Aus den Tiroler Freiheitskriegen
[68] Aus den Tiroler Freiheitskriegen. (Zu dem Bilde S. 57.) Es war ein blutiges Jahrzehnt, das erste unseres sinkenden neunzehnten Jahrhunderts. In schauerlicher Majestät schritt der Kriegsgott über das gehetzte Europa, und wie die Bilder im Kaleidoskop, das des Kindes Hand planlos dreht, so wechselten die Geschicke der Länder und Völker.
Da drehten einmal die Diplomaten zu Preßburg wieder an dem Kaleidoskop: und das Steinchen Tirol, das bisher mit dem Steinchen Oesterreich zusammengelegen hatte, fiel zu dem Steinchen Bayern! Aber es waren eben keine Steinchen, keine empfindungslosen todten Massen, welche die Herren am grünen Tische da durcheinander warfen. Es waren Menschen von Fleisch und Blut, Völker von lebendigem, feurigem Selbstbewußtsein. Und so ging’s nicht!
Als die bayerische Regierung anfing, das Land Tirol nach ihrer Weise einzurichten und zu verwalten, nicht nach der alten, gewohnten, durch jahrhundertelange Ueberlieferungen geheiligten, da ergriff der Geist des Aufruhrs die verletzten Volksgemüther. Helden erstanden wie Andreas Hofer, Speckbacher, Haspinger, und selbst ein Erzherzog war ihrer Sache günstig, Und als die bayerischen Soldaten kamen, das Land zur Unterwerfung zu zwingen, da mußten sie jeden Fuß breit Boden, jeden Paß, jede Straße, jedes Haus erkämpfen. Das ganze tiroler Volk wehrte sich mit dem äußersten Heldenmuthe, vom Knaben bis zum Greise, und selbst die Mädchen und Frauen blieben nicht zurück. Sie luden die Büchsen, sie schleppten die Steine zusammen, sie wälzten die Stämme heran, sie pflegten die Verwundeten, retteten die Verfolgten, beteten für die Bedrängten – und sie vergossen mit ihren Gatten, Vätern, Brüdern ihr Blut im heiligen Kampfe für das Vaterland.
Eine Scene aus diesem Freiheitskriege Tirols hat uns die Meisterhand
Mathias Schmids geschildert. Ein Trupp Männer hat ein den
Thalweg günstig beherrschendes Gehöfte besetzt und die zwei blühenden
Töchter des Bauern haben ihnen treulich geholfen, die Mauer gegen den
Thalhang hin mit Schießscharten zu versehen, Munition herbeizuschaffen
und alles zum ernsten Kampfe vorzubereiten. Da knattern die ersten
Schüsse – noch sieht man den Feind kaum. – Da bricht die eine der
Schwestern, von einer Kugel in die Brust getroffen, mit einem schrillen
Schrei in die Kniee. Mit dem letzten Rest von Kraft hat sie sich noch
hinüber zu dem Bilde des Gekreuzigten geschleppt, dort aber haucht sie ihr
junges Leben aus, und die jammernden Gebete der Schwester mischen
sich in das Toben des Kampfes. –