers und begab sich auf Zureden der Seinigen zu seinem Oheim und ehemaligen Lehrherrn nach Erlangen, welches damals noch preußisch war. Aber schon nach einigen Tagen trieb ihn die Sorge um seine Familie und um sein Geschäft nach Nürnberg zurück. Inzwischen hatte der dort commandirende französische General Frère von Paris den Befehl erhalten, Palm zu verhaften. Dieser fand jetzt für gut, sich in seinem Hause verborgen zu halten. Man bediente sich einer List, um zu erfahren, ob er anwesend sei. Es erschien in seinem Buchladen ein zerlumpt gekleideter Junge, der ein von etlichen angesehenen Bürgern unterzeichnetes Attest vorwies, auf Grund dessen er um Unterstützung für seine Mutter, eine arme Soldatenwittwe, bettelte. Er bat, Herrn Palm, von dem er schon früher beschenkt worden, persönlich sprechen zu dürfen. Der Commis ging mit dem Attest nach einem der oberen Zimmer des Hauses, wo sich sein Herr versteckt hielt, theilte diesem das Verlangen des Jungen mit, und arglos ließ Palm denselben kommen, sah sein Attest an und beschenkte ihn. Kaum war der Junge fort, als zwei französische Gensd’armen im Buchladen erschienen, welche der Bettler von Palm’s Anwesenheit unterrichtet hatte. Ohne sich mit Fragen aufzuhalten, verfügten sie sich sogleich in das ihnen schon bezeichnete zweite Stockwerk des Hauses und betraten Palm’s Zimmer mit der Aufforderung, sich anzukleiden und mit ihnen zum commandirenden General zu kommen.
Palm’s Verhaftung erregte ungeheueres Aufsehen in der Stadt. [647] Daß aber ein fremder General anstatt der Ortsbehörde den Richter zu spielen sich anmaßen durfte, war eben auch ein Merkmal von Deutschlands tiefer Erniedrigung. General Frère ließ Palm vorführen und durch einen Dolmetscher über die durch seine Buchhandlung versendete Flugschrift befragen. Palm erwiderte, daß er die Schrift von auswärts, von ihm unbekannter Hand erhalten und laut der Adresse versandt habe, wie dies im Buchhandel häufig vorkomme. Die französische Untersuchungsbehörde schenkte der Aussage Palm’s, auf welcher er beharrlich bis an sein Ende blieb, wenig Glauben. Uebrigens war, wie es in sogenannten politischen Processen so häufig der Fall ist, das Urtheil schon vor der Untersuchung fertig und die letztere nichts weiter als eine Form. Da kein weiteres Geständniß von Seiten Palm’s erfolgte, erklärte ihm der General, er habe so lange Hausarrest, bis er gestehen werde, woher er die Schrift erhalten. Alle Räume des Hauses der Stein’schen Buchhandlung wurden jetzt untersucht, und Palm, der unter der Ueberwachung der Gensd’armen zunächst dorthin gebracht worden war, wurde unter dem Vorwande, daß das Haus nicht Sicherheit genug biete, auf das Rathhaus geführt.
Es galt, den Deutschen ein abschreckendes Beispiel zu zeigen, doch fand die Tyrannei gerathen, den Gewaltstreich mit dem Scheine gesetzlicher Formen zu umgeben, wie es in derartigen Fällen auch anderwärts üblich ist. Nachdem der gefangene Palm eine Nacht auf dem Rathhause zugebracht, führten ihn die Gensd’armen am 15. August wieder in seine Wohnung, und man befahl seiner kranken Frau, eine Chaise zu besorgen, da Palm nach Ansbach zu dem im dortigen Schlosse wohnenden Marschall Bernadotte gebracht werden müsse. Dem Befehl mußte gehorcht werden, und mit Mühe setzten die Gattin des Verhafteten und dessen Freunde es durch, daß denselben ein angesehener Rechtsgelehrter nach Ansbach begleiten durfte. Mit diesem und zwei Gensd’armen fuhr er dorthin. Noch war er der besten Zuversicht voll und glaubte, man werde ihm wenig anhaben können. In Ansbach angelangt, verlangte Palm’s Begleiter Gehör bei Bernadotte für den Gefangenen, erfuhr aber von dem dienstthuenden Adjutanten, „eine Audienz werde Palm nicht gewährt, die Verhaftung sei auf unmittelbaren Befehl des Kaisers von Paris aus erfolgt.“ Man eröffnete dies Palm in seinem Gefängnisse zugleich mit der Kunde, daß er abgeliefert werden solle, um vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden; könne er keinen Wagen bezahlen, so werde man ihn zu Fuß abführen. Der rechtskundige Begleiter sorgte für das nöthige Reisegeld und gab dem Gefangenen alle möglichen tröstenden Zusicherungen.
