Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen III. Section/H5

Heft 4 des Lausitzer Kreises Album der Rittergüter und Schlösser im Königreiche Sachsen von Gustav Adolf Poenicke
Heft 5 der Section Markgrafenthum Oberlausitz
Heft 6 des Lausitzer Kreises
Die Beschreibungen sind auch als Einzeltexte verfügbar unter:
  1. Grossschweidnitz
  2. Kleinradmeritz
  3. Grosswelke
  4. Schmochtitz


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Grossschweidnitz.


Grossschweidnitz liegt kaum eine Stunde von Löbau an dem sogenannten Dürrhennersdorfer Wasser, welches hier in der Nähe der Höllenmühle sich mit einigen Bächen vereinigt und später den Namen des Löberauer Wassers annimmt. Der Ort besteht aus achtzig Häusern, darunter ein Gasthof, der „Sachsenfreund“ genannt, dreizehn Bauergütern, sieben Grossgärtnereien, zwei Kleingärtnereien und mehreren Mühlen, die theils von dem Dürrhennersdorfer Bache, theils von Quellwasser getrieben werden. Von den vierundvierzig Häuslern sind acht Grosshäusler und sechsunddreissig Kleinhäusler, und die ganze Bewohnerschaft, welche sich hauptsächlich mit Ackerbau und Leinweberei beschäftigt, zählt ungefähr vierhundert Köpfe. Die Fluren des Dorfes grenzen mit Cunnersdorf, Cottmarsdorf, Dürrhennersdorf, Lawalde und Kleinschweidnitz, und die Gegend zeichnet sich durch trefflich bestandene Holzungen und gute Wiesen aus. Die vor etwa hundert Jahren erbauten Rittergutsgebäude geben dem Orte ein schönes Ansehen.

Grossschweidnitz, wie auch das naheliegende Kleinschweidnitz, früher Schweinitz genannt, sind uralte Ortschaften. Schon im Jahre 1213, wo Bischof Bruno II. von Meissen mit dem König von Böhmen hinsichtlich der Lausitzischen Güter in den Gauen Zagost und Budissin die Grenzen bestimmte, wird des Schweidnitzer Berges Erwähnung gethan. Im Jahre 1306 trafen die Markgrafen Otto mit dem Pfeil und Waldemar von Brandenburg, Lausitz und Landsberg über den Gerichtsbezirk des Landgerichts zu Löbau die Einrichtung, dass zwanzig Dörfer dazu gehören sollten, nämlich Giersdorf, Cottmarsdorf, Dürrhennersdorf, Schönbach, Laube, Lawalde, Ober- und Niedercunnersdorf, Gross- und Kleindehsa (ambas Theesyn), Oelsa (Ulsen), Altlöbau, Tiefendorf (Diebesdorpp), Nechen, Laucha (Lychowe), Unwürde (Uwer), Gorbitz (Gorghewicz) und Gross- und Kleinschweidnitz (ambas Suenize). Bis dahin hatte Grossschweidnitz der Stadt Bautzen gehört, kam aber nunmehr, entweder durch Tausch oder Schenkung von dem dasigen Domstift, dessen Küchengut es war, an einen Herrn von Schönberg, bei dessen Familie es blieb bis 1478, wo Löbau, das schon eine Hälfte besass, auch die andere Hälfte nebst dem Dorfe Oelsa an sich kaufte.

Grossschweidnitz blieb im Besitze der Stadt Löbau bis zum Jahre 1547, wo es durch den sogenannten Pönfall der Sechsstädte ihr verloren ging. Die Sechsstädte hatten sich nämlich geweigert, dem König Ferdinand von Böhmen Truppen gegen den Churfürsten Johann Friedrich den Grossmüthigen zu senden. Als nun der Churfürst in der Schlacht bei Mühlberg von Kaiser Karl V. geschlagen und gefangen wurde, wussten es einige den Städten feindlich gesinnte Edelleute aus der Umgebung des Königs dahin zu bringen, dass dieser ihnen eine schwere Strafe für den gezeigten Ungehorsam aufzulegen beschloss. Am Tage nach Maria Himmelfahrt verkündete der Landeshauptmann Dr. Ulrich von Nostiz auf Unwürde, ein Todfeind der Städte, auf dem Landtage zu Budissin den versammelten Deputirten des Königs Ungnade und forderte sie auf, aus ihrer Mitte Bevollmächtigte nach Prag zu senden und dort wegen ihres Ungehorsams Antwort und Bericht zu geben, auch alle Privilegien und Zunftbriefe den Räthen Sr. Majestät einzuhändigen. Mit Furcht und Bangen reisten die Deputirten an des Königs Hofstatt und baten flehendlich um Gnade, vorgebend, dass sie das Kriegsvolk zum eigenen Schutz zurückbehalten und keineswegs wider der Majestät Gebot zu handeln geglaubt hätten. Alles Bitten fruchtete indessen nichts. Die Sechsstädter wurden im Schlosse zu Arrest gebracht und alsdann als Zeugen nach mehreren böhmischen Städten, die gleichen Vergehens beschuldigt waren, geführt, endlich aber in die Heimath entlassen. Die Strafe war sehr hart. Ulrich von Nostiz, begleitet von dem Hofrichter Nikolas von Metzrad und dem Vicekanzler Georg Mehl, nahm den Städten Geschütz, Munition und Rüstung, liess die Gemeinden der Stadtdörfer citiren, entband sie der Unterthanenpflicht gegen die bisherigen Herren und liess sie dem Könige Ferdinand einen Huldigungseid schwören. Ebenso nahm er im Namen des Königs alle Kirchenkleinodien, Werthpapiere, Privilegien und Zunftbriefe in Empfang und erzwang ausserdem noch eine beträchtliche Summe Geldes. Die bisherigen Bürgermeister und Rathspersonen wurden ihrer Aemter entsetzt und nur wenige Personen später wieder zugelassen. Zwar erfolgte nach einiger Zeit eine Versöhnung, aber bis auf die Urkunden und etliche unbedeutende Güter erhielten die Städte ihren Verlust nicht zurück. Die genommenen Rittergüter kamen grösstentheils in Besitz einiger am Prager Hofe beliebten Edelleute. Als der Erzherzog Ferdinand im Jahre 1554 die Lausitz besuchte und sich daselbst mit der Jagd divertirte, sahe er aus dem Bezeigen der Räthe und Gemeinden gar wohl, dass die armen Leute von den Edelleuten bei seines Herrn Vaters Majestät verunglimpft worden waren, sagt ein Lausitzischer Geschichtschreiber, und setzt hinzu, dass der Prinz sich mit einigen königlichen [34] Räthen für die Städte verwendet und endlich auch wirklich den König dazu bestimmt hätte, ihnen seine Gnade wiederum zu schenken. Die Städte bekamen Erlaubniss, ihre verlorenen Landgüter gegen eine starke Geldsumme wieder einzulösen, ihre Mittel waren indess durch die vorhergegangenen Verluste dergestalt erschöpft, dass nur wenige Dörfer und in ziemlich langen Zwischenräumen zurückgekauft werden konnten.

