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Artikel „Witte, Bernhard“ von Paul Bahlmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 43 (1898), S. 587–588, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Witte,_Bernhard&oldid=- (Version vom 28. November 2024, 05:11 Uhr UTC)
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Witte: Bernhard W. (Wittius), aus Lippstadt gebürtig, war Ende August 1490 Novize im Benedictinerkloster Liesborn, dem er bis zu seinem Tode angehörte; doch sind weder über die Zeit seines Eintritts, seiner Profession und seiner Priesterweihe, noch über seinen klösterlichen Rang irgend welche Nachrichten vorhanden. Sein Hauptwerk, die „Historia antiquae occidentalis Saxoniae seu nunc Westphaliae“, das der Minorit Placidus Cuer 1778 nach der seit 1853 in der Bibliothek des H. v. Nagel zu Vornholz ruhenden Originalhandschrift zum Druck beförderte, hat er bereits 1495 begonnen und, von den ältesten Zeiten ausgehend, bis zum Jahre 1520, das er nicht lange überlebt haben dürfte, fortgeführt. Dasselbe verdient als erste Gesammtdarstellung der Geschichte des westfälischen Landes besondere Beachtung, obschon ungefähr zwei Dritttheile derselben – mitunter sogar wörtlich – anderen Arbeiten entnommen und hinsichtlich des Inhalts wie der Form mancherlei Ausstellungen berechtigt sind. Benutzt dafür hat W. außer den vaterländischen Quellen und verschiedenen Documenten und Notizen die große Encyklopädie des Vincenz von Beauvais, die Kölner Chronik des 15. Jahrhunderts, die Nürnberger Chronik des Hartmann Schedel, die Bilderchronik Bothos, alle historischen Schriften des Abtes Trithemius, des Aeneas Sylvius, Werner Rolevinks u. a. Seiner Darstellung der Soester Fehde, „Succincta elucidatio Susatensis praelii“ (Hist. Westph. S. 679–727), welche die von Emminghaus (Memorabilia Susatensia, Jenae 1749, S. 583–708) abgedruckte Reimchronik in deutschen Versen wiedergibt, liegt nach Hausberg (Westd. Zeitschrift I, 1882, S. 184 ff.) offenbar die Kriegsgeschichte des Soester Stadtschreibers Bartholomäus von der Lake zu Grunde, während sein Bericht über die münsterische Fehde, „Intestinum bellum civileque proelium Monasteriense“ (Hist. Westph. S. 728 bis 747), nur ein Auszug aus der münsterischen Chronik eines ungenannten Augenzeugen über die Zeit von 1424 bis 1458 (Geschichtsquellen des Bisth. Münster I, 1851, S. 188–240) ist, deren von Rudolf v. Langen herrührende Fortsetzung sich Hist. Westph. S. 564 f. und 596 nahezu wortgetreu wiederfindet. Da Nordhoff auch von der „Brevis notitia circa ortum, Abbatissas et Abbates monasterii Liesbornensis“ (Hist. Westph. S. 748–773), der ältesten bekannten Chronik des Klosters Liesborn, fast nur die Biographie des 1490 verschiedenen Abtes Heinrich von Kleve als eigene Arbeit Witte’s gelten lassen will, darf man wol ohne weiteres annehmen, daß dieser seine „Historia illustrium virorum Ordinis S. Benedicti“ gleichfalls aus älteren Werken zusammengetragen hat. [588] Das erste Buch derselben handelt von den Verzweigungen und höchsten Würdenträgern des Benedictinerordens, das zweite von den Kaisern, Königen und Fürsten, das dritte von den Bischöfen und Aebten, das vierte von den frommen Frauen und das fünfte von den hervorragenderen Schriftstellern, die aus dem Orden hervorgegangen; da aber der Inhalt der vier ersten Bücher hinlänglich durch andere Arbeiten bekannt war, hat Cuer nur das letzte seiner Ausgabe beigefügt (Hist Westph. S. 775–840). Außer diesen historischen Schriften, denen ev. noch eine von Hamelmann und v. Steinen erwähnte, bisher aber nicht aufgefundene lippische Chronik hinzuzufügen wäre, hat W. drei theologische Arbeiten hinterlassen, nämlich zwei ascetische Tractate „Dialogi de Gete“ und „Arbor Boni et Mali“, und einen Commentar zu den Psalmen; die beiden ersten sind in der erwähnten Vornholzer Handschrift enthalten, die dritte – bisher unbekannt, weil schon 1627 im Besitz des Jesuitencollegiums – bildet Msc. 259 der kgl. Paulinischen Bibliothek zu Münster (475 Bll. 2°) und schließt:

Haec ego Bernardus sancti Davidis in ynnos (hymnos)
 Collegi, potui ut, utque Minerva dedit.
Lippia me genuit, aluit monachum Liseburna
 Relligio, in Christo det Deus atque mori.
Dum Petri sedem tenuit Leo, Maximilianus
 Romani imperii candida sceptra tulit,
 Anno 1516.

Seine Begeisterung für die humanistischen Studien trieb W. wiederholt an, sich auch als Dichter zu versuchen: Gedichte an den Leser gehen seinem Commentar voran, ein Weihgedicht (abgedruckt von Nordhoff, S. 97 f.) begleitet seine Abschrift Langen’scher Dichtungen (P. B. Münster, Inc. 606), und zahlreiche Gedichte auf einzelne Personen, merkwürdige Ereignisse u. s. w. – auch die von Nordhoff Rudolf v. Langen zugeschriebenen Distichen auf die Buchdruckerkunst (Hist. Westphal., S. 560) entstammen nach Parmet (R. v. Langen, S. 94) wol Witte’s Feder – sind seiner westfälischen Geschichte eingereiht. Sie zeigen, daß er seinen berühmten Vorbildern im Süden und in der westfälischen Hauptstadt manchen Kunstgriff abgelernt, verrathen jedoch meist nur allzu deutlich, daß es ihm weniger auf die Sache, als auf die Form, die trotzdem mitunter recht viel zu wünschen übrig läßt, und ein rauschendes Gewand ankam.

Vgl. J. B. Nordhoff, Die Chronisten d. Klosters Liesborn, Münster 1866 (Sonderabdruck aus der Westfäl. Zeitschrift, Bd. 26).