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Artikel „Zeiller, Paul“ von Hans Semper in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 45 (1900), S. 645–649, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Zeiller,_Paul&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 22:19 Uhr UTC)
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Zeiller *): Paul Z., geboren 1653 zu Reutte im Lechthal, † 1731 ebenda. (Nach Denifle malte er in seinem 77. Lebensjahre ein mit der Jahreszahl 1730 bezeichnetes Bild; demnach also wäre er 1653 geboren. Pfaundler giebt als Geburtsjahr 1658, als sein Todesjahr 1731 an.) Er war der Sohn wohlhabender Eltern und stammte aus einer alten, angesehenen Familie, deren ältestes noch bekanntes Glied Bernhard Zeiller, Bürger zu Innsbruck, war († 1554). Ein Enkel desselben, Christoph Zeiller, „Factor in Reite, Zollner zu Binswang und Lermos, Stadelmeister († 1628)“, war der gemeinsame Ahne der Maler Paul Z., seines Sohnes Johann Jacob Z., sowie des Franz Anton Z. Die Urgroßväter der beiden letzteren waren Söhne von Christoph Z. Paul Z. genoß in seiner Jugend eine humanistische Schulbildung und war bestimmt, Geistlicher zu werden. Da ihm aber dieser Beruf nicht zusagte, verschaffte er sich eine Stelle als „Präceptor“ am großherzoglichen Hofe in Florenz, wo er mehrere Jahre weilte. Hier schloß er sich bald aufs engste dem dortigen Hofmaler an, unter dessen Leitung er die Anfänge der Malerei erlernte, der er sich ganz zu widmen beschloß. Sein Aufenthalt am großherzoglichen Hofe in Florenz fällt jedenfalls in die Zeit Cosimo‘s III., da dieser von 1671 bis 1723 regierte. Unter dem Hofmaler, bei dem Paul Z. die Malerei erlernte, könnte also vielleicht der Flamländer Livius Mehus zu verstehen sein, der sich in Florenz dauernd niedergelassen hatte und die besondere Gunst des Großherzogs genoß, von dem er einen Jahresgehalt bezog. Mehus hatte hauptsächlich unter Pietro da Cortona studirt und von jenem dürfte auch Paul Z. manches in Colorit wie Zeichnung angenommen haben, das uns in seinen Gemälden an den Cortonesen erinnert. Wahrscheinlich war es auch auf den Rath des Mehus hin, daß Paul Z. sich nach einigen Jahren nach Rom begab, wo er in das Atelier der Fra Mattia Preti, genannt il Cavalier Calabrese eintrat (nach P. Denifle‘s Angaben). In Rom soll Paul Z. 16 Jahre zugebracht haben, so daß wir uns nicht wundern dürfen, wenn sein Stil einen fast ausschließlich italienischen Charakter annahm. Doch ist uns von Gemälden aus der Zeit seines Aufenthaltes in Italien nichts bekannt. Auch wissen wir nicht das Jahr wann er, auf den dringenden Wunsch seiner dem Tode nahen Mutter, wieder in seine Heimath zurückkehrte, um dieselbe nie mehr dauernd zu verlassen; doch geschah dies jedenfalls noch im letzten Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts, also in seinem kräftigsten Mannesalter, da vom Jahre 1696 bereits ein Gemälde stammt, welches er für eine Kirche seiner Heimath malte. Er schien sich bald nach seiner Heimkehr, angeblich auf Zureden seiner Schwestern, die ihn nicht mehr fortlassen wollten, verheirathet zu haben, zuerst mit einer gewissen J. Inger, nach deren Tode er Maria Kurz heimführte, mit der er bis in sein hohes Alter ein glückliches Familienleben mit reichem Kindersegen führte. Unter seinen sieben Söhnen (die Angaben der Anzahl der Kinder variiren) befand sich Johann Jacob, der den Beruf seines Vaters ergriff, während die anderen alle Geistliche wurden. Von seinen zwei Töchtern wurde die eine, Anna Maria, die Gattin des 1703 geborenen Kemptner Malers Balthasar Riep, der auch in seiner Malweise den Einfluß des Paul Z. vermuthen läßt.

