ADB:Zobel, Johann (Bremer Bürgermeister)

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Artikel „Zobel, Johann (Bremer Bürgermeister)“ von Wilhelm von Bippen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 383–385, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zobel,_Johann_(Bremer_B%C3%BCrgermeister)&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 14:24 Uhr UTC)
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Zobel: Johann Z., geboren in Bremen 1578, † daselbst 1631, Sohn des Kaufmanns Heinrich Z., der 1583 in den Rath und 1597 zum Bürgermeister seiner Vaterstadt gewählt wurde, studirte in Altorf, Rostock, Franeker und Marburg die Rechte und trat 1601 in die Dienste des Landgrafen Moritz von Hessen. Im folgenden Jahre begleitete er den Fürsten durch die Schweiz an den Hof Heinrich’s IV. Im December 1605 ging er abermals nach Paris, wo er wahrscheinlich bis in den Herbst 1606 blieb. Die Vertrautheit mit der französischen Politik, die Z. auf diese Weise gewann, machte seine Dienste dem Landgrafen besonders werthvoll, als in den Vordergrund seiner Interessen die evangelische Union trat. Z., der am 1. October 1608 vom Landgrafen zum Geheimen Rath ernannt worden war, gehörte seit Hessens Beitritt zur Union zu den auf diese beeidigten Räthen und nahm regelmäßig an den Unionstagen theil. Daneben wurde er vielfach zu diplomatischen Sendungen verwandt. 1609 war er des Jülichschen Erbfolgestreits wegen in Wesel und im Haag, gleich darauf in Bremen, um den Anschluß der Hansestädte an die Union zu betreiben. Der gleichen Angelegenheit galt neben anderen Aufträgen sein Besuch in Lübeck 1613. Ein Jahr zuvor war er zum ersten Male am englischen Hofe gewesen, um mit dem Könige sowol wegen der bevorstehenden Kaiserwahl, als auch wegen einer Aussöhnung zwischen Dänemark und Schweden und der Anbahnung eines allgemeinen Verständnisses unter den evangelischen Mächten zu verhandeln. 1614 wurde er nach Stockholm geschickt, um den König Gustav Adolf zur Thronbesteigung zu beglückwünschen und auch ihn für das Zusammenstehen der evangelischen Mächte zu interessiren. Er entledigte sich dieses Auftrages gegen Ende Juni in Narwa. 1617 führte ihn der Wunsch des Landgrafen, für seinen Sohn Philipp die Nachfolge im bremischen Erzstifte zu erringen, abermals nach Bremen. Zwei Jahre früher hatte der bremische Rath unmittelbar nach der Resignation und dem gleich darauf erfolgten Tode Heinrich Zobel’s Johann zum Rathsherrn erwählt. Die Wahl blieb aber erfolglos, weil damals weder Z. Neigung hatte, den hessischen Dienst und seine Thätigkeit im Gebiete der großen Politik zu verlassen, noch der Landgraf Willens war, auf einen „so qualificirten und wohlaffektionirten Rath und [384] Diener“ zu verzichten. Indeß wurde Z. schon bald darauf von Mißmuth über das unruhige Leben am Hofe ergriffen, und als die Kriegswirren den Zwist zwischen dem Landgrafen und seinen Ständen zu äußerster Schärfe entwickelten und jenen auch mit seinem Sohne Wilhelm entzweiten, da fühlte auch Z., daß das Band zwischen ihm und seinem Herrn gelockert sei. Im J. 1622 hatte er noch den jungen Landgrafen Philipp am englischen und französischen Hofe eingeführt, schon ein Jahr später war er entschlossen, den hessischen Dienst zu verlassen und sich, wenn keine andere öffentliche Thätigkeit sich ihm darbot, auf ein Landgut bei Bremen zurückzuziehen. Inzwischen hatten seine bremischen Freunde, trotz seiner Ablehnung der Wahl zum Rathsherrn, die Hoffnung nicht aufgegeben, seine ausgezeichneten Eigenschaften vielleicht in anderer Weise für die Vaterstadt zu verwerthen. Seit 1619 hatten sie sich mehrmals bemüht, seine Wahl zum Syndikus der Hansestädte durchzusetzen. Allein ihr Wunsch war am Widerspruche Lübecks gescheitert, das zwar Zobel’s große Experienz in politicis und seine Brauchbarkeit für diplomatische Sendungen anerkannte, aber Anstoß daran nahm, daß Z. nicht graduirt sei und vielleicht „in puncto juris nicht also beschaffen, daß er pro syndico diene“. Z. selbst hatte im J. 1624 nach dem Tode des Dr. Ryswick seine Ernennung zum Agenten der Hansestädte im Haag ins Auge gefaßt, ohne damit zum Ziele zu kommen. Da geschah das Unerwartete, daß er im April 1625 zum zweiten Male zum bremischen Rathsherrn erwählt wurde. Diesmal zögerte er nicht, die Wahl anzunehmen, ohne beim Landgrafen sein erst kürzlich eingereichtes, aber nicht genehmigtes Abschiedsgesuch zu erneuern. Im Mai trat Z. sein Rathsherrnamt an, schon im November wurde er zum Bürgermeister erwählt. Aber merkwürdiger Weise hat der von seinen Amtsgenossen in so besonderer Weise ausgezeichnete Mann nur ein einziges Jahr in Diensten seiner Vaterstadt ausgehalten.