Mit der Justiz scheint es in jener Zeit traurig gestanden zu haben. Die königlichen Commissarien hatten während des Pönfalls ausser dem königlichen Richter auch einen Landrichter ernannt und einige Edelleute dem Gerichte als Schöppen beigesellt. Die Schöppen aber hatten nicht Lust, die Gerichtstage regelmässig zu besuchen, und so kam es, dass auch die Justizbeamten nachlässig wurden und somit der Rechtszustand in gänzlichen Verfall gerieth. Die natürliche Folge davon war eine furchtbare Ueberhandnahme der Verbrechen. So hatte sich eine Räuberbande unter dem Namen der „Kartengesellschaft“ gebildet, die über einen grossen Theil der Lausitz verbreitet war und alle Strassen unsicher machte, Schlösser und Kirchen beraubte, mordete und brannte. Der Hauptmann dieser Rotte, ein Budissiner Schneider, Amsel, führte unter seinen Genossen den Namen „der rothe König“ und gestand vor dem Richter neunundvierzig Mordthaten ein. Er wurde mit einer Anzahl seiner Raubgesellen am 30. April 1558 zu Budissin hingerichtet. – Der Adel erlaubte sich bei diesem Zustande der Rechtsverwaltung täglich Gewaltthätigkeiten gegen die Städter und Alle die es mit diesen hielten. Georg von Carlowitz hatte einen gänzlich ungerechtfertigten Hass auf den Senior und Offizial des Petristiftes zu Budissin, M. Jacob Heinrichen, geworfen und rächte sich an ihm dadurch, dass er mit einigen lustigen Kumpanen während des Gottesdienstes nach der Petrikirche ging, den arglosen Offizial aus der Kirche rufen liess, und als er heraustrat ihn mit Hülfe der Anderen in einen bereit stehenden Wagen warf und davonfuhr. Unter Weges trieben die übermüthigen Herren mit dem vor Schreck und Angst halbtodten Priester den grössten Unfug und stiegen endlich auf der Haide bei Königsbrück aus dem Wagen, um ein Mahl zu geniessen. Während dem war in Budissin ein grosser Auflauf entstanden, indem ein Schüler die Gewaltthat gegen den Offizial mit angesehen und solche dem Dekan gemeldet hatte; man zog die Sturmglocken, bot die Bauern zur Verfolgung auf und bald marschirte eine kleine Armee gegen den unsichtbaren Feind. Die tête d’Armèe bildete des Amtshauptmanns Diener, Valentin Lochner, der bei dem Plaunitzer Rittersitze eine Anzahl Birkenstöcke für Feinde ansah und mit Angst und Zittern dem nachziehenden Heere verkündete, die Strasse sei voller Feinde. Einige recognoscirende Reiter berichteten bald die Wahrheit und die Verfolgung wurde fortgesetzt.

Die Entführer wurden bald gewahr, dass es die höchste Zeit zur Flucht sei, desshalb schnitten sie die Stränge durch, setzten sich auf die Pferde und ritten spornstreichs davon, die Kutsche mit dem halbtodten Offizial zurücklassend. Als nun die Budissiner heraneilten, glaubte der gequälte Geistliche neue Feinde vor sich zu haben und kroch in ein Kornfeld und von da in eine Fischerhütte, von wo er zu einem Edelhofe schlich und hier gute Aufnahme fand. Bald kamen auch die nachsuchenden Bautzener herbei und mit grossem Jubel brachten dieselben ihren Offizial, von einer Reiterschaar umgeben, nach der Stadt zurück. Die Entführer des Geistlichen blieben ungestraft, ja man lachte sogar vielfach über den lustigen Streich, er hatte aber die glückliche Folge, dass man auf das mangelhafte Justizverfahren aufmerksam wurde und eine bessere Handhabung desselben einführte.

Nach dem Pönfall hatte Dr. Ulrich von Nostiz nebst einigen anderen Gütern auch Grossschweidnitz erkauft. Die Rauhheit, mit der er als kaiserlicher Rath und Landeshauptmann der Oberlausitz die Städte behandelte und die Strenge, mit der er des Königs Befehle gegen die Sechsstädte durchführte, erwarben ihm den Namen des Städtefeindes und der Hass des Volkes ging so weit, dass man sogar nach seinem Tode noch eine Menge unheimlicher Dinge von ihm erzählte. Der Städtefeind starb am 13. October 1553 und wurde in der Gruft zu Ruppersdorf beigesetzt. An seinem Todestage tobte ein furchtbarer Sturm und viele Leute wollten ganz deutlich gesehen haben, wie während desselben der Satan mit dem Landeshauptmann in den Lüften hinsauste. Andere hatten den Städtefeind in der Mitternachtsstunde aus der Todtengruft steigen und herumwandeln sehen und wieder Andere waren ihm auf dem Wege nach Unwürde in einem von gespenstigen Rossen gezogenen Wagen begegnet. – Auf jeden Fall war Ulrich von Nostiz, wenn auch ein strenger und von Vorurtheilen eingenommener Mann, doch ein sehr tüchtiger Diplomat und Rechtsgelehrter. Seine Gemahlin war Margaretha von Talkenberg.