Daß Paul Z., als er sich wieder in seiner Heimath niederließ, schon einen guten Ruf als Maler besaß, dürfte daraus hervorgehen, daß er bald darauf vom Kaiser zum Hofmaler ernannt wurde auf Grund eines seiner Gemälde, welches dem Kaiser, allerdings durch Vermittlung seines Bruders, eines hohen Beamten in Wien, vorgezeigt worden war. Doch konnte sich Paul Z., vielleicht aus Familienrücksichten, nicht zur Uebersiedelung nach Wien entschließen, ebenso wenig wie er, um ganz seiner Kunst und Familie leben zu können, das Amt [646] eines Bürgermeisters in Reutte annahm. Nach Denifle soll Paul Z. ausschließlich die Oelmalerei betrieben und hauptsächlich Gemälde religiösen Inhalts für Kirchen und Klöster gemalt haben und in der That sind uns auch nur Oelgemälde dieser Gattung von ihm erhalten oder doch bekannt.

Obschon also in den Traditionen der römisch-neapolitanischen Barockmalerei ausgebildet, an welche manche Eigenschaften seines Stils erinnern, so fehlte es ihm doch durchaus nicht an selbständiger Eigenart und an einer gewissen kräftigen, oft bis zum derben und brutalen gehenden Unmittelbarkeit und Frische der Auffassung, in welcher wir eine Verschmelzung seiner tirolischen Urwüchsigkeit mit der leidenschaftlichen Realistik seines Lehrers erkennen. Bei kräftiger, markiger Pinselführung besitzt er nicht nur eine ausgesprochene coloristische Begabung, einen Sinn für malerische Wirkung und wirkungsvolle Contraste des Helldunkels, sondern auch die kraftvolle Charakteristik der lebhaft bewegten, oft etwas gedrungenen und robustmuskulösen Gestalten, sowie die dramatische und trotz mancher Rohheit doch ergreifende Schilderung der Vorgänge ist in den meisten seiner Werke, soweit sie noch ihren ursprünglichen Zustand leidlich bewahrt haben, anzuerkennen.

Zu seinen besten Arbeiten, in welchen seine römische Schulung noch am unverkennbarsten zu Tage trat, soll ein Altargemälde in der Curatialkirche von Tarrenz bei Imst im Oberinnthal gehört haben, welches die Auffindung des wahren Kreuzes durch die Kaiserin Helena zum Gegenstand hatte und das Datum 1696 trug. Leider ist dieses Gemälde, welches schon zu Denifle’s Zeit durch Feuchtigkeit stark gelitten hatte, bei einer vor wenigen Jahren ausgeführten „Restaurirung“ der Kirche ganz verschwunden.

Aus derselben Zeit soll ein großes Gemälde mit einem biblischen Gegenstand in der Pfarrkirche von Holzgau im oberen Lechthal gewesen sein, welches P. Denifle besonders rühmt. Doch sind in der genannten Kirche, welche von 1689 an umgebaut und 1732 eingeweiht wurde, die gegenwärtig dort befindlichen Alterblätter nicht von Paul Z.; vielmehr ist das Hochaltarblatt (Mariä Himmelfahrt) von Joseph Keller ausgeführt, während die beiden Seitenaltarbilder von Johann Jacob Zeiller, dem Sohne Paul’s, gemalt wurden. (Beschreibung der Diöcese[WS 1] Brixen. Fortsetzg. v. Rapp V.)

Dagegen sind in der Pfarrkirche zum hl. Martin in Wängle, 20 Minuten westlich von Reutte, noch mehrere Gemälde Paul Zeiller’s aus dem Jahre 1704 erhalten, von denen uns allerdings nur das Hochaltarblatt mit dem hl. Martin zu Gesicht kam. Dasselbe ist in kräftigen, feurigen Tönen gemalt und zeigt den hl. Martin zu Pferd, mit röthlichem Fleischton, purpurnem Mantel, in tiefblauer, glitzernder Rüstung, von Engeln umschwebt, oben Gottvater in einer Gloria.

Außerdem soll an der Seitenmauer der Evangelienseite ein großes Altarbild der hl. Familie mit dem Datum 1704 von demselben Maler sein, welches sich früher an der Rückseite des Hochaltarblattes befand. Auch an den Rückwänden der Seitenaltartische sollen kleine Bilder von Paul Z. eingelassen sein, welche die Anbetung der Hirten und der Könige darstellen. (L. Rapp, Beschreibung der Diöcese Brixen V, 548–550.)

Ein Altarblatt des Paul Z. vom Jahre 1706 in der Ottiliencapelle bei Wängle wurde neuerdings von L. Schmid restaurirt und hat so seinen originalen Werth eingebüßt.

