Alexander von Humboldt und die bildende Kunst

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Titel: Alexander von Humboldt und die bildende Kunst
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aus: Die Gartenlaube, Heft 46, S. 819
Herausgeber: Adolf Kröner
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Erscheinungsdatum: 1886
Verlag: Ernst Keil’s Nachfolger in Leipzig
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Erscheinungsort: Leipzig
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Quelle: Scans bei Commons
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[819] Alexander von Humboldt und die bildende Kunst. So viel über Humboldt’s wissenschaftliche Leistungen geschrieben und gesprochen worden, so sehr seine Ansichten über bildende Kunst, namentlich über Landschaftsmalerei, wie er sie im „Kosmos“ ausgesprochen, und seine berühmten Naturschilderungen Beifall gefunden haben: nirgends ist bisher erwähnt worden, was er selbst auf dem Gebiete der zeichnenden Kunst versucht hat, mit welchem Verständniß und Urtheil er die Bestrebungen seiner Zeit in dieser Kunst betrachtet hat.

Der Katalog der Berliner Ausstellung 1786, in welcher man auch Arbeiten von Kunstliebhabern und einzelnen Zöglingen der Akademie ausstellte, erwähnt unter Nr. 291 eine Zeichnung des jüngeren Herrn von Humboldt: „Die Freundschaft weint über der Asche eines Verstorbenen“, mit schwarzer Kreide gezeichnet, nach Angelika Kaufmann schon im Jahre 1785, als Alexander von Humboldt erst 16 Jahre alt war, schrieb die Frau des Romantikers de la Motte Fouqué, des Dichters der „Undine“, an ihre Schwester: „Alexander Humboldt ist außerordentlich talentvoll, zeichnete schon, ehe er Unterricht nahm, Köpfe und Landschaften. In der Schlafstube der Mutter hängen alle diese Produkte an den Wänden.“ Zu seinen Lehrern gehörte der berühmte Zeichner und Kupferstecher Chodowiecki. Von seinen damaligen Handzeichnungen hat sich leider nichts auffinden lassen; doch besitzt einer der wärmsten Verehrer Humboldt’s, Julius Löwenberg, Radirungen von ihm aus dem Jahre 1788, zwei Köpfe von etwa 10 Zoll Höhe und 7 Zoll Breite. Es ist der Kopf eines Schülers aus der Schule von Athen, der zweite ein einfaches Brustbild nach Rembrandt. Mit Nachradirungen beschäftigte er sich damals sehr fleißig. Im Portraitiren hat er sich nicht ohne Glück versucht: das Portrait des Staatsraths Kunth, seines Lehrers, das er in Blei gezeichnet, soll ausnehmend ähnlich sein; vor allem aber gehört sein großes, in schwarzer Kreide gezeichnetes Selbstportrait: „Alexander von Humboldt, vor einem Spiegel“ (Paris, 1814) zu den besten Brustbildern, die wir von ihm besitzen. Damals beschäftigte er sich bei François Girard mit Studien nach dem Modell und nach dem Leben. Dem Meister eng befreundet, blieb er mit ihm in brieflichem Verkehr. In dieser Korrespondenz befinden sich interessante Urtheile Alexander’s von Humboldt über neue Richtungen der Malerei: ungünstig äußert er sich über die neuen Nazarener, die sich an jene alte Zeit anlehnen, denen zwar nicht Technik und Wissen fehle, aber der Ausdruck des Lebens, die Freiheit in der Benutzung des Talentes. Sehr strenge Urtheile fällt er über Portraits von Begas und Wack; günstig dagegen spricht sich Humboldt im Jahre 1832 über die vor Kurzem begründete Düsseldorfer Schule und über den Einfluß aus, welchen Schadow auf die jüngeren Talente ausübe.

Natürlich hat Alexander von Humboldt von Hause aus seine Zeichenkunst in den Dienst seiner wissenschaftlichen Arbeiten gestellt, so besonders in der ersten Zeit seiner bergmännischen Studien, wo er einen 20 Bogen langen Bericht über die Salinen von Frauenstein und Reichenhall machte und 25 große Blatt Royal-Papier Zeichnungen dazu anfertigte.

Vor Allem aber hat Humboldt in seinen glänzenden Landschaftsschilderungen aus der Tropenwelt bewiesen, daß er mit dem Auge des Künstlers zu sehen versteht.