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Artikel „Zurflüe, Johann“ von Eduard Hoffmann-Krayer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 504–505, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zurfl%C3%BCe,_Johann&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 13:43 Uhr UTC)
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Zurflüe: Johann Z., katholischer Geistlicher und Verfasser eines Bruderklausenspiels, ist geboren am 6. Januar 1566 höchst wahrscheinlich zu Stans in dem schweizerischen Kanton Nidwalden. Schon 1572 kam er jedoch nach Luzern, wo er noch vier Jahre zusammen mit seinen Eltern lebte. Nach deren Tode wurde er 1576 in das Spital – „Xenodochium“ –, wie er sagt, aufgenommen und verblieb dort sieben Jahre. Am 27. September 1582 bezog er das von S. Carlo Borromeo und Cardinal-Bischof Marcus Sitticus von Constanz gestiftete Collegium helveticum in Mailand, wo er bis zu seiner Priesterweihe verbleiben sollte. Im Juli 1583 figurirt sein Name unter Denjenigen, die sich über mangelhafte Unterstützung und Verpflegung beklagen. 1589 richtete er kurz nach einander zwei Briefe an die Luzerner Behörden, in deren erstem er um Geld zum Ankauf der Werke des hl. Thomas von Aquino und um ein Alterszeugniß für die Priesterweihe ersucht, in dem zweiten (vom 4. November) seine Bitte um das letztere wiederholt. Mit dem zurückgelegten fünfundzwanzigsten Altersjahre muß er in Mailand die Priesterweihe empfangen haben; denn im Juli 1591 finden wir ihn wieder im Luzerner Spital. Aus jener Zeit stammt das merkwürdige Actenstück, in welchem er niederlegt, was ihm, „Priester Johanni Zurf1üe, wonende in dem Spittal zue Lucern“, der Waldbruder Peter Cunert über die Witterung der kommenden Monate prophezeit hat. Als am 24. Oct. desselben Jahres Pfarrer Pfau in Sempach wegen Concubinats seiner Pfründe enthoben wurde, wurde Z. von dem Stift „im Hof“ zu Luzern an seine Stelle als Leutpriester gewählt. In dieser Eigenschaft errichtete er 1592 in dem benachbarten Hildisrieden eine Bruderschaft. Doch schon am 27. Juli 1593 wurde er wieder amovirt und als Caplan bei S. Afra nach Beromünster versetzt. Am Mittwoch nach Mariä Heimsuchung 1594, sagt das Luzerner Rathsprotokoll, sei „Hans Zurflüe, der vor etwas zit in ungnad gefallen“, vom Rathe begnadigt und zum Helfer des Stadtpfarrers von Luzern ernannt worden. In Sempach muß er sich ein Sittlichkeitsvergehen haben zu Schulden kommen lassen; denn es liegt von Seiten einer Vagantin, Namens Edelmann, ein Begnadigungsgesuch vor, in dem diese behauptet, eines ihrer fünf unehelichen Kinder von Z. bekommen zu haben. Vom 5. März 1595 bis 1603 finden wir Z. als Pfarrer in Sarnen, 1603 bis 1611 in Arth und 1611 bis 1615 wieder in Sarnen. Von da an verlieren wir seine Spur gänzlich. Das letzte uns bekannt gewordene Ereigniß in seinem Leben ist der Widerruf, den er gegenüber Heini Koli zu leisten hatte, weil er diesen aus Zorn oder infolge falscher Angaben von der Kanzel aus in den Bann gethan.

Das einzige uns überlieferte litterarische Product Zurflüe’s ist sein Spiel [505] von Bruder Klaus (Niklaus von der Flüe), das er während seines ersten Aufenthaltes in Sarnen geschrieben und am 16. und 17. September 1601 daselbst von über 100 Personen hat aufführen lassen. (Hs. im Obwaldener Staatsarchiv zu Sarnen; gleichzeitige (?) fragmentar. Abschrift im Besitz von Pfarrhelfer A. Küchler). Z. widmete das Stück, dessen Titel und Inhalt Bächtold S. 112 der Anmerkungen und S. 389 des Textes mittheilt, der Regierung, wofür ihm diese eine Gratification von 100 Gulden zukommen ließ. Die Aufführung leitete Z. selbst; doch wurde ihm vom Rathe der Bannermeister beigegeben, der „soll Vatter sein, vnd wen einer nit gehorsam ist, den soll er in den Thurm schicken“. Ueber ein anderes Klausenspiel von 1590, das Z. sich vielleicht als Vorbild genommen, s. Küchler S. 386. Abgesehen von dem bereits erwähnten Sittlichkeitsvergehen und dem voreiligen Bannspruch scheint Z. auch sonst keinen ganz tadellosen Lebenswandel geführt zu haben; denn am 28. September 1602 wird von einer ihm auferlegten Buße gesprochen, und ebenso hatten gewisse „excessus“ bei einem Priesterexamen 1614 eine Geldstrafe zur Folge. Als Wappen führt Z. ein halbes Rad auf einem Dreiberg.

J. Bächtold, Geschichte der deutschen Literatur in der Schweiz (1892). – A. Küchler, Chronik von Sarnen (1895), S. 10, 335. – Geschichtsfreund XV, 26 ff.; XVII, 131; XXIII, 232 ff. – Archivalien (gefl. Mittheilungen der HH. v. Liebenau, Küchler, Durrer).