An Seine Churfürstliche Durchlauchtigkeit zu Sachsen
[III]
Seine Churfürstliche
Durchlauchtigkeit
[V]
Gnädigster Herr,
Wenn andre Schriftsteller, bey ihren Zueignungsschriften an die Fürsten, oft wegen der Wahl ihres Innhalts ungewiß seyn müssen: so kann ich denselben bey der meinigen nicht einen Augenblick verkennen. [VI] Ich darf ihn nicht erst durch Scharfsinn aufsuchen; die Pflicht und mein Herz giebt mir ihn selbst ein. „Danke deinem Fürsten öffentlich und ehrerbietigst für die besondern Merkmale seiner Gnade, deren er dich gewürdiget hat!“ so ruft mir mein Herz zu. Und welche Pflicht fordert weniger Kunst und Beredsamkeit, als die Pflicht eines dankbaren Unterthans gegen seinen großmüthigen und ihm theuersten Fürsten?
Ew. Churfürstl. Durchl. haben mich nicht allein mit schätzbaren Denkmalen Dero Gnade beehret, die für [VII] meinen Fleiß eine tägliche Ermunterung sind; sondern Sie haben auch, aus eigner hohen Bewegniß, von dem ersten Anfange Dero preiswürdigsten Regierung an, für meine Ruhe, je noch unlängst für die Befestigung meiner schwachen Gesundheit, – Gott schenke Ihnen dafür die Gesundheit, die mir mangelt! – eine so ausnehmende Sorgfalt getragen, als wohl noch kein Fürst für einen kranken Lehrer auf seinen Akademien bezeigt hat. Für alle diese Wohlthaten danke ich Ihnen, Großmüthiger und Wohlthätiger Fürst, öffentlich, vor aller [VIII] Welt, mit einem Herzen voll Ehrfurcht und Liebe.
Aber höher, als alle diese Wohlthaten, so groß sie auch für mich sind, schätze ich das Vertrauen, das Ew. Churfürstl. Durchl. seit einigen Jahren bewogen hat, mir einige unvollkommene moralische Manuscripte abzufordern, um Sich, (erlauben Sie gnädigst, daß ich der Welt Dero eignen Worte, die für einen jungen Fürsten mehr als die beredtesten Lobsprüche sind, sagen darf,) um Sich daraus zu belehren. Für dieses Glück, das mir den Trost giebt, nicht ganz [IX] umsonst gelebt zu haben, danke ich Ihnen, Würdigster Fürst und Herr, öffentlich, vor aller Welt, mit einem Herzen voll Ehrfurcht, Bewunderung und ewiger Liebe; und bitte Gott, daß er Sie ein Beyspiel der Weisheit, Tugend und Glückseligkeit unter den Fürsten seyn lasse, und Sie und Dero würdigste Gemahlinn mit einem langen und dem zufriedensten Leben, nach dem Wunsche und zur Wohlfahrt aller treuen Sachsen, beglücken und segnen wolle. Mit diesen Gesinnungen der Ehrfurcht, der Dankbarkeit und Liebe [X] überreiche ich Ihnen in tiefster Unterthänigkeit die Sammlung meiner geringen Schriften, und verharre bis an das Ende meines Lebens
Leipzig,
den 16 April,
1769.
Christian Fürchtegott Gellert.