Agrumi/Gesang zur Tarantella

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Gesang zur Tarantella
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Gesang zur Tarantella.
(Neapel.)

Ueber das Meer ist der Flunder geschwommen,
Ist ihm die Lust zum Freien gekommen,
Hat er sein Röckchen sich fein gestriegelt
Mit Disteln und Dornen geschniegelt, gebiegelt;
Auch die Perücke bemehlt appetitlich
Und die Manschetten gelegt so niedlich,
Kragen und Tuch und Maschen manierlich
Von englischen Spitzen zierlich, zierlich.

Thät sich die Höschen von Netzen bereiten,
Schuhe wie Strümpfe von Thunfischhäuten,
Nahm zu dem Frack und nahm zu dem Westchen
Algen und Haare von Seekuhbestien,
Nahm der Delfine, Polypen und Haien
Augen zu Knöpfen in ganzen Reihen:
Degen und Schnall’ und Klunker und Scheide
Garniert’ er mit Sand und mit Muschelseide.

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Auch zwei zierliche Ketten hungen
Vorn ihm herunter von Muschellungen,
Schön galloniert mit[WS 1] Heringschwänzen
Fehlt es dem Hut auch nicht am Glänzen
Gänzlich Duft durchlief er die Straßen,
Blies von sich und erhub die Nasen
Lorgnettierte nun hier und dorten,
Suchte die Braut sich an allen Orten.

Die Sardelle auf dem Balkone
Spielte die Zither gar nicht ohne,
Und bei dem Trompetenklingen
Thät sie sich dieses Liedchen singen:
O wie niedlich, o wie schöne
Hat die Tochter der Frau Lene
Ihrem Liebsten gezeigt die Thüren,
Weil er nichts will regalieren!

Wie die Sardelle der Flunder erblicket,
Ward er sogleich von Lieb’ entzücket,
Hüpfte geschwinde zu einer Quabbe:
Die abscheuliche alte Tappe,
Ein gar schönes Geld bekam sie
Und die Botschaft übernahm sie,
Richtet sie aus gar leise, leise, –
Plump und dick auf ihre Weise! –

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Als die Sardelle die vernommen
Ist sie ganz in Roth geschwommen:
Thät, vor lauter Schaam und Schrecken,
Unter ein Klippchen sich verstecken;
Aber die Hexe von alter Quabbe
Sagt’ ihr geschwind: Du alberne Kappe,
Das ist die Art zum Parthieen vertreiben:
Der Mann, der soll dir im Halse bleiben!

Liegt dir die Heirath wirklich im Sinne
Lasse die Faxen und thue nicht dünne;
Weg mit der Scheu und weg mit dem Sträuben!
Laß die gezierten Manieren mir bleiben! –
Als die Sardelle das hörte, wie munter
Hüpft sie ans Fenster und gucket hinunter,
Wirft ein Blickchen, das sehnet und trachtet,
Auf den Geliebten, der unten verschmachtet.

Aber die Tellermuschel, die Wache
Stand, erboßte sich über die Sache,
Nannte sie eine falsche Dirne,
Unverschämte und freche Stirne!
Hatte den Schellfisch eingeführet,
Als ersten Geliebten ihn präsentiret
Lief zu dem über Stock und Steine
Erzählt’ ihm Alles kurz und kleine!

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Als nun der Arme vernahm das Dingchen,
Fing er es flink wie ein Schmetterlingchen,
Sprang in das Haus, nahm zehn Scheermesser,
Lud sich auf wie dem Esel und besser:
Flinten und Mauerzerbrecher und Drempel,
Pulver und Kugel, das Werg mit der Krempel!
Vier Pistolen und drei Bajonette
Steckt’ in den Sack er hübsch und nette!

Siebenzig Schwengel legt’ er sich über
Bomben, Kanonen von jedem Kaliber!
Leicht wie ein Tänzer, mit all’ dem Plunder,
Hüpft’ er und sprang er und suchte den Flunder:
Dessen Unglück will es grade
Daß er ihn trifft bei der Fensterparade:
Springt auf ihn los und packt ihn am Kragen,
Und spricht zu ihm: Schelm! dich will ich jagen!