Auch das zufolge Aufschrift vom Jahre 1708 von Paul Z. gemalte rechte Seitenaltarblatt in der Franciscanerkirche der hl. Anna zu Reutte, mit der Darstellung des hl. Antonius, das Christkind aus den Armen der Jungfrau empfangend, wurde, nach einem Brande der Kirche, im Jahre 1847 restaurirt, [647] infolge dessen diese treffliche Composition ebenfalls ihre ursprüngliche Farbenstimmung eingebüßt hat. In derselben Kirche befand sich nach Kögl (einige Notizen über den Pfarrbezirk Breitenwang. Füssen 1830, S. 11) ein hl. Franciscus die Wundmale empfangend, von Paul Z.; dieses Bild scheint jedoch beim erwähnten Brande ganz zu Grunde gegangen zu sein, indem an dessen Stelle ein neueres Gemälde mit demselben Gegenstand getreten ist.

P. Denifle (Cod. Ferdinand. CCCXCIV p. 310 f.) macht über Bilder des Paul Z. in der „alten“ und „neuen“ Pfarrkirche von Reutte ziemlich verworrene Angaben, die sich schon deshalb nicht mehr richtig stellen lassen, weil es weder eine alte noch eine neue Pfarrkirche in Reutte jemals gegeben hat, sondern Reutte zur Pfarrgemeinde Breitenwang gehörte. P. Denifle erwähnt die obengenannten in der Franciscanerkirche von Reutte befindlichen Bilder als solche in der „neuen Pfarrkirche“ von Reutte und fügt noch ein Bild der Verkündigung hinzu, von dem wir nichts wissen.

In der „Pfarrkirche“ von Reutte schlechtweg sollen nach Denifle ein „Jüngstes Gericht“ mit dem Datum 1730, sowie ein hl. Sebastian von Paul Z. gewesen sein; vielleicht meinte Denifle die Pfarrkirche von Breitenwang (10 Minuten östlich von Reutte), wo sich in der That ein Gemälde des hl. Sebastian befindet, das aber (nach. Kögl und Rapp, Beschreibung der Diöcese Brixen, V) ein Werk des Lechthaler Malers Joseph Selb ist, der im Anfange dieses Jahrhunderts thätig und vermuthlich ein Schüler des Joh. Jacob Z. war.

Im J. 1709 wurde mit dem Neubau der Pfarrkirche zu Vils, einem sehr kleinen Städtchen zwei Stunden von Reutte westwärts an der bairischen Grenze, begonnen und 1723 wurde sie geweiht. In dieser Kirche sind die beiden Seitenaltarblätter Werke Paul Zeiller’s. Das rechtsseitige, mit der Marter des hl. Sebastian ist leider ebenfalls „restaurirt“, d. h. übermalt worden, aber immerhin hat es noch mehr von seinem ursprünglichen Charakter bewahrt, als das vorgenannte Bild in Reutte. Besonders lassen sich noch die treffliche Composition, Zeichnung und Modellirung erkennen und auch die Farbengebung mit ihren stimmungsvollen Contrasten ist nicht ganz verloren gegangen. Der nur mit einem rothen Lendentuch bekleidete Sebastian hat einen kräftigen, muskulösen Körper, in seinen etwas breitknochigen, aber doch mehr fleischigen Zügen mit den großen, vollen Augen, den etwas schweren Augenlidern und dem fast fetten Kinn spricht sich opfermüthige Entschlossenheit in etwas herben Zügen aus. Seine Gestalt hebt sich lebendig von dem dunkeln Baum und Himmel ab, ein Engel stützt ihn, zwei andere schweben aus einer Wolkenglorie herab, ihm die Palme des Martyriums bringend. Auch das linksseitige Altarbild, die hl. Familie (welches von der Brüderschaft Jesu, Maria’s und Joseph’s gestiftet ward), hat, trotzdem es nicht unberührt blieb, doch noch im Ganzen seinen ursprünglichen Charakter bewahrt. Christus im Purpurmantel, von Engeln mit den Leidensinstrumenten umgeben, erscheint schwebend in einer goldgelben Glorie, während Maria und Joseph knieend ihre Fürbitte für die unter ihnen im Fegefeuer befindlichen Seelen an ihn richten. Fast ganz neu gemalt ist Gottvater über Christus. Besonders anmuthig in ihrer etwas befangenen Naivität sind die rosigen Engelkinder der Wolken, mit ihren für P. Z. eigenthümlichen kleinen Gesichtern.

In derselben Kirche sind auch noch 14 Stationsbilder von Paul Z., die etwas skizzenhaft derb, aber voller Ausdruck und Kraft in den Bewegungen gehalten sind. Das einst, wie Spuren zeigen, ungemein kräftige Colorit ist vielfach verblichen. Ebenso befinden sich in der Pfarrkirche von Büchelbach (zwischen Lermos und Heiterwang) Stationsbilder von Paul Z., welche gleichfalls mehr [648] skizzenhaft, aber geistreich und malerisch, in breiter Pinselführung und kräftigen Tönen, hie und da etwas derb behandelt sind.

