ADB:Wesel, Gerhard von
Wesel: Gerhard v. W., Kölner Rathsherr. Seit 1487 saß W. im Kölner Rathe, damals schon ziemlich bei Jahren, da er bereits nach 9 Jahren seinen Wunsch nach Entlastung von den Geschäften mit der Rücksicht auf sein Alter und seine Körperschwäche begründete. Vielleicht übte auch die Mißstimmung, daß seine von einer außerordentlich scharfsinnigen Erkenntniß der Mängel zeugenden Projecte zur Hebung der traurigen städtischen Finanzlage bei den regierenden Herren keinen Anklang fanden und daher nicht durchgeführt wurden, Einfluß auf diesen Schritt. Denn noch im J. 1509 wurde er zum letzten Male in den Rath gewählt. In den Jahren 1494, 1497, 1502 und 1507 war er Bürgermeister der Reichsstadt. 1491–94 war W. Beisitzer auf der Samstagsrentkammer, d. i. Mitglied der städtischen Schuldenverwaltung, 1495–96 Rentmeister. In die Jahre 1490–93 fallen vier Entwürfe von seiner Hand, welche die Besserung der städtischen Finanzen bezwecken. Ursprünglich hatte er an eine Conversion der Schuld und an Rentenablösung gedacht, in den späteren Entwürfen dagegen schlug er eine directe Steuer vor und appellirte an den Patriotismus der reichen Bürger, von welchen er eine freiwillige Beihülfe zur Schuldentilgung verlangte. Aber gerade diese letzten weitgehenden Pläne, welche mit der bisherigen Praxis völlig brachen, fanden in den maßgebenden Kreisen kein Verständniß. Man hatte sich zu sehr daran gewöhnt, die städtischen Ausgaben durch Erhebung von Accisen und Rentenverkäufe zu bestreiten und statt für gemeinnützige Zwecke Geld zu opfern, sich selbst durch den Mißbrauch der Macht zu bereichern. Erst der Aufstand von 1512–1513, in welchem die Köpfe der regierenden Herren fielen, erzwang eine Umkehr von dem alten Schlendrian und die durch den voraussichtigen W. geforderte Reform der Finanzverwaltung und insbesondere zum ersten Male die Einführung einer directen Abgabe in der Form einer Vermögenssteuer.
Auch als Gesandter an den königlichen Hof hat sich W. um seine Vaterstadt verdient gemacht. Daß er den litterarischen Bestrebungen zugeneigt war, beweist sein Verkehr mit dem Humanisten Petrus Ravennas, der 1506–08 in Köln lehrte.
- Knipping, Das Schuldenwesen der Stadt Köln in der Westdeutschen Zeitschrift f. Geschichte u. Kunst, XIII (1894), 372–377.