ADB:Wurz, Ignaz
Kaisers Joseph II., dem 3. April 1764 zu Wien gehaltene und nachher gedruckte Predigt zog die Aufmerksamkeit des Directors der theologischen Studien, Simon v. Stock, auf ihn und trug ihm die im gleichen Jahre erfolgende Berufung als Professor der geistlichen Beredsamkeit an der theologischen Facultät der Universität Wien ein. In diesem Amte blieb er auch noch einige Zeit nach der Aufhebung seines Ordens, bis er sich 1776 infolge fortgesetzter Anfeindungen von Seiten der Aufklärer veranlaßt sah, dasselbe niederzulegen und sich auf eine Pfarrei zurückzuziehen; die von der Kaiserin Maria Theresia ihm verliehene Pfarrei Pierawart in Niederösterreich verwaltete er bis an sein Lebensende. – W. war als Prediger sehr beliebt und nimmt in der Geschichte der katholischen Predigt in Deutschland im 18. Jahrhundert eine angesehene Stellung ein, besonders auch wegen der von ihm der sprachlichen Form zugewandten Aufmerksamkeit. Eine größere Anzahl von Gelegenheits- und Festpredigten wurden jeweils einzeln gedruckt (s. die Bibliographie bei de Backer). Sammlungen derselben wurden zunächst ohne sein Wissen und seinen Willen veranstaltet; eine solche erschien 1783 zu Augsburg unter dem Titel: „Lob- und Gelegenheitsreden“ in zwei Bänden. Das Erscheinen solcher illegitimen Nachdrucke, in denen ihm auch fremde Arbeiten untergeschoben wurden, veranlaßte ihn, eine authentische Sammlung seiner sämmtlichen Predigten zu veranstalten, von der aber nur noch die ersten Theile zu seinen Lebzeiten gedruckt erschienen. Die ganze Sammlung dieser „Sämmtlichen Predigten“ umfaßt acht Bände und erschien in Wien 1783–86. (Eine andere Ausgabe erschien in 16 Bänden in Köln 1801 ff.) Außer den erwähnten Einzeldrucken von Festpredigten, einigen Gelegenheitsdichtungen und einer Schulkomödie ließ W. in seinen früheren Jahren auch einige Uebersetzungen ausländischer Predigtsammlungen im Druck erscheinen, unter welchen besonders die von Bossuet’s „Trauerreden“ (Wien 1764) zu nennen ist. Als Professor verfaßte W. ein Lehrbuch der Homiletik: „Anleitung zur geistlichen Beredsamkeit“ in zwei Bänden (Wien 1770–72; 2. Aufl. 1775–76; Leipzig 1776); auch in kürzerer Bearbeitung: „Anleitung zur geistlichen Beredsamkeit in einem Auszuge verfasset“ (Wien 1776; 1790). (Ueber seine in diesem Lehrbuche niedergelegte Theorie vgl. P. Keppler in der Theol. Quartalschrift 1892, S. 185 f.) Außerdem schrieb er noch eine „Einleitung in die allgemeine Geschichte alter und neuer Zeiten“ in vier Bänden (Wien 1764–70).
Wurz: Ignaz W., katholischer Theologe, geboren zu Wien am 28. December 1731, † am 28. oder 29. August 1784. W. trat im Alter von 16 Jahren 1747 zu Wien in den Jesuitenorden ein; nach Beendigung seiner Gymnasialstudien studirte er in Graz Philosophie, Mathematik und Theologie. Darauf war er zunächst einige Jahre im höheren Lehramt thätig, zuerst an der theresianischen Ritterakademie in Wien, nachher im Profeßhause seines Ordens in Wien. Wie er selbst frühzeitig das Studium der deutschen Sprache mit Eifer betrieben hatte, so wird berichtet, daß er auch als Lehrer große Sorgfalt auf die Uebung der Schüler im deutschen Aufsatz verwendet habe. Nach einigen Jahren dieser Lehrthätigkeit wurde er als Prediger verwendet und war als solcher mit großem Erfolge thätig. Seine am Krönungstage des- De Luca, Das gelehrte Oesterreich, Bd. I, 2 (Wien 1778), S. 269 bis 272. – J. Kehrein, Geschichte der kath. Kanzelberedsamkeit der Deutschen, Bd. I (1843), S. 130–133. – De Backer, Bibliothèque des écrivains de la Compagnie de Jésus, VIIe série (1861), p. 401–406. – Wurzbach, [355] Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, 59. Theil (1890), S. 11–13. – Hurter, Nomenclator, T. III (ed. 2, 1895), p. 480. – (Porträt vor dem 1. Bande der „Sämmtl. Predigten“.)