Die Stationsbilder in der Seelsorgkirche von Oberstockach im oberen Lechthal, sowie in der Pfarrkirche von Elbingenalp sollen nur Copieen nach Paul Z., letztere überdies 1834 renovirt, sein (Rapp, Top.-statist. Beschreibung der Diöcese Brixen V, 367, 704, 811). Immerhin verrathen sie noch die Herkunft von Paul Z.

Ein noch wohlerhaltenes Hauptwerk des Paul Z. ist das linksseitige Altarbild der Kreuzigung in der Pfarrkirche von Tannheim, in einem westlichen Seitenthal des Lechthals, vier Stunden von Reutte entfernt. Die Kirche wurde von 1720 an neugebaut, 1725 geweiht. Christus ist eine edle Figur mit tiefschmerzlichem Ausdruck in dem leichenblassen, zum Theil tiefbeschatteten Gesicht. An den Armen und an der Brust rinnt das purpurne Blut über das bräunlich leuchtende Fleisch bis zum weißgelblichen Lendentuch. Links steht, in lebhaften Farben prangend der hl. Michael mit der Waage, an deren leichtere Schale sich ein Teufelchen hängt, während die andere Schale infolge eines Rosenkranzes sinkt, den die Jungfrau Maria hineinlegt. Der Erzengel hat wieder den eigenthümlichen jugendlichen Typus, wie der hl. Sebastian in Vils. Auch in dem Antlitz der Madonna, deren blau- und blaßrothe Gewandung großen Wurf mit sonnigen, breiten Lichtern zeigt, machen sich ähnliche Züge, so die großen Augäpfel, die schweren Augenlider, geltend. Die etwas fleischigen Hände derselben mit sehr stark ausgebildeten Handballen sind gut modellirt; ihre linke Hand drückt sie aufs Herz, mit der Rechten legt sie, wie erwähnt, den Rosenkranz auf die Waage. Ihr gegenüber kniet die hl. Magdalena, ihr rosiges Gesicht ist von blonden Flechten eingerahmt; sie umfaßt inbrünstig das Kreuz, an das sie ihr Haupt lehnt. Sie trägt ein gelbes, in den Lichtern weißlich, in den Schatten röthlich schillerndes Kleid und einen nur wenig sichtbaren grauen Mantel. Neben ihr steht ein Engel in Purpurgewand mit rosigem Gesicht, ein geöffnetes Buch haltend, mit der Schrift: „Opera illorum sequuntur illos“ Ap. c. 14, F. f. (Fieri fecit) Maria Röckhin. Das Bild wurde demnach von einer Maria Röck gestiftet. Auch das rechtsseitige Altarbild derselben Kirche ist ein Werk von Paul Z. (Rapp, Beschreibung der Diöcese Brixen V, 816) und bildet, bei seinem ziemlich wohlerhaltenen Zustande, ebenfalls ein wichtiges Beispiel für dessen Auffassung und Malweise. Dasselbe stellt den Unterricht der kleinen Maria durch ihre Mutter Anna in lebendiger und anmuthiger Weise dar. Maria mit großen, runden Augäpfeln, niedlichem Stumpfnäschen und vollen, purpurrothen Lippen zeigt mit einem Finger buchstabirend in das auf Anna’s Schooß aufgeschlagene Buch. Anna’s Gesicht ist leider übermalt. Hinter der Gruppe steht Joseph, zu einem Engel aufblickend. Charakteristisch sind wieder die kleinen Gesichter der in den Wolken sich munter tummelnden Engel.

