Anzeichen beim Einsturz des Kirchthurms zu St. Bartholomäi in Altenburg 1659

Textdaten
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Autor: Johann Georg Theodor Grässe
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Titel: Anzeichen beim Einsturz des Kirchthurms zu St. Bartholomäi in Altenburg 1659
Untertitel:
aus: Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen, Band 2. Anhang: Die Sagen des Herzogthums Sachsen-Altenburg, S. 312–314
Herausgeber:
Auflage: Zweite verbesserte und vermehrte Auflage
Entstehungsdatum:
Erscheinungsdatum: 1874
Verlag: Schönfeld
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Erscheinungsort: Dresden
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Originaltitel:
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Originalherkunft:
Quelle: Google-USA* und Commons
Kurzbeschreibung:
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11) Anzeichen beim Einsturz des Kirchthurms zu St. Bartholomäi in Altenburg 1659.
S. Meyner a. a. O. S. 177 fgg.

Im J. 1659 war D. Joh. Christfried Sagittarius Generalsuperintendent zu Altenburg. Nun hatte der eine Thurm der Bartholomäikirche nach der Superintendur zu schon längere Zeit in der Mitte einige Sprünge gehabt, die aber immer mit Kalk waren zugemacht worden, da zeigte sich plötzlich ein größerer Riß, allein die Bauverständigen sahen keine Gefahr dabei und man fing von Neuem an, denselben wie früher zu repariren. Gleichwohl hieß es auf einmal in der Stadt, der Superintendent wolle ausziehen, ohne daß derselbe je daran gedacht hatte, und sein dreijähriges Söhnchen rief mehrere Male laut: „daß Gott erbarme, der Thurm fällt ein“, so daß der Superintendent die andern Kinder zur Rede stellte, als hätten sie dem unverständigen Kinde so etwas vorgeredet, was jedoch nicht der Fall war. Am 19./20. Febr. fing dasselbe Kind, welches noch in der Wiege lag, auf einmal an zu singen: „ach wie flüchtig, ach wie nichtig! etc.“ und als der Vater sein Schwesterchen fragte, wer das Kind dies gelehrt, hörte er, daß dieselbe diese Verse ihrem Brüderchen mehrmals beim Schlafengehen vorgesungen hatte. Den Sonntag Nachts gegen 1 Uhr ohngefähr lautete es an dem kleinen [313] Glöcklein vor des Superintendenten Kammerfenster und vor 4 Uhr wieder allezeit nur einmal und nicht stark, ohne daß Jemand da war. Den Montag Abend nach Sieben fiel es in der Kirche, als wenn Breter geworfen würden, und als er hinab schickte, in der Meinung, es sei Jemand da, so sah man Niemanden. Unter dem Singen nach dem Essen schellte es wieder, und als der Superintendent die Fenster aufmachte um zu sehen, ob böse Buben etwa ihr Unwesen da trieben, ward es wieder still. Ein Hund heulte, die Katze auch, daß die Familie sich fürchtete, die Nachbarn aber, die auf die Thüre der Superintendentur sehen konnten, berichteten ihm, es hätte etwas Weißes, was sie aber nicht hätten erkennen können, in der Größe einer ziemlichen Katze ganz still an der Thüre gesessen, als aber die Steine gefallen, wäre es weg gewesen. Nun fiel es immer wieder, daß der Superintendent dachte, es seien die Spinnräder der Seinigen. Auch hörte er das Bretterwerfen wieder, ließ sich aber nicht stören, sondern ging in seine Stube, um an seiner Passionspredigt zu revidiren. Nun kam sein ältester Sohn zu ihm und bot sich an, bei ihm zu bleiben, wenn er sich etwa fürchte. Sein Vater aber versetzte: „Du elender Beschützer gegen die Gespenster, wir Christen haben einen bessern Beschützer an unserm Gotte!“ Als er aber wieder auf den Saal ging, fiel es wieder so stark, da fragte er seinen Sohn, ob er es auch gehört, und da dieser mit ja antwortete, so sagte er: „nun, so hat es mich nicht bethört.“ Hernach ließ er ihn hinuntergehen und folgte bald nach. Da fing die große Magd an: „Herr, wenn der Thurm einfiele?“ Die Kindermagd hatte gesagt, „wenn mich der Thurm erschlagen sollte, wolle sie lieber an meiner Stelle sterben“. Da sprach die Frau Superintendentin zu ihr: „Du möchtest sein wie Petrus, der auch viel versprach, aber wenig hielt!“ darüber sie alle lachten. Hierauf ging der Geistliche wieder in seine Studirstube und als er mitten im Gebete war, fiel es wieder stark und er hörte es, daß Steine in die Kirche und von der andern Seite auch auf die Gasse fielen, und plötzlich neigte sich die Spitze des [314] Thurms und der Thurm selbst fiel mit großem Geprassel aus einander, wie man ein großes Tuch ausbreitet, allein die heiligen Engel behüteten die Superintendur, daß kein Ziegel auf dem Dache beschädigt ward, auch nichts von dem Häuslein, worin die Kinderstube sich befand, obwohl es noch nicht 50 Ellen vom Thurme entfernt war. Jeder hat aber mit Recht angenommen, daß die vorhin erwähnten Kennzeichen lediglich nur Warnungen vom Himmel gewesen sind, daß der Superintendent nicht aus dem Hause gehen sollte.