Nach Ulrichs von Nostiz Tode empfing dessen ältester Sohn, Otto von Nostiz, Grossschweidnitz und Unwürde, starb aber schon am 17. März 1570 und hinterliess die Güter seinem Sohne Joachim von Nostiz († 1603), dessen Tochter Margaretha sich 1605 mit Wenzel Hund von Altengrotkau auf Jeschkendorf, Wilschke und Ramske, Oberamtsrathe des Herzogs zu Liegnitz, sowie Landesältestem dieses Herzogthums, vermählte. Er starb am 19. Februar 1637 und sein Sohn Heinrich Wenzel Hund von Altengrotkau, welcher seine Erziehung in Lissa empfing, später im Regimente Brederode diente und 1651 sich mit Anna von Ziegler auf Radmeritz vermählte, trat in den Besitz der bedeutenden väterlichen Güter. Er war ein allgemein beliebter und verehrter Mann, dessen am 6. Juni 1697 stattgefundener Tod allgemeine Trauer erregte. Hildebrand von Hund, des Verstorbenen Sohn, besass Unwürde, Mönau, Kittlitz, Obergebelzig, Grossschweidnitz und Zoblitz. Er war königlich Polnischer und churfürstlich Sächsischer Rath und Landesältester des Budissiner Kreises, das erstemal vermählt mit Anna von Metzrad aus dem Hause Uhyst, die ihm elf Kinder gebar und am 16. März 1705 zu Budissin starb, das zweitemal mit Sophie vom Berge aus Grosskelzig, gestorben am 20. October 1717. Er genoss das höchste Vertrauen seines Fürsten und wurde oft zu den wichtigsten Missionen verwendet. Sein Tod erfolgte im Jahre 1722 und Grossschweidnitz mit noch einigen Gütern kam in Besitz seines Sohnes, des Geheimrathes Carl Gotthelf von Hund und Altengrotkau, der dieselben eines Theils an die Gräfin Isabella von Salmour, andern Theils an den Landesältesten des Budissiner Kreises, Gottlob August von Leubnitz auf Friedersdorf verkaufte. Grossschweidnitz gehörte diesem Herrn von 1757 bis 1775 und kam dann an Caroline von Leubnitz, seine Tochter, die sich später mit dem Premierlieutenant Hans Christoph Moritz von Beschwitz vermählte. Nach dessen 1819 erfolgtem Tode gelangte Grossschweidnitz an Hans Christoph Moritz von Beschwitz, welcher das väterliche Gut an den derzeitigen Besitzer, Herrn Paul Freiherrn von Gutschmidt verkaufte.

Das Herrenhaus zu Grossschweidnitz wurde im Jahre 1638 von den Schweden [35] sammt einem Theile der Wirthschaftsgebäude niedergebrannt, jedoch bald wieder aufgebaut. Da das neue Haus ein kleines unfreundliches Gebäude war liess es der Geheimerath von Leubnitz im Jahre 1768 abbrechen und das jetzt stehende Wohnhaus aufführen, sowie er auch eine Branntweinbrennerei anlegte und eine Mühle erbaute. Im Jahre 1797 schlug der Blitz in das Herrenhaus und tödtete eine Magd.

Grossschweidnitz ist eingepfarrt in die Hauptkirche zu Löbau. Auf dem Wege dahin befindet sich ein herrlicher Quell, mit welchem eine Sage von der Entstehung Löbaus zusammenhängt. Vor länger als tausend Jahren lebte ein junger Slavenhäuptling, der die Tochter eines anderen reichen Häuptlings hoffnungslos liebte. Mlink, so hiess der Verliebte, verübte Wunder der Tapferkeit, er kämpfte mit den furchtbarsten Bestien der Wälder, bändigte die wildesten Rosse und warf den stärksten Mann zu Boden, aber der Vater seines Liebchens blieb kalt und stolz gegen den Jüngling und duldete kaum, dass er mit der Jungfrau sprach. Da Marja, so hiess dieselbe, nicht zugeben wollte, dass der Geliebte sie entführte, gerieth dieser fast in Verzweiflung und sann unaufhörlich auf Mittel, das Herz des Alten zu erweichen. Als er nun einst in stiller Mitternacht mit Marja am Ufer eines Stromes lustwandelte, erschien den beiden Liebenden plötzlich die Wasserfee Pschipowinza und verkündete Mlink, dass er nur immer gegen Sonnenaufgang ziehen solle, dort würde er nach Mühen und Kämpfen eine That verrichten, durch die er in Marjas Besitz gelangen sollte. Der junge Häuptling schied voll süsser Hoffnung von der Geliebten, bestieg sein bestes Ross und zog den angegebenen Weg durch Wälder und Sümpfe, Einöden und Schluchten, bis er nach vielen Gefahren und Kämpfen in eine Gebirgsgegend gelangte, wo ein herrlicher Bergstrom dahinrauschte. Das Thal war reizend und der Jüngling, entzückt von den Schönheiten der Natur, rief aus: „Jow sso mi lubi, hier gefällt es mir!“ Er beschloss hier eine Hütte zu bauen und eine Ansiedelung zu gründen. Mit Hülfe der ihn beschützenden Fee Pschipowinza kehrte er zur Geliebten zurück und erzählte deren Vater von seinem Zuge und wie er ein neues Paradies entdeckt. Darauf zog der Alte an der Spitze seines Volksstammes nach dem reizenden Lande, lichtete hier die Urwälder und erbaute das Dorf Altlöbau, wo der köstliche Quell entspringt, an dem man die wohlthätige Fee verehrte. Mlink und Marja aber wurden ein glückliches Paar.

Die Hauptkirche zu Löbau wurde bereits im zehnten Jahrhundert gegründet und brannte im Jahre 1378 nieder. Das aus der Asche wiedererstandene Gotteshaus ist seit jener Zeit von allen Unglücksfällen verschont geblieben, hat indessen im Laufe der Zeit vielfache Veränderungen und Erweiterungen erfahren. Leider sind durch den Hussitenkrieg eine grosse Anzahl Urkunden vernichtet worden, welche auf die Geschichte der Kirche Bezug hatten; die Kirchenbücher aber, als eine Hauptquelle für Ortsgeschichte, führte man in früherer Zeit nicht immer zweckgemäss. Als Curiosum theilen wir unsern Lesern verschiedene Todesnachrichten aus dem Löbauer Kirchenbuche mit: „Die Sieberhanne 1619; die Spiegelanne 1619; die alte grosse Beinickel, die alte Spinnerin bei Hans Paul, die alte Fiedelhansin aus der Altenliebe 1620; der dicke Mann von Paulsdorf 1628; ein Mädel aus der Else, ein Knabe des dicken Mannes am Görlitzer Thore 1636; das Bettelmensch aus Cottmarsdorf, die Schindermayin 1642; die schöne Hanne, der lahme Christel 1651; die tobe Magd aus der grossen Schweidnitz 1670; Hans Liehmann, der sich zu Tode gesoffen hat, die alte lange Lene, die kleine Frau 1714; ein altes Mensch, die Lattichsuse.“ Unter den Gebornen befinden sich ebenfalls eigenthümliche Angaben, z. B.: „1714 den 20. Februar wurde ein uneheliger Sohn geboren als Hans Christoph, die Mutter Rosine Horn, den Vater kann man eigentlich nicht nennen, weil sie auf etliche bekennet; sie wirds am besten wissen!“ – 1793 gibt ein Mädchen als den Vater ihres Kindes einen unbekannten Menschen an, mit einem Rohr in der Hand, der sie im Herrnhuter Busche überfallen. – In zwei unterirdischen Gewölben verwahrt die Kirche einige uralte Schränke, ein Paar Mönchssandalen, mehrere Ritterschwerter, alte hölzerne Bildschnitzereien und Messgewänder. In den Jahren 1732 und 1770 brachen Diebe in die Kirche ein und stahlen die silbernen Vasa sacra und andere werthvolle Gegenstände, welcher Verlust mehr als vierhundert Thaler betrug. Ein Kirchendiebstahl in der Nacht des 27. Juni 1838 brachte dem Diebe blos den Klingelbeutelertrag von zehn Thalern ein.