Im April 1626, als Z. gemeinsam mit dem bremischen Syndikus Preiswerck wegen Belästigungen des Weserhandels durch dänische Kriegsschiffe zu König Christian IV. nach Wolfenbüttel geschickt wurde, ließ er sich durch den König bestimmen, für ihn eine Sendung zum König von Böhmen und an den englischen und französischen Hof zu übernehmen, um insbesondere die schleunige Zahlung der verheißenen Subsidien zu betreiben. Ohne Urlaub des Raths trat er die Reise an, in der Hoffnung, sie in längstens drei Monaten beendigt zu haben und alsdann die Verzeihung für seine Eigenmächtigkeit um so leichter zu erlangen, als er glauben durfte, den Rath davon zu überzeugen, daß auch Bremens Geschicke von denen der dänischen Waffen bestimmt würden. Allein die Verhandlungen in London und Paris hielten ihn bei den in beiden Ländern herrschenden Wirren so lange auf, daß der Unmuth des bremischen Raths über die Flucht des Bürgermeisters, schon lange nur durch die Rücksicht auf Christian IV. zurückgehalten, endlich im Juni 1627 Z. dazu nöthigte, seinen Abschied zu erbitten. Er ist dann noch bis Ende 1630 als dänischer Agent in Paris geblieben, gelegentlich auch von dort nach London zurückgekehrt. Auch von Gustav Adolf erhielt er dort Aufträge, und auch für seinen alten Herrn, den Landgrafen Moritz, mit dem er sich schon 1626 vollständig ausgesöhnt hatte, hat er in Paris Geschäfte wahrgenommen. Mittheilsam und schreiblustig, wie er war, hat er von dort aus auch an den Rath von Bremen und Lübeck mehrfach lange und gehaltvolle Berichte geschickt, immer bemüht, die Hansestädte dafür zu gewinnen, daß sie in dem Ringen der Mächte ihre schwächliche Neutralität verlassen und sich an die Seite Dänemarks und Schwedens stellen möchten. Als er im Januar 1631 endlich zu König Christian zurückzukehren im Begriffe war, erkrankte er auf der Durchreise in Bremen und starb hier in seiner Vaterstadt.

[385] W. v. Bippen, Die bremischen Bürgermeister Heinrich und Johann Zobel (Hansische Geschichtsbl., Jahrg. 1886); – Derselbe, Gesch. d. Stadt Bremen, Bd. 2, namentlich S. 343 f.