Palm’s Gattin, welche glaubte, man habe denselben nach München geschafft, that Alles für ihn, was in ihren Kräften stand. Sie schickte Kleidungsstücke und Geld nach München, denn in Nürnberg hatte man Palm nicht die Zeit gelassen, das Nothwendigste mitzunehmen. Sie richtete eine Vorstellung an den französischen Gesandten Otto in München und eine Bittschrift an den Marschall Berthier, aber beide Schreiben blieben ohne Antwort und ohne Erfolg.
Man führte Palm nach der noch von den Franzosen besetzten Festung Braunau, wo im Gasthause zum weißen Falken die Sitzungen des außerordentlichen Kriegsgerichts abgehalten wurden. Sieben französische Obersten bildeten dieses Gericht, und Referent oder vielmehr Ankläger war General Binot. Am 22. August kam Palm in Braunau an, wohin man auch bereits den ebenso wie Palm am 15. verhafteten Weinhändler Schoderer gebracht hatte. Für diesen verwendete sich ein Freund, der damalige Polizeikanzlist Kremer von Donauwörth, auf das Energischste und unterstützte ebenso das Verlangen Palm’s, der am 24. und 25. in’s Verhör kam, daß man ihm einen Vertheidiger geben möchte. Der von Schoderer erwählte Vertheidiger stellte sich nicht ein, doch stand ihm der für ihn rastlos thätige Kremer zur Seite. Der von Palm verlangte Vertheidiger konnte in der gegebenen kurzen Frist von Nürnberg nicht eintreffen, das Kriegsgericht fand nicht für gut, ihm einen solchen zu bestellen, und so blieb er ohne Vertheidigung, und es war freche Lüge, wenn man in dem später veröffentlichten „Urtheile“ sagte, Palm habe bei seinen zwei Verhören einen Vertheidiger gehabt. Thatsächlich war das freilich höchst gleichgültig, da ja den Richtern schon vor der Untersuchung befohlen war, den Angeklagten zu verurtheilen.
Palm und Schoderer waren von sechs Angeklagten die Einzigen, die das Kriegsgericht in seine Gewalt bekommen hatte. Die vier Andern, die sich der Gefangennahme durch die Flucht entzogen hatten, waren: Merkel, Gastwirth zu Neckarsulm (in seinem Besitze hatte man eine Caricatur gefunden, die den Franzosenkaiser darstellte, wie er in einer sehr natürlichen, aber nicht für anständig geltenden Positur Fürsten machte; Merkel wurde einen Tag nach Palm’s Tode nach Braunau geschafft, aber nach kurzer Haft wieder entlassen); ferner Jenisch, der schon erwähnte Commis der Stageschen Buchhandlung in Augsburg; Kupfer, Buchdrucker und Buchhändler zu Wien, und Eurich, Buchhändler zu Linz (die beiden Letztgenannten waren Verleger und Verbreiter der „Genealogie der kaiserlichen Majestäten und Hoheiten“, die man bei Schoderer und Merkel gefunden hatte). Es versteht sich, daß alle sechs Angeklagten schuldig befunden und verurtheilt wurden, und die Beiden, die das Gericht in seiner Gewalt hatte, sollten 24 Stunden nach erfolgten, Urtheile hingerichtet werden. Dieses am 25. August gefällte Urtheil wurde in’s Deutsche übersetzt und in beiden Sprachen durch den Druck veröffentlicht.
Unmittelbar nach dem zweiten Verhöre Palm’s und nachdem er in sein Gefängniß zurückgeführt war, verurtheilte ihn wie die andern Angeklagten die außerordentliche Militaircommission zur Todesstrafe. Er hatte davon noch keine Ahnung, er glaubte sich sehr gut vertheidigt zu haben und erwachte des andern Tages (26. August) guten Muthes in seinem Kerker, den er im Laufe der nächsten Stunden frei verlassen zu dürfen hoffte. Um halb elf Uhr Vormittags öffnete sich in der That der mit doppelten Thüren und dreifachen Schlössern verwahrte und wohlbewachte Kerker, und man hieß den Gefangenen in das anstoßende Höfchen treten. Aber er sollte hier nicht, wie er erwartete, die Kunde seiner Entlassung, sondern das Urtheil des Kriegsgerichts anhören, das ein dazu befohlener Kanzlist des Stadtmagistrats mit zitternder Stimme ablas. Palm vernahm, daß er nach drei Stunden erschossen werden sollte.