B.     




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Kleinradmeritz.


Das Rittergut Kleinradmeritz liegt zwischen Löbau und Weissenberg, nahe der Preussischen Grenze, in einer angenehmen und ziemlich fruchtbaren Gegend am Löbauer Wasser. Das dazu gehörige Dorf zählt etwa zweihundert Einwohner und seine Fluren rainen mit denen von Glossen, Kittlitz, Gosswitz und Schöps. Südlich vom Orte liegt Buda, welcher Name eine Hütte bedeutet, gleich Zöblitz ein zum Rittergute gehöriges Vorwerk.

Nach dem Rittergute Radmeritz nannte sich einst ein adeliches Geschlecht, welches jedoch bereits in der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts ausgestorben war. Der Letzte dieser Familie, Reinhardus miles dictus de Redemeriwicz, kaufte am 13. November 1308 von der Aebtissin des Klosters Marienstern auf seine und seiner Gemahlin Elisabeth Lebenszeit die Dörfer Salitz, Zellsdorf, Saalau, Debrins und Hausdorf für einhundert und sechsundsechszig Bautzener Mark. Von den Radmeritzen kam Kleinradmeritz an die Herren von Kittlitz, deren Stammort das nahe Schloss Kittlitz war. Bereits 1277 wird ein Ritter Hermann von Kittlitz als Gefolgsmann des Herzogs Heinrich von Breslau in einer Urkunde genannt, welche die Rechte und Privilegien dieser Stadt bestätigte und vermehrte, und Heinrich von Kittlitz war in den Jahren 1289 und 1291 Dienstmann Herzog Heinrichs des Treuen von Glogau. Am 12. April 1345 belehnte König Johann von Böhmen den Ritter Heinrich von Kittlitz mit seinen Gütern von Neuem, weil die alten Lehnsbriefe durch eine Feuersbrunst verloren gegangen waren, und für den Fall, dass sein Vetter Hans von Kittlitz ohne Lehnserben sterben sollte, erhielt Heinrich von Kittlitz die Anwartschaft auf dessen Güter Kleinradmeritz, Kittlitz, Spital, Gosswitz, Trauschwitz, ein Vorwerk im Dorfe Oppeln, ein Vorwerk in Rosenhain, einige Güter in Laucha und die dasige Mühle, sowie die Dörfer Zoblitz und Herwigsdorf nebst den Obergerichten. In demselben Jahre war ein Hermann von Kittlitz bei den Herzögen Wenzel und Ludwig von Liegnitz als Zeuge bei einer auf dem Liegnitzer Rathhause ausgestellten Urkunde. Heinrich von Kittlitz vermählte sich mit Heilwig von Ileburg, die ihm als Aussteuer die Herrschaft Muskau zubrachte, Derselbe kaufte 1371 auch das Schloss Baruth.

Von der Familie von Kittlitz kam Kleinradmeritz gegen Ende des vierzehnten Jahrhunderts an die Herren von Nostiz, von denen Otto von Nostiz 1400 bei der Belehnung erwähnt wird. Christoph von Nostiz besass das Gut um 1430; er scheint indessen der letzte Besitzer aus diesem Geschlecht gewesen zu sein, denn 1434 gehörte Kleinradmeritz dem Ritter Heinz von Gersdorf.

Die Herren von Gersdorf, auch unter dem Namen Gerhardisdorf, Gerarsdorf und Kerssdorf vorkommend, scheinen ihren Namen von dem unfern der Landeskrone liegenden Dorfe Gersdorf angenommen zu haben und hatten ihre Güter grossentheils in der Nähe von Görlitz. Christian von Gerhardisdorf war 1301 Advocatus provinciae Gorlicensis und bei Ausstellung einer Urkunde zugegen, welche die Schenkung von fünf und einem halben Mark Zinsen in Rachenau und des Waldes bei Kisslingswalde an das Neisshospital durch die Brüder Heinrich und Witigo von Camenz bestätigte. Nach ihm erscheinen Kythan, Otto und Johannes von Gersdorf als Zeugen. Christian von Gersdorf erwarb Güter in der Oberlausitz und dem Meissnerlande und fungirte am 1. Januar 1317 zu Weissenfels als Commissar bei der Ehestiftung zwischen der Schwester des Markgrafen Johann von Brandenburg und Friedrich dem Jüngeren von Meissen. Wie es scheint, war dieser Christian ein tüchtiger Staatsmann, denn er wurde sowohl von den Brandenburgischen wie von den Meissnischen Markgrafen vielfach zu wichtigen politischen Verhandlungen gezogen. Sein Bruder, Droysegke von Gersdorf, verwaltete das Amt eines Markgräflichen Voigtes in Grossenhain. Dieser Droysegke war 1318 mit seinen Brüdern Sloteck und Christian von Gersdorf zu Spandau, wo sie eine Schenkung des Markgrafen Waldemar von Brandenburg an die Stadt Sagan bezeugten. Zu Pfingsten 1345 hatten Ramford von Gersdorf und Yban, sein Schwiegersohn, das Dorf Biesnitz unter der Landeskrone an die Stadt Görlitz verkauft. Im fünfzehnten Jahrhundert machte sich unter den Gersdorfen der Ritter Georg von Gersdorf bemerkbar, ein Todfeind der Hussiten und treuer Bundesgenosse der Stadt Görlitz, welcher 1431 den von Lätare bis Judica zwischen Ostritz und Leuba lagernden Hussiten gewaltigen Schaden zufügte. Von Hans von Gersdorf ist noch ein höchst origineller Brief vorhanden, welcher um das Jahr 1460 geschrieben worden ist. Czaslaw von Gersdorf war Hansen von Gersdorf Geld schuldig und hatte nach damaliger Sitte sich verpflichtet, für den Fall, dass er mit der Zahlung nicht einhielt, in Görlitz persönlich einzureiten und sich dem Gläubiger zu stellen. Da Czaslaw nicht erschien, erhielt er von Hansen von Gersdorf diese Zuschrift:

„Wysse Czaslaw vun Geresdorf gesessen itzund zve Welmersdorf daz ich dich vormals gemannt hab vun des jungen Herwencz wegen daz du mir einreuttest gen Görlitz in Plenzlins Hus, des ich dein Brief und Sigill hab, und reutt mir noch hewtigs Tagks ein, Angesicht dies Briefs, dost du das nit, so muss ich dich heissen einen Vorheitigen, plutigen, selbwaschenen, undüchtigen Kotzen-Schalck, und wolt dich also beklagen vor Freunden und Gesellen daz du mir trewloss und Ehrloss wurdist durch ander Leut willen als ein Vorheiter, plutiger, selbwaschener, undüchtiger Kotzen, Kotzen, Kotzen-Schalk. [37] Darum lass mich über dich fürbass andern Leuten nimmer schreiben noch klagen, das ist für dich und mich.“

Hannss von Gersdorf.

Joachim von Gersdorf, Georgs Sohn, war ebenfalls ein treuer Freund der Görlitzer. Er brachte 1431 Nachricht über den Landesfeind in die Stadt und ward dafür vom Rathe auf der Herberge bei den alten Richtern mit zwanzig Groschen ausgelösst. 1433 that Joachim von Gersdorf der Stadt zu wissen, „dass die Schlossherrn deren Lande beschädigen wollten,“ für welchen Wink er nebst grossem Danke drei Groschen erhielt. Im Jahre 1444 muss er dem Rathe eine noch wichtigere Nachricht gebracht haben, denn es wurden ihm aus der Kämmerei zwölf Groschen „zu vertrinken“ gereicht.

Der Ritter Heinz von Gersdorf besass Kleinradmeritz bis zum Jahre 1446, wo es an seinen Sohn Heinrich Sigismund gelangte, dem auch Linda gehörte, und der churfürstlich Sächsischer Kriegshauptmann war. Er scheint um das Jahr 1480 gestorben zu sein, denn in diesem Jahre wurde der Amtshauptmann Caspar von Gersdorf mit dem Gute belehnt, der es jedoch nur bis 1491 behielt, wo Hans Heinrich von Gersdorf als Besitzer genannt wird. Am 17. September 1527 bestätigte König Ferdinand von Böhmen den Brüdern Caspar, Georg, Christoph, Getsche, Hans, Rudolf und Melchior die Lehn über ihre weitläufigen Besitzungen, wozu auch Kleinradmeritz gehörte. Rudolph von Gersdorf empfing bei der Theilung Kittlitz mit Kleinradmeritz und unter seiner Herrschaft fand hierselbst das Lutherthum Eingang, indem Rudolph von Gersdorf Mittwochs vor Lätare 1535 in Kittlitz einen protestantischen Pfarrer Namens Nikolaus Postar anstellte. Dieser Rittergutsbesitzer gründete auch das Kittlitzer Diakonat, indem er den eingepfarrten Edelleuten unter dem Vorsitze des Oberamtshauptmanns Nickel von Gersdorf zu Budissin vor Land und Städten versprach, „einen steten Caplan zu halten, welcher denen Eingepfarrten mit dem Worte Gottes und den heiligen Sacramenten treulich sollte vorstehen helfen.“ Im Jahre 1570 gehörte Kleinradmeritz Sigismunden von Gersdorf, der in Kittlitz viel an der Kirche baute und häufige Streitigkeiten mit Hans Erasmus von Gersdorf auf Lautitz durchzukämpfen hatte. Kaspar von Gersdorf auf Kittlitz und Kleinradmeritz und Hans Joachim von Gersdorf auf Lautitz nahmen sich mit vorzüglicher Sorgfalt der Kirche an, liessen 1607 die Glocken auf den neuerbauten Thurm bringen und schenkten dem Gotteshause verschiedenen Schmuck. 1652 und 1658 werden die Gebrüder Hans Wenzel und der Hauptmann Sigismund von Gersdorf genannt, welche die Glocken auf ihre Kosten umgiessen liessen. Zu den letzten Besitzern von Kleinradmeritz aus der Familie von Gersdorf gehört Johann Adolf von Gersdorf, welcher in der Mitte des vorigen Jahrhunderts den Grundstein zu der neuen Kittlitzer Kirche legte. Später kam Kleinradmeritz an die Familie von Thielau, aus der es im Jahre 1820 der herzoglich Braunschweigische Oberstallmeister, Florian von Thielau, besass. Zur Zeit gehört das Rittergut Ihrer kaiserlichen Hoheit der Frau Grossherzogin Marie von Sachsen-Weimar.

Kleinradmeritz wurde im Jahre 1430 von den Hussiten fast gänzlich verwüstet. Diese hatten, aus Böhmen hereinbrechend, sich von dem starkbefestigten Zittau abgewendet und zogen auf Bernstadt, welches sie am ersten Weihnachtsfeiertage unter ihrem Heerführer Liback Dewrbeczan mit leichter Mühe eroberten. Es war ein Glück, dass die Bewohner den furchtbaren Hussiten keinen ernstlichen Widerstand entgegensetzten, da diese alle Ortschaften, welche sich muthig vertheidigten, auf die unmenschlichste Weise zu vertilgen pflegten. Von Bernstadt aus entsendeten die Hussiten kleinere Schaaren nach den umliegenden Dörfern, die daselbst raubten, brannten und mordeten wie es ihnen beliebte. Die Bernstädter mussten dem Hussitenführer ein schriftliches Bekenntniss einhändigen, worin sie mit grossem Danke erklären, dass es dem Heere der Waisen ein Leichtes gewesen wäre, sie Alle mit Feuer und Schwert zu vernichten, worauf sie für die ihnen erzeigte Barmherzigkeit geloben, alle Zinsen, welche von Alters her die Stadt bezogen, an das Heer der Waisen zu entrichten. Der Hauptmann Wenzel Liback Dewrbeczan stellte der Stadt dafür einen noch vorhandenen Geleitsbrief aus, worin er den Brüdern des Feldheeres und des alten Tabor gebietet:

„Denselben Lüten nicht zu schaden noch die ürrigen derselben nicht gestattet zu schaden umb Vnser Dienste Willen und zuvor aus hertzöge auf ire güter nit czu setzen noch ir sie lasset nemen, allso als wir denen unsern Luthen haben getan und begeren zu thun mit der Hülfe Gotes in zukünftigen Zeiten. Desselbigen gleichen getrauen wir czu Euch, dass ir dass umb unsertwillen und szu Vnsern Wohlgefallen thun werdt, wissende dass ir Vns daran nicht en cleyn behaglichkeit erzeiget.“

Dass es mit dieser Versprechung von Seiten der Verpflichteten nach vorübergegangener Gefahr nicht genau gehalten und dieselbe bald völlig vergessen wurde, ist natürlich. Bernstadt rettete sich durch Nachgiebigkeit und ein augenblickliches Opfer, während in weitem Umkreise brennende Dörfer und zerfleischte Leichname von der Heimsuchung des unmenschlichen Feindes zeugten. Im Munde des Volkes geht die Sage, Kleinradmeritz habe bis zu jener Schreckenszeit eine eigene Kirche gehabt, die bei der Vernichtung des Dorfes gleichfalls in Asche gelegt und nicht wieder aufgebaut worden sei.

Der dreissigjährige Krieg, welcher anderwärts so unendlich viele Drangsale verursachte, ging an Kleinradmeritz ziemlich glücklich vorüber, mit Ausnahme einiger Plünderungszüge, die jedoch zum Theil von den Einwohnern mit Gewalt zurückgetrieben wurden. Auch die Pestjahre des siebenzehnten Jahrhunderts brachten dem Orte keinen Nachtheil, und der siebenjährige wie der letzte französische Krieg übten auf den Wohlstand des Ortes ebenfalls keinen nachtheiligen Einfluss aus.

Kleinradmeritz ist mit den Dörfern Jauernick, Grossdehsa, Eiserode, Peschen, Breitendorf, Nechen, Carlsbrunn, Laucha, Unwürde, der Hälfte von Wohla, Wendischpaulsdorf, Georgewitz, Wendischcunnersdorf, der Hälfte von Rosenhain, Zoblitz, Bellwitz, Glossen, Oppeln, Lautitz, Alt- und Neukunnewitz, Mauschnitz und Haasenberg in die Kirche des nahen Dorfes Kittlitz eingepfarrt. In früherer Zeit gehörten zur Parochie auch noch Nostitz, Trauschwitz, Grube, Krappe, Spittel und die zweite Hälfte von Wohla; im Jahre 1665 aber fasste Joachim Ernst von Ziegler und Klipphausen auf Nostiz den Entschluss, die Nostizer Kapelle in eine Pfarrkirche umzuwandeln und die ihm zustehenden sechs Ortschaften in selbige einzukirchen. Darüber entstanden nun zwar Streitigkeiten, die aber 1660 von dem Budissiner Landvoigte Reineck von Callenberg geschlichtet wurden. Die älteste Kirche zu Kittlitz stand bereits im Jahre 1202 und 1252 wird sie in einer Bulle Pabst Innocenz IV. genannt; 1414 aber scheint sie, wie aus einigen Spuren hervorgeht, niedergebrannt zu sein; 1415 am Sonntag vor [38] Gallus wurde das neue Gotteshaus eingeweiht. Dieses Gebäude stand bis 1607 wo ein neuer Kirchenbau vorgenommen werden musste, denn schon 1598 hatte ein Blitzstrahl die Kirche sammt dem Thurme fast gänzlich ruinirt. Aber auch das neuerrichtete Kirchengebäude stand nur eine kurze Zeit, denn schon 1749 war es so baufällig und zugleich für die starke Gemeinde so beschränkt, dass ein abermaliger Neubau stattfand. Nach vielen Schwierigkeiten und Störungen kam die Kirche endlich (1769) unter Dach und erhielt einige Jahre später den Thurm. Es ist ein freundliches, geräumiges, stattliches Gotteshaus, durch das seine Erbauer sich ein ehrendes Denkmal geschaffen haben. In der Kirche befinden sich noch einige alte merkwürdige Leichensteine, die einst auf Nostizischen und Gersdorfschen Grüften lagen, sowie verschiedene alterthümliche Holzschnitzereien und Bildnereien. Wie schon erwähnt, hat die Kittlitzer Parochie zwei Geistliche, einen Pfarrer und einen Diakonus, von welchen ersterer Lehnsherr von Breitendorf und sieben Häusern zu Kittlitz ist. – Die Kirchengemeinde besteht theils aus Deutschen, theils aus Wenden; doch nimmt die Zahl der Letzteren allmälig ab.

L.     




Grosswelke.


Auf einer Anhöhe, umgeben von reizender Gegend, liegt das Rittergut Grosswelke. In weitem Umkreise schweift das Auge von hier über fruchtbare Thäler und Höhen, durchschnitten von hellen Gewässern und weithin gestreckten Waldungen und Fluren, aus denen die rothen Dächer und spitzen Thürme zahlreicher Ortschaften zwischen Wiesengrün und Obstbaumpflanzungen freundlich hervorschauen. Das schönste Panorama aber bietet sich in der Richtung nach Süden, wo die alte Stadt Budissin mit ihren stolzen Thürmen in felsigem Thale sich an die Spree schmiegt und in weiter Ferne das Auge auf den ehrwürdigen Häuptern des hohen Lausitzer Gebirges haften bleibt. Man überschaut von Grosswelkes Höhen einen grossen Theil der Sächsischen Lausitz, umschlossen von waldigen Höhenzügen, über welche östlich die Landskrone, nach Süden der Thronberg, Worbis, Sorerberg und der einst heilige Czernebog, der Berg des schwarzen Gottes, herüberragen als erfahrungsreiche Zeugen einer vieltausendjährigen Vergangenheit.