Willst mir die Liebste da wegstibizen!
Nimm dir dafür nun Donnern und Blitzen!
Knüffe und Püffe an tausendmal tausend!
Risse und Schmisse, die Ohren umsausend!
Feigen, Vergißmeinnicht, Zwicker und Stecher!
Siehderhatknochen und Rippenzerbrecher!
Stampfer und Walcker mit Hacken und Pochen!
Und er zermalmt ihm die Sehnen und Knochen!

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Kommen wir drauf! – heraus, auf den Lärmen,
Kamen Verwandt’ und Bekannte in Schwärmen:
Diese mit Messern und Hacken und Keulen,
Diese mit Degen und Spießen und Speilen,
Diese mit Riegeln und Mandeln und Stangen,
Diese mit Hammern und Nüssen und Zangen,
Mit Prügeln, mit Tiegeln, mit Pech und mit Leime
Mit Pfefferkuchen, und süßem Seime! –

Väter und Mütter und Kinder und Schnüre
Fallen sich an wie die wilden Thiere!
Millionen im bunten Gemische,
Kommen von hier und von dorten die Fische!
O! was hättet ihr da für Sardellen
Kommen gesehn und wie viele Patellen:
Butten und Rochen und Krebs’ und Quabben,
Mit Gräten und Knochen, mit Lappen und Klappen;

Auch Seehund’ und Seehündinnen
Und Seeteufel und Klippenspinnen,
Wischer und Huscher und Quint’ und Finte,
Störe, Sterne, Lachs’ und Stinte,
Dintenfischchen und Muränen,
Nüsse und Bisse mit Faust und Zähnen;
Hering und Amberfisch, Jammer und Fautzen,
Fische mit Flügeln und Fische mit Schnautzen!

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Hammerfisch, Sägefisch, Brachsen und Hausen,
Schwerdtfisch, Säbelfisch, Baxen und Zausen,
Klippfisch, Kloppfisch, Stockfisch, Backfisch,
Zitterfisch, Krampffisch, Haifisch, Flackfisch,
Wallfisch, Rüsselfisch, Randfisch, Rundfisch,
Schalfisch, Stachelfisch, Standfisch, Grundfisch,
Klumpfisch, Plattfisch, Kreuzfisch, Querfisch,
Federwisch, Sandfisch, Nadelfisch, Kehrwisch,

Tellermuscheln und Spinnen und Krabben,
Schellfische, Schellen und Quabben und Schwappen,
Zottenfisch, Knotenfisch, Zungen und Flunder,
Wittwen und Waisen und Weiber und Plunder,
Igelfisch, Tiegelfisch, Fett und Kartoffeln,
Tritte mit Schuhn und mit Holzpantoffeln,
Austern und Hummer und auch Ragosten
Kamen zuletzt gar mit den Posten:

Zitterrochen und Zitteraale,
Größere Fische und kleine und schmale,
Aller Arten und aller Nationen,
Einige, mehr und zu Millionen!
Meine Mutter! wie viele Püffe
Sind sie sich schuldig, wie viele Knüffe,
Hundert Verwünschungen, große und kleine;
Und Millionen Hagelsteine! –

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Millionen Zwicker und Bisse
Und eine Sündfluth Risse und Schmisse!
Sag’ euch nicht wie das Feuer dorten
Lebhaft war an allen Orten:
Te, te, te, Pistolenknallen!
Ta, ta, ta, dort Büchsenschallen!
Tu, tu, tu, hier Bombensummen!
Bu, bu, bum.... Kanonenbrummen!

Doch ich habe mich müd’ gesungen,
Und der Odem gebricht der Lungen:
Will mich also retiriren,
Herren und Damen recommandiren,
Daß ich, auf Aller Gesundheit, eine
Halbe nippe von gutem Weine;
Denn es vertrocknet Kehl’ und Zunge,
Zerbellt sich Einer so die Lunge!




Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: mir
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