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Autor: Hans Brass
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Titel: Ahrenshoop, April 1944
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Entstehungsdatum: 1944
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Kurzbeschreibung: Tagebuchauszüge zum Thema Ahrenshoop, April 1944
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Einführung

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Der Artikel Ahrenshoop, April 1944 zeigt die von Stefan Isensee im Rahmen seines Werkes „Ahrenshoop vor und im Krieg“ zusammengestellten Tagebuchauszüge von April 1944. Textauslassungen wurden mit [...] gekennzeichnet, eingefügte Erläuterungen von Stefan Isensee in eckigen Klammern kursiv [Erläuterung].

Tagebuchauszüge

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[1]
Ostersonntag, 9. April 1944.     

[...] [1] Im Garten Stiefmütterchen, Bartnelken u. Goldlack gepflanzt. Bei der Vorbereitung für die Stiefmütterchen-Pflanzung mußte ich am Donnerstag Vormittag Quäcken herausholen. [...]

[2] Die Engländer u. Amerikaner sind ebenfalls sehr zurückhaltend geworden in diesen Ostertagen, nachdem sie jüngst recht erhebliche Verluste an Flugzeugen erlitten haben; aber es ist zu erwarten, daß der Angriff bald nach Ostern einsetzen wird. Am 20. April ist des Führers Geburtstag u. wahrscheinlich werden sie zu diesem Tage allerhand vor haben. Nachdem seit Jahren die Sitzungstermine des engl. Unterhauses in London streng geheim gehalten worden sind, hat man jetzt laut verkündet, daß am 18. April eine Unterhaussitzung stattfinden wird. Wozu sagt man das jetzt plötzlich, wenn die Engländer nicht sicher wären, daß Churchil dem Unterhause etwas besonders Wichtiges an diesem Tage mitzuteilen hätte? Vielleicht beginnt am Morgen dieses Tages die Invasion!

     Eben scheint es, als ob ein amerikan. Geschwader nördlich von uns eingeflogen ist, zu sehen ist nichts, aber das Motorengeräusch ist typisch.

     Freitag Abend hörten wir im Deutschlandsender die Matthäus-Passion von Joh. Seb. Bach, von den Wiener Philharmonikern aufgeführt. Wieder ein großer Eindruck, Martha hörte sie zum ersten Male, ich selbst hörte sie damals, als ich bei P. Albertus noch zum Konvertiten-Unterricht ging, in der Garnisonkirche in Berlin. Am Donnerstag Abend mußte ich mir aus Gefälligkeit gegen Paul den 3. Akt des Rosenkavalliers anhören. Paul ist begeistert für Strauß. Ich fand es einfach langweilig, mindestens überflüssig. Der Unterschied zwischen Bach u. Strauß war auf diese Weise sehr sinnfällig. Man kann eben die Musik auch dazu mißbrauchen, solch alberne Sachen zu komponieren, wie man ja auch die Sprache dazu mißbrauchen kann, Witze zu erzählen. [...]

[3]
Sonnabend, 15. April 1944.     

[3]      Heute war ein Tag voller Hiobsbotschaften. Morgens erhielt ich mit der Post vom Wehrbezirkskommando den Befehl, am 25. April bis 10 Uhr in Stralsund im Hermann Göring-Heim, Triebseerdamm mich zur ärztlichen Untersuchung zu melden. Die Untersuchung soll nur aus „personalwirtschaftlichen Gründen“ erfolgen, eine Einberufung ist z. Zt. nicht beabsichtigt. Was ich mir unter personalwirtschaftl. Gründen vorstellen soll, weiß ich nicht.

     Am Nachmittag kam Frau Dr. Daubenspeck, von der wir vor einigen Tagen gehört hatten, daß der Zeichner Plauen, mit bürgerl. Namen Oser, welcher in Bln. im Hause des Dr. D. wohnt, weil er ausgebombt ist, Dr. D. selbst aber als Arzt bei der Wehrmacht ist u. seine Frau hier eine Wohnung gemietet hat, verhaftet worden sein soll. Frau Dr. D. erzählte, daß Plauen zusammen mit einem Freunde, einem Joumalisten, der ebenfalls im Hause von Dr. D. untergekommen war, zum Tode verurteilt worden sei. Der Journalist ist bereits hingerichtet worden, während Plauen sich der Hinrichtung durch Selbstmord entzogen habe. – Frau Dr. D. sagte, sie hätte einen Freund ihres Mannes u. dessen Frau, nachdem diese ausgebombt worden waren, ebenfalls Unterkunft in ihrem Hause gewährt u. dieser Mann habe Plauen u. seinen Freund wegen zersetzender Reden denunziert. – [...]

[4]
Montag, 17. April 1944.     

[4]      Auch heute keine feindlichen Einflüge, obgleich gestern u. heute teilweise bedecktes Wetter war, also günstiges Angriffswetter. [...]

[4]      Ich arbeite viel im Garten. Der Steingarten, den ich vor zwei Jahren vorm Hause anlegte, kommt jetzt erst richtig in Schwung. Frl. v. Tigerström brachte vor zwei Jahren Primeln mit aus dem Walde bei Kükenshagen, die mich im vorigen Jahre sehr enttäuschten. Aber jetzt, im dritten Jahre, haben sie sich mächtig herausgemacht u. sehen prächtig aus.

     An Wehrbezirkskommando geschrieben, man möge mir eine Bescheinigung geben, daß ich ein Auto für die Hin-und Rückfahrt nach Ribnitz benutzen darf, weil ich sonst nicht wüßte, wie ich nach Stralsund gelangen soll. [...]