Zwei Geistliche – Pöschl und Gropp – beide glücklicherweise würdige Männer, die man zu Palm ließ, um ihn zum Tode vorzubereiten, erleichterten durch ihre Theilnahme dem Verurtheilten die letzten Augenblicke, in denen sein Verhalten übrigens ein durchaus würdiges und edles war. Auf Zureden dieser Geistlichen entschloß er sich, im Gefängnisse noch ein Abschiedswort an die Seinigen zu schreiben. Dieser Brief lautete:
Von Menschen, aber nicht von Gott verlassen, urtheilte mein hiesiges Militairgericht über mich, nachdem ich nur zwei Verhöre hatte und gefragt wurde: ob ich politische Schriften verbreitet hätte; ich sagte, was ich wußte, daß höchstens nur per Spedition zufälligerweise dergleichen könnte versandt worden sein, aber nicht mit meinem Willen und Wissen.
Auf dies richtete man mich vom Leben zum Tode ohne Defensor. Ich bat mir dazu – aus, welcher aber nicht erschien; indessen vor Gott wird er mir erscheinen.
Dir, Hausfrau, sage tausend Dank für Deine Liebe, tröste Dich mit Gott und vergesse mich nicht.
Ich habe auf der Erde nun nichts zu sagen, aber dort desto mehr. Lebe wohl, Du und Deine Kinder, Gott segne Dich und sie.
Empfehle mich dem Herrn und der Frau Schwägerin und allen Freunden, denen ich für ihre Güte und Liebe danke.
Nochmals lebe wohl. Dort sehen wir uns wieder!
Braunau im Gefängnisse, am 26. August 1806. Eine Stunde vor meinem Ende.“
Es ist, wie gesagt, kaum zweifelhaft, daß Palm der Verleger der Broschüre „Deutschland“ war, und wenn er dies noch in der Stunde seines Todes feierlich in Abrede stellt, so liegt die Erklärung nahe: er wollte die Ueberlebenden schonen, die er durch ein offenes Geständniß noch immer gefährdet haben würde.
Schoderer kam mit einer kurzen Haft davon. Theils die eifrigen Bemühungen seines Freundes, theils auch wohl der Umstand, daß man mit einem einzigen Opfer schon die gewünschte Wirkung zu erzielen hoffte, retteten ihn. Bezüglich Palm’s blieb jede Anstrengung vergebens; umsonst begaben sich die angesehensten Frauen Braunau’s mit ihren kleinen Kindern zum Festungscommandanten St. Hilaire und flehten um Gnade; man berief sich [648] auf den Befehl des Kaisers, der allein begnadigen könne; nicht einmal ein Aufschub der Hinrichtung wurde erlangt. Während sie dem Urtheile zufolge erst nach 24 Stunden stattfinden sollte, beschleunigte sie General Binot, einer der diensteifrigsten Henkersknechte, vielmehr geflissentlich und ließ seinem Opfer nur eine dreistündige Frist.
In der Festung hatte man, aus Furcht vor einer Volkserhebung, die Besatzung mit scharfgeladenem Gewehr ausrücken lasten, auf den Wällen standen die Artilleristen mit brennender Lunte neben den Kanonen. Im Gefängnisse befanden sich bei Palm noch die beiden Geistlichen. Es war 2 Uhr Nachmittags, als man an die Gefängnißthür klopfte und fragte, ob der Verurtheilte bereit sei. Die Geistlichen wollten ihn bereden, sich noch durch irgend eine Labung zu stärken, aber der Märtyrer fühlte sich für die wenigen Augenblicke und im Bewußtsein seiner guten Sache stark genug und erklärte, „er wolle den Tod als sein Abendmahl empfangen.“
Die Thür öffnet sich, und Palm tritt hinaus in den hellen Sonnenschein, wo die Schergen seiner harren. Es ist Befehl gegeben, ihn zu binden. Das Gefühl des Gefangenen empört sich über diese schnöde Behandlung, er vergißt auf einen Augenblick, daß ja doch er als Sieger in der Mitte dieser elenden Knechte steht. Einer der Geistlichen eilt zum Major Güß, der mit der Execution beauftragt war, und fleht, einen Mann wie Palm mit dieser Schmach zu verschonen. Aber der gehorsame, willenlose Kriegsknecht wagt von dem erhaltenen Befehle nicht abzugehen. Jetzt bietet der Gefangene seine Hände ruhig dar, aber in der ganzen Umgebung findet sich Niemand, der den Auftrag übernehmen will. Da drängt sich ein französischer Soldat herbei, lehnt sein Gewehr an die Wand und beginnt den Henkerdienst mit größtem Eifer.