Grosswelke, sowie das naheliegende Kleinwelke, sind wendischen Ursprungs und jetzt noch grossentheils von Nachkommen dieses tapferen und gutmüthigen Volkes bewohnt. In grauer Vorzeit hauste hier ein adeliges Geschlecht von Welke oder Vuilka, das in der Lausitz noch verschiedene Güter besass, jedoch bereits seit der Mitte des vierzehnten Jahrhunderts nicht mehr genannt wird. Von den Welkas scheint das Dorf Grosswelka an das Franziskanerkloster zu Budissin gekommen zu sein, wenigstens gehörte es dem Kloster schon 1380 als ein sogenanntes Küchengut, und daher mag wohl auch die Volkssage rühren, dass in Grosswelke vormals ein Kloster gestanden habe. Die Franziskaner verkauften das Dorf 1513 an den Ritter Hans von Ponickau, der 1536 starb. Nach ihm besass Grosswelke Christoph von Metzrad, der 1567 mit Tod abging und Christoph Heinrich von Metzrad als Erben hinterliess. Dieser bekleidete das Amt eines königlichen Hofrichters und starb 1587, worauf das Gut an Wolf von Metzrad kam. Dessen Sohn, Seyfried von Metzrad auf Milkwitz und Grosswelke war Klostervoigt des Klosters Marienstern und vermählt mit Katharina von Haugwitz, die 1642 zu Bautzen begraben wurde. Der letzte Besitzer aus dem Geschlecht der Metzrade war ein Christoph von Metzrad, der Grosswelke um 1660 an den Landescommissär Wilhelm Heinrich von Leubnitz auf Techritz und Friedersdorf verkaufte, nach welchem es dessen Sohn August Gottlob von Leubnitz und späterhin der Landesälteste des Budissiner Kreises, Gottlob von Leubnitz, besass. Letzterer verkaufte das Gut 1768 an den Gegenhändler (Assistenten des Landeshauptmanns) von Below und dessen Erben 1818 an den Kammerherrn Johann Heinrich Wilhelm Adolph von Hartmann-Knoch auf Elstra, und dieser 1849 an seinen Sohn, Herrn Hermann Heinrich Wilhelm Adolph von Hartmann.

[39] Das Rittergut Grosswelke wurde im Jahre 1800 von einer Feuersbrunst heimgesucht, die das im sechszehnten Jahrhundert erbaute Schloss mit Thurm und einer Kapelle zerstörte. Es wird erzählt, dass von dem alten Steinhause ein unterirdischer Gang nach dem Rittersitze zu Kleinwelka geführt habe, den man beim Abbruch der Brandruinen entdeckte. Der Herr von Below liess das Schloss in gefälligem Style wieder aufbauen, wie er denn überhaupt so Manches zur Verschönerung des Ortes und zum Nutzen der Einwohnerschaft that. So gründete er zum Beispiel 1770 eine Schulanstalt, die jetzt von der Schuljugend der Dörfer Gross- und Kleinwelke, Lubachau, Kleinseydau, Temritz, Schmochtitz, Milkwitz, Gross- und Kleinbrösern und den protestantischen Kindern zu Cöln besucht ist. Die Einwohnerschaft zu Grosswelke besteht aus etwa zweihundert und fünfzig Personen.

Bei der Nähe Budissins hatte Grosswelke, wie die meisten umliegenden Dörfer, ebenfalls einen Theil des Unheils zu ertragen, welches die Kriege des fünfzehnten, siebenzehnten, achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts über diese Stadt brachten. Am 11. Mai 1427 hatten die hussitischen Heerhaufen das Kloster Marienthal niedergebrannt und bald darauf berannten sie die Stadt Budissin mit 40,000 Streitern, wurden aber durch die tapfern Bürger und Kriegsleute mit grossem Verluste von den Mauern abgetrieben. Voller Erbitterung überschwemmten jetzt die fanatischen Horden das offene Land, verbrannten und verwüsteten sämmtliche auf ihrem Wege liegenden Ortschaften und mordeten Alles, was ihnen vor das Schwert kam. Aehnliche Schrecken brachte der dreissigjährige Krieg, während dessen Budissin einige Belagerungen auszuhalten hatte, wobei die Umgegend viel von der Brutalität des Kriegsvolkes erdulden musste. Durch die unaufhörlichen Quälereien und Beraubungen zur Verzweiflung gebracht, griffen endlich die Landleute zu den Waffen und es gelang ihnen nicht selten, kleinere Schaaren heranziehender Plünderer zu verjagen oder todt zu schlagen. Im Jahre 1639 zeichneten sich die Schweden durch so beispiellose Rohheit aus, dass viele Landbewohner die Flucht ergriffen, und 1645 bemühten sich die Kaiserlichen es jenen nachzuthun. – Zu diesen Drangsalen des Krieges gesellte sich auch die Pest, welche namentlich in den Jahren 1631, 1633, 1634 und 1680 hauste. Eine eigenthümliche Krankheit zeigte sich im Jahre 1716 bald nach einem heftigen Hagelwetter, auf das ein starker Honigthau fiel, welcher nicht nur in dem stehen gebliebenen Getreide vieles Mutterkorn, sondern auch einen so bedeutenden Kornbrand erzeugte, dass das daraus gewonnene Korn und Mehl für Menschen und Thiere ein förmliches Gift enthielt. Unglücklicher Weise kannte man die gefährlichen Eigenschaften dieses Nahrungsmittels nicht, und deshalb war dessen Genuss von den nachtheiligsten Folgen. Nach kaum beendigter Ernte gab es in den Dörfern Gross- und Kleinwelke kaum noch ein Haus, in dem nicht die sogenannte „Kriebelkrankheit“ ihr Opfer erfasst hätte. Die Krankheit verbreitete sich nach und nach über einen grossen Theil der Lausitz, und obgleich die Stände Arzneien vertheilen liessen, starben doch eine grosse Anzahl von Menschen. – Die Schreckenstage der Schlacht bei Bautzen (20. und 21. Mai 1813) berührten auch Grosswelke, sowie der siebenjährige Krieg ebenfalls nicht ohne nachtheilige Folgen für den Ort vorüberging.