[4]
Dienstag, 18. April 1944.     

[...] [4] In der Unterhaussitzung in London scheint sich nichts Wesentliches ereignet zu haben, außer daß die engl. Regierung sich gezwungen gesehen hat, ein Ausnahmegesetz gegen Streiks zu erlassen. So weit sind sie also auch dort schon gekommen. Ferner ist eine Warnung an Frankreich erlassen worden, daß sich jeder mit Lebensmitteln versehen soll, da in Verbindung mit den zu erwartenden militär. Ereignissen die Lebensmittelzufuhr für einige Zeit schwierig sein würde. Am Wichtigsten ist eine Verfügung der engl. Regierung, daß von sofort ab den ausländischen diplomatischen Vertretungen verboten ist, mit dem Auslande zu telephonieren, zu reisen, Telegramme zu senden, ja sogar Briefe zu schreiben. Alles Kuriergepäck liegt unter Kontrolle. Diese Verfügung wurde unter ausdrücklichem Hinweis auf die zu erwartenden militärischen Ereignisse erlassen u. es heißt, sie würden wieder aufgehoben werden, sobald die Lage es gestattet. Das heißt also, daß der Angriff unmittelbar bevorsteht. Vielleicht hat zu dieser Stunde die Einschiffung der Truppen bereits begonnen. Vorgestern wurden die Franzosen bereits gewarnt, sich nicht in der Nähe von Eisenbahnzielen aufzuhalten. Wenn das alles nicht Bluff sein sollte, wird die Landung also am Kanal erfolgen u. nicht in Dänemark, – aber man kann es nicht wissen, – nur hoffen kann man, daß wir hier außerhalb der Operationen bleiben. [...]

[5]
Mittwoch, 19. April 1944.     

[...] [5]      Heute Nachmittag wurde im Dorf erstmals eine Alarm=Sirene ausprobiert. Die Anschaffung derselben haben wir Herrn Prof. Reinmöller zu danken, der hier der oberste Luftschutz=Befehlshaber ist u. als solcher angibt wie ein Wald voll wilder Affen. Es wird also künftig die Sirene ertönen, wenn Flugzeuge über das Dorf hinweg fliegen. Bisher hat von solchen Dingen niemand Notiz genommen, weil nicht einzusehen ist, warum die Engländer oder Amerikaner ihre teuren Bomben auf unsere paar Häuser werfen sollten. Selbst wenn sie es tun sollten, könnte man dagegen nicht viel tun, denn die Leute haben weder Keller, noch gibt es sonst irgendwelche Vorrichtungen zum Schutz, nicht einmal einen Splittergraben. Aber nun gibt es eine Sirene. Zum Glück ist dieselbe jedoch so schwach, daß niemand davon aufgeweckt werden wird, wenn er erst einmal schläft. [...]

[5]      Morgen ist also der Geburtstag des Führers. Es war heute den ganzen Tag nichts los u. nichts deutet darauf hin, daß sich irgend etwas ereignen wird. [...]

[5]
Donnerstag, 20. April 1944.     

[...] [5]      Eine schwere Enttäuschung, – nichts ist geschehen, –! wenigstens bis 6 Uhr Nachmittags nicht. Auch Luftangriffe haben nicht stattgefunden.

     Die Türkei hat auf Druck der Alliierten die Chromlieferungen an Deutschland eingestellt, das ist das Wichtigste des heutigen Tages, aber es ist auch alles. [...]

[5]
Freitag, 21. April 1944.     

[...] [5]      Vom Wehrbezirkskommando bekam ich heute Nachricht, daß ich infolge meiner körperlichen Behinderung in Verbindung mit der zur Zeit bestehenden Reiseschwierigkeiten von der ärztlichen Untersuchung am 25 4. befreit wäre. Gott sei Dank! Ich hörte heute erst, daß der Bürgermeister Gräff, Fischer Meyer u. Peter Niejahr vor einigen Tagen schon ebenfalls in Stralsund zur Untersuchung gewesen seien [6] u. daß Gräff u. Meyer zum Militärdienst eingezogen seien. Gräff hofft, durch Vermittlung des Landrats als Bürgermeister frei zu kommen. – [...]

[6]      Der Garten macht mir täglich Freude. Besonders die Terrasse u. der Steingarten vorm großen Hause sind jetzt endlich schön im Schwung. [...]

[6]
Sonnabend, 22. April 1944.     

[6]      Es ist wiederum nichts geschehen. Dieses Warten ist überaus aufreibend. Fliegerangriffe auf Nordfrankreich u. Belgien haben stattgefunden, aber nur schwach.

     Nachmittags verhandelt mit Frau Dr. Quer, sie will im Geschäft helfen an der Kasse, um sich so einen Grund zu schaffen, länger hier bleiben zu können, da Sommergäste nur 14 Tage am Ort bleiben dürfen. Wenn sie als unsere Angestellte gilt wird sie davon nicht betroffen. [...]

[6]      Frau v. Gutemberg besuchte uns. Sie ist für einige Tage aus Rostock hier, um sich auszuschlafen. Sieht elend aus. Ihr Haus steht zwar noch, aber sie erzählte grausame Dinge, der Angriff am 11. April soll der schwerste gewesen sein, den Rostock bis dahin gehabt hat. Unsere Kirche ist total zerstört. Sie sagt, es habe gerade eine Taufe dort stattgefunden, die Sprengbombe soll bis in den Keller durchgeschlagen sein, wo alle getötet wurden mit Ausnahme des Täuflings, ein drei Tage altes Kind. [...]