Ein Leiterwagen mit Ochsen bespannt, mit einem Brete zum Sitzen quer über den Leitern, harrt des Verurtheilten. Palm erklärt, zu Fuß gehen zu wollen. Auch dieser Wunsch wird nicht erfüllt, und er besteigt in Begleitung der zwei Geistlichen den Wagen. Halb drei Uhr setzt sich der Zug in Bewegung. Voran die ganze Militairmusik, hinter ihr eine Schwadron mit Gewehr und blankem Säbel, neben dem Wagen zu beiden Seiten sechs Grenadiere mit aufgepflanzten Bajonneten und desgleichen links und rechts dicht am Wagen noch zwei Soldaten, die den Gebundenen jeder mit einem Stricke halten. Hinter dem Wagen schließt sich eine zweite Schwadron an. So bewegt sich der Zug inmitten einer von allen Seiten zusammengeströmten Volksmenge nach dem Richtplatze. In der Nähe des letzteren äußert Palm, er wolle eine Rede an das Volk halten; aber seine Begleiter erinnern ihn, daß der Versuch vergeblich sein und Seitens der Franzosen jedes seiner Worte sicherlich sogleich durch Trommelwirbel übertäubt werden würde. Auf dem sogenannten Glacis vor dem Salzburger Thore bildet die französische Besatzung ein Viereck, dessen eine der Stadt zugekehrte Seite offen bleibt. Dorthin sollen die Schüsse fallen. Palm steigt vom Wagen, er will mit offenen Augen dem Tode entgegen sehen, willigt aber auf die Bitte der Geistlichen ein, sie sich verbinden zu lassen. Er nimmt Abschied von seinen tieferschütterten Begleitern und kniet auf Befehl auf den Boden nieder. Kaum sind die Geistlichen einige Schritte von ihm entfernt, als der Commandoruf erfolgt. Wie häufig in solchen Fällen, fehlt auch hier den unglücklichen Werkzeugen des Mordes die feste Hand. Sechs Soldaten feuern, treffen Palm aber nicht zum Tode. Er ist niedergesunken, aber man hört ihn laut ächzen. Drei andere Soldaten treten vor, feuern und fehlen gleichfalls. Palm ist still geworden, aber der eine Geistliche bemerkt, daß er noch athmet, und ruft mit lauter Stimme dem Major zu: „Was ist das? der Unglückliche lebt noch, machen Sie seinen Leiden ein Ende!“ Alle Nahestehenden schreien laut auf und weinen, während zwei Soldaten hinzulaufen, ihre Gewehre an die Schläfe des am Boden liegenden Opfers setzen und ihm den Kopf zerschmettern, daß das Gehirn umherspritzt.
Verstimmt und stumm marschirten die sonst so geschwätzigen Franzosen nach der Stadt zurück, aber in ihren Quartieren sprachen sich die meisten laut gegen die Hinrichtung aus, und der zur Execution commandirte Hauptmann äußerte, er wolle lieber quittiren, als noch einmal eine solche Execution übernehmen.
Palm’s Leichnam hatte auf dem Richtplatze eingescharrt werden sollen, aber der Magistrat von Braunau trug Sorge, ihn auf dem Kirchhofe beerdigen zu lassen, wo die Kinder des Ermordeten ihm später ein Denkmal setzen ließen.
Das Schicksal des Hingeopferten erregte in ganz Europa die wärmste Theilnahme; nicht nur in vielen deutschen Städten, auch in England, in Rußland veranstaltete man Geldsammlungen für die Familie; dies war indeß der geringste Erfolg seines Märtyrerthums – Tausende, die bis dahin die Erniedrigung noch stumpfsinnig ertragen hatten, fühlten sich aufgerüttelt, während ihnen die Schamröthe über Deutschlands Schmach in’s Gesicht stieg, und der Tod eines einzigen schlichten Mannes hatte für Napoleon den Werth einer Niederlage, nicht einer solchen, die sich durch einen glänzenden Sieg auf dem Schlachtfelde wieder gut machen läßt, sondern einer fortwirkenden, nachhaltigen Niederlage, die unausbleiblich zum Untergang führt. Eine armselige Schrift war unterdrückt worden und hatte ihren Zweck verfehlt; aber ihre unberechnete Folge, die Ermordung ihres Verbreiters, half Napoleon schlagen, denn Palm’s vergossenes Blut sprach beredter als hundert begeisterte Schriften, und auch hier sollte es sich bewähren, daß jeder in einer gerechten Sache Unterliegende nur scheinbar unterliegt und daß jede Märtyrerkrone zugleich eine Siegerkrone ist.