Am alten Schloß
Jung trag’ ich es noch in den Sinnen,
Ob grau mir der Bart auch sproß –
Mit Brücken und Erkern und Zinnen
Das gartenumduftete Schloß.
In den Hallen die Wappenschilder,
In den Sälen manch prunkender Schrein,
Der Satyr, die Götterbilder
Im quellendurchrieselten Hain!
Wo Sphinx und Marmorsibylle
Sich spiegeln am rauschenden Wehr,
Da kam in des Abends Hülle
Mein schlankes Mädchen daher.
Ich wollte, ich’ wäre gestorben,
Als heiß mich ihr Odem umfloß – –
Mein Mädchen, das ist verdorben;
In Trümmern liegt das Schloß.
Und Satyr und Sphinx und Sibylle
Umwuchert nun Epheu und Moos;
Darüber schläft heimliche Stille,
Schwermüthig und schweigend und groß.
Die rieselnden Quellen verronnen,
Verödet der Gärten Kranz –
Im Hofe der gothische Bronnen
Verlernte sein Plätschern ganz.
Ein Dornbusch steht daneben;
Dran hangen, so weiß wie Schnee,
Unter knospenden Rankengeweben
Die wilden Rosen wie eh’.
Ich pflück’ aus dem Knospengetriebe
Eine Rose vom schwanken Zweig –
Die blickt, wie die todte Liebe,
So weh mich an und so bleich.
Mich faßt ein unendliches Trauern,
Daß Jugend und Liebe vorbei –
Hoch über zerborstenen Mauern
Durchschreit’ ich die öde Bastei.
Da rauscht aus den Mauerringen
Ein Adler über das Land
Und schüttet den Schutt aus den Schwingen
Auf die Rose in meiner Hand.
Ernst Ziel.