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Artikel „Woltmann, Karoline von“ von Max Mendheim in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 44 (1898), S. 190–191, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Woltmann,_Karoline_von&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 08:54 Uhr UTC)
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Band 44 (1898), S. 190–191 (Quelle).
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Woltmann: Karoline von W., Schriftstellerin, älteste Tochter des preußischen Geheimraths und Arztes Dr. Karl Wilhelm Stosch und seiner Gattin Auguste, geb. Hönig, wurde am 6. März 1782 in Berlin geboren. Sie zeigte schon früh Neigung zur Litteratur, erhielt eine vortreffliche Erziehung und wurde bereits 1799 auf Wunsche ihrer Eltern mit dem als Dichter bekannten Kriegsrath Karl Müchler vermählt, bei dem man gleiche Gesinnung und Neigung voraussetzte. Als aber diese Ehe nicht den Erwartungen entsprach, veranlaßten die Eltern Karolinens 1804 deren Scheidung. In dieser Zeit veröffentlichte sie anonym ihren ersten Roman „Euphrosyne“, der in vieler Hinsicht ihre damalige Stimmung widerspiegelt, aber später wegen „seiner dürftigen Fabel und seinen schwächlichen männlichen Charakteren“ von ihrem zweiten Gatten Karl Ludwig W. (s.o.) umgearbeitet und unter dem Titel „Heloise“ (1809) herausgegeben wurde. Die Vermählung Karolinens mit Woltmann, den sie 1804 in Berlin kennen gelernt hatte, erfolgte am 25. October 1805; sie war auf herzliche Neigung begründet und führte zu einer überaus glücklichen Ehe und einem in jeder Beziehung innigen Geistesbunde. Viele Arbeiten, vornehmlich Erzählungen, sind gemeinsame Erzeugnisse beider Gatten, andere sind wenigstens unter reger Mithülfe des Einen von dem Andern verfaßt. 1813 siedelten Beide nach Prag über, wo unter anderen Karolines Trauerspiel „Orlando“ (1815), der 1817 zu Ende geführte Roman „Maria und Walpurgis“ (1817), dessen erste fünf Bücher schon 1814 entstanden waren, und die „Volkssagen der Böhmen“ (1815) erschienen. Auch hier war sie wieder stark an den Arbeiten Woltmann’s betheiligt, besonders als dieser durch Krankheit gezwungen war, ihr seine Schriften zu dictiren, und verfaßte mehrere Uebersetzungen der Werke Miß Edgeworth’. Nach dem Tode ihres Gatten (1817) blieb sie zunächst in Prag, schrieb eine Fortsetzung zu der in Brockhaus’ „Zeitgenossen“ erschienen Selbstbiographie Woltmann’s, worin sie namentlich die intimeren Seiten und Beziehungen des Lebens eingehender behandelte, und machte sich alsbald an die Herausgabe der „Sämmtlichen Werke“ des Verstorbenen, wovon jedoch (bis 1827) nur 14 Bände [191] erschienen. Außerdem war sie auch weiter mit eigenen schriftstellerischen Arbeiten beschäftigt, so mit neuen Volkssagen der Böhmen, mit weiteren Uebersetzungen und selbständigen schöngeistigen Werken, von denen einzelnes in dem Prager Unterhaltungsblatte „Der Kranz“ erschien, dessen Redaction sie 1824 übernahm. Wol im J. 1826 kehrte Karoline W. nach Berlin zurück. Eine Frucht ihrer 1832–33 unternommenen Reise in die Schweiz und nach Italien sind die 2 Bände „Menschen und Gegenden. Deutschland und die Schweiz. Italien“ (1835). In späteren Jahren hat sie sich mehr mit naturhistorischen Studien beschäftigt. Sie starb am 18. November 1847 in Berlin.

Karoline W. hat sich in den meisten, besonders den kleineren ihrer Schriften, wie sehr dieselben auch ihrem Inhalte nach von einander abweichen mögen, als eine gewandte und anziehende Schriftstellerin erwiesen, deren einfache, klare, fließende Sprache wohlthuend wirkt. Das empfindet man schon bei ihrem ersten Romane „Euphrosyne“, der doch so voll von Schwärmerei, so ganz nur Gefühl ist. Kräftiger und gehaltreicher sind die Erzählungen in den ersten Bänden der von beiden Gatten gemeinsam herausgegebenen „Schriften“; kurze, scharfe Charakteristik, einfache Handlung, natürliche Lösung, wenn auch nicht ohne romantisches Beiwerk und zum Theil pathetisch gehobene Sprache. Vollendeter noch als diese sind die Erzählungen ihrer späteren Jahre, so besonders „Der Ultra und der Liberale“, die zuerst 1824 im „Morgenblatt“ erschien, dann umgearbeitet 1832 mit der Erzählung „Die weiße Frau“ in ihren „Ausgewählten Erzählungen“, von denen jedoch nur dieser eine Band herausgekommen ist. Auch in dieser letzten, an die bekannte Sage erinnernden Geschichte ist ihr besonders die einfache Erklärung für die Entstehung dieser Gestalt, der mit ihrem Erscheinen verbundenen Todesahnung und ihrer Erlösung vorzüglich gelungen, ohne daß das Wunderbare ganz vernichtet wird. Diese Art Stoffe liebte sie überhaupt, wie auch ihre böhmischen Sagen bezeugen. Seit ihrer Uebersiedlung nach Prag hat Karoline W. vielfach die dortigen Sitten, Sagen und Gebräuche studirt und in ihre Schriften verwebt, seit dieser Zeit auch gern die Idee der Versöhnung des Adels mit dem Bürgerthume darein verflochten. So z. B. in dem äußerst breit und ohne rechtes Leben sich hinziehenden Romane „Maria und Walpurgis“, von dem sie selbst sagt: aus Schiller’s Absichten, die Begebenheiten und Figuren seines unvollendeten Epos über Friedrich d. Gr. durch einen geheimen Bund zu verknüpfen, entsprangen die Grundfäden zum Gewebe des Plans für Maria und Walpurgis; ein Bund, welcher die Ausführung der Vorstellung, daß alle bürgerlichen Thätigkeiten nach ihrer Idee aufgefaßt und betrieben, die allermannichfaltigste Cultur und zwar eine solche bewirken müßten, durch die der Unterschied der Stände aufhört, in die Wirklichkeit zum Endzweck hatte. – Ihr Trauerspiel „Orlando“ (1815) hat zwar gute Verse und viele schöne Worte, aber so zahlreiche technische und innere Mängel, daß es kaum den Namen Drama verdient. – Unter dem Titel „Deutsche Briefe“ hat sie 1834 einen Band von litterarhistorisch sehr interessanten Briefen herausgegeben, die theils von ihrem Gatten geschrieben, theils von berühmten Zeitgenossen an diesen oder sie selbst gerichtet sind.

Zu den in Goedeke’s Grundriß (2. Aufl.), Bd. 6, S. 430 f. aufgeführten Quellennachweisen über Karoline W. ist noch Wurzbach’s Lexikon, Bd. 58, hinzuzufügen. Als ihre Werke nennt Heinsius’[WS 1] Bücherlexikon außer den von Goedeke verzeichneten noch „Die weiße Frau und die Eiche des starken Ritters. Zwei Volkssagen“ (Lpz. 1835) und einen Roman „Der siebenjährige Kampf der Stadt Gent“ (Lpz. 1835), doch sind beide Sachen wol nie erschienen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Johann Wilhelm Immanuel Heinsius (1768–1817); deutscher Buchhändler und Bibliograph. Er ist der Begründer der deutschen Nationalbibliographie.