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Artikel „Zimmermann, Gustav“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 265–266, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zimmermann,_Gustav&oldid=- (Version vom 6. Oktober 2024, 00:24 Uhr UTC)
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Zimmermann: Gustav Z., königlich hannoverscher Staatsrath, am 7. März 1808 zu Gotha geboren, studirte von 1830 bis 1833 zu Göttingen, wo er sich am 25. October 1830 in das Matrikelbuch als „Gustav Zimmermann aus Gotha. Vormund Schneider Pletner aus Gotha“ einschrieb, bei Dahlmann Staatsrecht hörte und bis zum Schlusse des Winterhalbjahres 1832/33 verblieb, bekleidete dann zu Gotha die bescheidene Stellung eines Accessisten bei der Polizei und war zum Regierungsassessor aufgerückt, als er, zu einer Zeit, in welcher fast das gesammte Deutschland einer der seinen entgegengesetzten Ansicht huldigte, in einer 1838 zu Gotha veröffentlichten Schrift „Ein anderes Wort zur Protestation und Entlassung der sieben Göttinger Professoren“ seine Stimme für die von der hannoverschen Regierung ergriffenen Maßregeln erhob. Eine solche Stimme war dem Minister Freiherrn v. Schele und dessen Mitarbeiter, dem Kanzleidirector Leist, höchst erwünscht. Z. wurde nach Hannover berufen um in der Presse gegen die im Finsteren umherschleichenden Feinde der Ordnung und des Rechtes zu polemisiren; seine pedantische Schreibweise vermochte indessen wenig gegen die scharfen Angriffe des geistreichen Advocaten Detmold, dessen Sprachrohr der „Deutsche Courier“ war, während Z. zumeist den „Hamburger Correspondenten“ benutzte. Um Z. ein Gehalt von 450 Thalern zuweisen zu können, war er als Archivsecretär angestellt; daneben bekleidete er später die Stellung eines Bibliothekssecretärs. Ebensowenig wie Detmold gegenüber drang er in der Oeffentlichkeit durch, als er gegen seinen ehemaligen Lehrer Dahlmann „Die hannoversche Regierung und das Staatsgrundgesetz von 1833“ (Hannover 1839) schrieb und das die Aufhebung des letzteren verfügende Patent vom 1. November 1838 zu rechtfertigen suchte. Ein größeres Gewicht warfen die „Politischen Predigten, gehalten im Jahre 1843 auf verschiedenen Dächern der Hauptstadt von Dr. G. Faber“ (Leipzig 1843), welche sich gegen den Zollverein richteten, in die Wagschale, weil die darin zum Ausdrucke gebrachte Abneigung gegen den Eintritt in diesen Verband vielfachen Anklang bei den Hannoveranern fand, welche von einer aus dem Anfange des Jahrhunderts stammenden tiefen Abneigung gegen Preußen und alles, daß von dorther kam, erfüllt waren. Ferner schrieb er ein durch R. v. Mohl, welcher auf dem nämlichen Gebiete schriftstellerisch thätig war, ungünstig beurtheiltes Buch über „Die deutsche Polizei [266] im 19. Jahrhundert“ (Hannover 1845) und 1851 ein anderes über „Die Vortrefflichkeit der constitutionellen Monarchie in England und ihre Unbrauchbarkeit auf dem Kontinent“. Nachdem er in den Jahren 1849/50 vorübergehend der österreichischen Regierung zur Verfügung gestellt gewesen war und in Wien gelebt hatte, dann als 1. Archivsecretär mit einer Besoldung von 900 Thalern nach Hannover zurückgekehrt war, schied er für einige Zeit von dort, um in Baiern Archivrath zu werden. Ehe er diese Stellung antrat wurde er jedoch, da er in der schleswig-holsteinschen Angelegenheit auf Seiten Dänemarks stand, als Etatsrath und Professor der Staatswissenschaften nach Kiel berufen. Als aber im Sommer 1853 das Ministerium Lütcken die Leitung der Geschäfte in Hannover übernommen hatte und dieses ein ernstliches Vorgehen zum Sturze der Verfassung vom 5. September 1848 plante, wurde Z. als Oberregierungsrath und Referent des Gesammtministeriums in den dortigen Staatsdienst zurückberufen. Er verfaßte nun eine an die Bundesversammlung gerichtete Denkschrift, welche behauptete, daß die Verfassung auf eine rechtsungültige Weise entstanden sei, und auf Grund deren der Bund, dieser Ansicht beitretend, die Aufhebung veranlaßte. Zimmermann’s Gönner Lütcken wurde freilich schon im Sommer 1855 durch den Minister Borries ersetzt, aber Z., dessen Ansichten über den Constitutionalismus dem Könige Georg V. zusagten, blieb in seiner einflußreichen Stellung und war die eigentliche Seele des Ministeriums bis ernste Zwistigkeiten zwischen Borries und dem Minister des Aeußern, dem Grafen Platen-Hallermund, entstanden und Z. auf Seite des letzteren trat, worauf Borries ihn am 10. Februar 1859 als Ministerresidenten bei den drei freien Hansastädten und als Generalconsul in Hamburg aus der Umgebung des Königs entfernte. Auch in dieser Verwendung blieb er der Berather seiner Regierung in allen die auswärtige Politik betreffenden Angelegenheiten und noch 1866 mußte er Rath ertheilen. Da dieser aber dahin ging sich nicht auf Oesterreich zu verlassen, weil die Lebensinteressen des Kaiserstaates nicht in Deutschland wurzelen und dieser im äußersten Falle die Klein- und Mittelstaaten opfern würde, sondern in die von Preußen gebotene Hand einzuschlagen, so fand Zimmermann’s Rath keine Beachtung.

Das Aufhören der Selbständigkeit des Königreichs Hannover bedingte das Eingehen des von Z. bekleideten diplomatischen Postens. Z. bezog jedoch sein Gehalt fort und leistete der preußischen Regierung akademische Dienste, indem er dem Ministerium Denkschriften übersandte, in denen er sich in ihrem Sinne über die auftauchenden politischen Fragen aussprach. Er blieb zunächst in Hamburg, siedelte später nach Hannover über und ist dort am 1. August 1874 gestorben. Einer, der ihn gut gekannt hat (O. Meding, Memoiren zur Zeitgeschichte, 1. Theil, Leipzig 1881), im allgemeinen freilich kein ganz zuverlässiger Gewährsmann, rühmt an Z. seine umfassende Bildung und seinen durchdringenden Verstand, sagt aber, daß sein ganzes Wesen von jenem Mikrokosmus durchtränkt gewesen sei, der in den Mittel- und Kleinstaaten lebte; 1866 habe er sich als ein Mann des Lavirens gezeigt. Sehr scharf verurtheilt ihn Hassell (2. Theil, 1. Abtheilung, S. 240), welcher den von ihm geübten Einfluß sehr hoch bewerthet, höher als dieser meist geschätzt wird, aber seinen Fähigkeiten alle Gerechtigkeit widerfahren läßt.

Vgl. v. Hassell, Geschichte des Königreichs Hannover v. 1833 bis 1866. Bremen 1898/1899. – Hannoverscher Courier v. Jahre 1874, Nr. 6180.