Das bedeutendste uns erhaltene Altarbild des Paul Z. dürfte dasjenige am Hochaltar der Franciscanerkirche zu Füssen sein, welches die Steinigung des hl. Stephanus darstellt. Dasselbe zeichnet sich sowol durch sein kräftiges, reiches und harmonisches Colorit, und durch die malerischen Contraste der Färbung und des Lichtes, wie durch seine ausdrucksvolle, reichbewegte, plastisch wirksame Composition aus und ist trotz mancher derb naturalistischer Züge durchaus ernst und edel empfunden. In derselben Kirche soll sich ein Seitenaltarbild des hl. Antonius von Paul Z. befinden. Auch in der Benedictinerabtei zu Füssen soll Paul Z. mehreres gemalt haben und der im Ganzen noch wohl erhaltene reiche Schmuck an Fresken und Oelgemälden, womit dieses ansehnliche, jetzt im Privatbesitz (eines Herrn Bonikau) befindliche Kloster in seinen zahlreichen Sälen, Gemächern, Corridoren, Bibliotheksräumen, Capellen und in der dazu gehörigen monumentalen Kirche ausgestattet ist, weist in der That auf eine umfangreiche [649] Bethätigung der Malerfamilie Zeiller und ihrer Schüler an der Herstellung dieses Schmuckes hin. Wenn dieser Antheil für Franz Anton Zeitler zum Theil sogar durch Bezeichnung beglaubigt ist, so dürfte sich nach unserem vorläufigen Eindruck doch auch – selbst ohne solche Urkunden – die Urheberschaft Paul Zeiller’s bezüglich einer Reihe dort befindlicher Oelgemälde durch genauere Untersuchung feststellen lassen. Doch stehen wir an dieser Stelle davon ab, unsere diesbezüglichen Vermuthungen schon genauer auszusprechen. Indeß dürften ihm mit großer Wahrscheinlichkeit die Oelbilder von berühmten Benedictinern im Corridor des 1. Stockes, sowie in der oberen Todtencapelle, sowie eine Anzahl von Legendenbildern ebenda zuzuschreiben sein. In ihrer kräftigen, tiefen Färbung und ihrem drastischen Realismus erinnern sie fast an spanisch-neapolitanische Schule, von der ja Paul Z. auch beeinflußt war. – Aehnliche Porträts führte er ja auch für das Benedictinerkloster Ottobeuren (zwischen 1714–1717), und zwar ebenfalls im Corridor des 1. Stockes. über den Thüren der einzelnen Zellen aus. – Nach P. Magnus Bernhard (Beschreibung des Klosters und der Kirche Ottobeuren 1864, S. 102 u. 103) sind es im Ganzen 49 Oelbilder von Heiligen des Benedictinerordens! –

Eins der spätesten Gemälde des Meisters soll sich im Franciscanerkloster zu Reutte befinden und die hl. Margarethe von Cortona darstellen. Welche Bewandtniß es endlich mit einem seiner letzten Werke habe, das ihm P. Denifle zuschreibt, ist uns nicht gelungen, ausfindig zu machen. Nach dem genannten Autor hätte nämlich Paul Z. ein Gemälde des Jüngsten Gerichtes mit fast lebensgroßen Figuren für die „Pfarrkirche“ von Reutte gemalt, welche, wie wir sahen, weder jetzt besteht, noch jemals bestanden hat. Auch in der Pfarrkirche von Breitenwang, welche Denifle gemeint haben könnte, da Reutte von ihr abhängt, ist, heutzutage wenigstens, kein solches Bild mehr vorhanden. Daß aber ein solches – wer weiß wo – existiren müsse oder existirt habe, scheint daraus hervorzugehen, daß P. Denifle dasselbe nicht nur eingehend beschreibt, sondern auch angibt, der Maler habe dasselbe mit der Jahreszahl 1730 oder 1736 versehen und in seinem 77. Lebensjahre gemalt.

Die wenigen noch gut erhaltenen Gemälde dieses Meisters zeigen zur Genüge, daß er ein tüchtiger Künstler war, der eine gute italienische Schulung mit kräftiger, echttirolischer Eigenart und Frische der Auffassung verband und dessen Werke größere Schonung und Beachtung verdienten, als sie in unserem Jahrhundert erfahren haben, in welchem eine meist werthlose Kirchenmalerei, die älteren, kunstvolleren Schöpfungen aus den Landkirchen Tirols leider mehr und mehr verdrängt.

P. Denifle, Nachrichten von den berühmtesten tirolischen Künstlern (Handschrift im Ferdinandeum, Innsbruck Cod. Paulian. CCCXCIV). Hieraus schöpfen: (Nachrichten von tirolischen Künstlern: Meusel’s Neues Museum 1794. – Orell-Füßli, Allg. Künstlerlexikon. Zürich 1818, S. 6161). – Lemmen, Tirolisches Künstlerlexikon, Artikel Paul Z. (Nur flüchtigör Auszug aus den obigen Quellen.) – Weitere Quellen: Pfaundler, Nachrichten über tirol. Künstler. Ferdin. Cod. XXV, p. 28 (ziemlich unzuverlässig). – Dr. Jele, Studien über den Maler Zeiller. Tir. Bote 1898.

[645] *) Zu Bd. XLIV, S. 784.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Diöse