Apage, Josephine, apage–!
[486] Apage, Josephine, apage–! von Theobald Tiger
In Wien zuckt zurzeit die Baker[1] mit ihrem Popo,
und es zieren die Kugeln ihrer Brüste manch schönes Revue-Tableau.
Auch tanzt sie bald auf dem rechten, bald auf dem linken Bein –
und schielen kann sie, daß das Weiße nur so erglänzt in ihren Äugelein.
leider für eine Anspielung auf die Kirche gehalten.
Auch fühlten sie sich bedroht in ihrer Sittlichkeit,
und sie ließen die Glocken läuten ganz wie in schwerer Zeit.
Drei Sühnegottesdienste stiegen auf zum oesterreichischen Himmel,
Denn:
Wenn eine schwarze Tänzerin gut gewachsen ist
und einen Venus-Körper hat, der nicht aus Sachsen ist;
und wenn sie tanzt, daß nur der Rhythmus so knackt,
und wenn das Leben bunt ist hierzulande –:
das ist eine Schande.
Wenn aber Christus, der gesagt hat: „Du sollst nicht töten!“,
an seinem Kreuz sehen muß, wie sich die Felder blutig röten;
und in den Feldgottesdiensten beten, daß es Blut möge regnen;
und wenn die Vertreter Gottes auf Erden
Soldaten-Hammel treiben, auf daß sie geschlachtet werden;
und wenn die Glocken läuten: „Mord!“ und die Choräle hallen:
Und wenn jemand so verrät den Gottessohn –:
Das ist keine Schande.
Das ist Religion.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Siehe Josephine Baker in der Wikipedia