Grosswelke ist in die Kirche St. Michaelis zu Bautzen eingepfarrt. Dieses Gotteshaus wurde im Jahre 1429 zu Ehren des heiligen Erzengels Michael erbaut, dessen Schutze man es zuschrieb, dass die Budissiner ein gewaltiges Hussitenheer von ihren Mauern abzuhalten vermochten, und alljährlich feierte man hier ein Dankfest. In Folge der Böhmischen Conföderation erhielt der Stadtrath Erlaubniss, für die Wenden, welche die Stadtkirchen besuchten, einen evangelischen Gottesdienst einzurichten und es wurde 1619 ein Wendischer Prediger daselbst angestellt. Nach dem 1634 stattgefundenen grossen Brande blieb diese Predigerstelle unbesetzt und die Michaeliskirche, die nur am Dache eine Beschädigung erlitten hatte, wurde zunächst der protestantischen Petrigemeinde und nach Herstellung der Petrikirche den zur Nikolaikirche gehörenden Katholiken eingeräumt. Nach Uebersiedelung der katholischen Wendengemeinde in die Frauenkirche wurde vom September 1647 an, trotz des Einspruchs des Domstiftes, von den Diakonen zu St. Petri Wendischer Gottesdienst in der Michaeliskirche gehalten und 1648 wieder ein Wendischer Pfarrer angestellt, mit welchem die ununterbrochene Reihe der Geistlichen an dieser Kirche beginnt. Im Jahre 1690 gründete man an dieser Wendischen Pfarrkirche auch ein Diakonat, 1784 erhielt sie eine neue Orgel und 1829 neue Glocken. Das Verhältniss zwischen den beiden evangelischen Parochieen in Bautzen ist dergestalt geordnet, dass alle Protestanten der Stadt, auch die Wenden, hinsichtlich der Taufen, Trauungen und Begräbnisse zu der Petrikirche gehören, die Wenden aber Predigt, Beichte, Abendmahl und Schulunterricht in der Michaeliskirche empfangen, wovon jedoch die Rittergutsbesitzer der eingepfarrten Dörfer ausgenommen sind, welche zur Parochie St. Petri gezählt werden. In die Michaeliskirche sind eingepfarrt die protestantischen Einwohner von vierzig Dörfern und einigen Häusern der städtischen Ortschaften Jenkwitz, Zieschütz, Wemschütz, Rattwitz und Temritz. Seit 1827 besitzt Grosswelke einen eigenen Gottesacker.

Otto Moser, Red.     




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Schmochtitz.


Schmochtitz, wendisch Schmochczizy genannt, liegt eine und eine halbe Stunde nordwestlich von Budissin entfernt an einem kleinen Bache. Das Dörfchen zählt etwa hundert Einwohner, zum Theil Wenden, und die Gegend ist bei ziemlicher Fruchtbarkeit nicht ohne Reize. Eine besondere Zierde ist das grosse, schöne, von englischen Anlagen umgebene Schloss.

Das Rittergut Schmochtitz gehörte im vierzehnten Jahrhundert der Familie von Schreibersdorf, von der es später an die von Pannewitz gelangte. In der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts scheint Schmochtitz ein Besitzthum der reichbegüterten Herren von Nostiz gewesen zu sein, von denen es durch eine Heirath an die Familie von Penzig gelangte. Das Stammgut derselben, Penzig, liegt in der Nähe von Görlitz und wurde 1491 von Hans von Penzig dem Aelteren zur Hälfte an diese Stadt verkauft. Den anderen Theil erwarb die Stadt im nächsten Jahre von Hans von Penzigs älteren Bruders, Nikolas von Penzigs Söhnen Johann, Georg, Lothar und Balthasar. Um das Jahr 1600 besassen die von Penzig Buhra, Daubitz, Jessnitz, Mittellinde, Niederrudelsdorf, Redlitz, Schmochtitz und Wilcka. Zu den Lausitzischen Edelleuten, welche als treue Anhänger des sogenannten Winterkönigs in der Schlacht am weissen Berge bei Prag ihren Tod fanden, gehörte auch Caspar von Penzig, ein Sohn Hans von Penzigs auf Schmochtitz. Später wird ein Oberst Carl Sigismund von Penzig als Besitzer dieses Gutes genannt. 1684 berief mit landesherrlicher Genehmigung der Rath und Oberamtsverwalter des Markgrafthums Oberlausitz, Gottlob Ehrenreich von Gersdorf auf Kauppa und Bolberitz, auf Ansuchen Franz Adolphs von Nostiz auf Brösa zur Anstellung einer Injurienklage gegen Friedrich Ferdinand von Ziegler und Klipphausen auf Gottau eine Ehrentafel zusammen unter deren Assessoren sich auch Wiegand Adolph von Penzig auf Schmochtiz befand.

Im vorigen Jahrhundert kam Schmochtitz in Besitz der Familie von Schönberg. 1770 gehörte das Gut dem churfürstlich Sächsischen Hausmarschall Peter August von Schönberg, welcher durch ausgedehnte und geschmackvolle Bauten und Parkanlagen sehr viel zur Verschönerung dieser Besitzung gethan hat. Die Parkanlagen sind in der Hauptsache noch jetzt erhalten und zeichnen sich durch eine Fülle schöner Bäume aus. Als zu jener Zeit der damalige Churfürst Friedrich August zu Budissin die Huldigung empfing und desshalb einige Tage in der Lausitz verweilte, wurde Schmochtitz von ihm und seiner Gemahlin mit einem Besuche beehrt. – Die Besitznachfolgerin des Hausmarschalls war dessen Tochter Auguste Charlotte, vermählt mit einem Grafen von Kilmannsegge, welche Schmochtitz 1820 an den k. k. General der Cavalerie, Grafen von Riesch, verkaufte. Zur Zeit gehört das Gut dessen Sohne, Herrn Johann Wolfgang Sigismund, Grafen von Riesch auf Neschwitz etc.

Der jetzige Besitzer des Gutes hat dessen Oekonomie, für welche im Jahre 1845 ein Rindviehstamm holländischer Raçe angeschafft wurde, womit ein Milchverkauf verbunden ist und eine vorzugsweise auf Futterbau basirte Fruchtfolge correspondirt, auf eine Stufe sehr schwunghafter Ertragsfähigkeit gebracht. Schmochtitz enthält zweihundert Acker dreissig Quadratruthen Flächengehalt mit 3832,40 Steuereinheiten.

Schmochtitz war früher in die Michaeliskirche zu Budissin eingepfarrt, hielt sich aber mehr an die Kirchen zu Neschwitz und Göda. Durch ein allerhöchstes Rescript vom 7. Juli, welches die Neschwitzer verwickelten Parochialverhältnisse ordnete, wurde nun die Bestimmung getroffen, dass Schmochtitz und das in gleichem Falle befindliche Solschwitz zu der Pfarrei Göda gehören sollten. Schmochtitz ist in die 1770 von dem Rittergutsbesitzer auf Grosswelcke gegründete und daselbst befindliche Schule gewiesen, gleichwie die Dörfer Klein- und Grosswelke, Lubachau, Kleinseydau, Temritz, Milkwitz, Klein- und Grossbrösern und die protestantischen Kinder aus Cölln. – Auf den Höhen bei Schmochtitz liess der Kaiser Napoleon am 20. Mai 1813 (zur Bautzener Schlacht) die Artillerie in Schlachtordnung stellen.

H.     







Druck von Sturm und Koppe (A. Dennhardt) in Leipzig.


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Gross - Schweidnitz
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Klein - Radmeritz
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Gross - Welka
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Schmochtitz
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