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Artikel „Wersebe, August v.“ von Ferdinand Frensdorff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 42 (1897), S. 101–102, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wersebe,_August_von&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 15:25 Uhr UTC)
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Wersebe: August v. W., Geschichtsforscher, geboren am 14. Mai 1751 zu Meienburg, † daselbst am 13. Januar 1831. Die Familie, nach Wersabe (Wersebe, Wersby) im Osterstadischen am rechten Weserufer zwischen Bremen und Geestemünde zubenannt, ist seit dem 12./13. Jahrhundert nachweisbar und gehörte zur Bremischen Ritterschaft. Unter den „guten luden“, die der Stadt Lüneburg auf Sold dienten, kam 1371 Ghiseke van Wersby bei der Abwehr der von Herzog Magnus d. J. versuchten „instiginge“ um. In der späteren Zeit theilte sich die Familie in die zwei nach den Gütern Meienburg und Cassebruch (Kersebruch), beide nördlich von Bremen, bezeichneten Linien. August v. W., Sohn des 1769 verstorbenen Regierungsrathes Otto Wilhelm v. W. zu Stade, studirte in Göttingen seit Ostern 1768 die Rechte, wurde 1771 Auditor bei der Justizkanzlei zu Stade, 1776 außerordentlicher, 1777 ordentlicher Justizrath daselbst und 1783 durch landesherrliche Ernennung Oberappellationsrath von der adeligen Bank. 1800 auf sein Ansuchen mit dem Charakter eines Landdrosten entlassen, lebte W. seitdem der Bewirthschaftung seines Gutes Meienburg und wissenschaftlicher Beschäftigung, daneben auch in seiner ständischen Eigenschaft als Assessor des Bremen- und Verdenschen Hofgerichts zu Stade und seit 1814 auch als Landrath der Bremen-Verdenschen Ritterschaft thätig. Litterarisch trat er zuerst 1815 hervor. Seine „Bemerkungen über die gleiche Besteurung der Provinzen des Königreichs Hannover“, gegen die Schrift des Hofraths Sartorius (s. A. D. B. XXX, 392), seines Collegen in der ersten allgemeinen Ständeversammlung Hannovers, gerichtet, bekämpften die von der Regierung geplanten Steuerreformen und redeten der Aufrechterhaltung der Exemtionen das Wort. Seinen Namen in der Geschichte der Wissenschaft verdankt W. einer Thätigkeit auf anderem Gebiete. In seiner Muße hatte W. historische Studien als Dilettant begonnen, dann aber ernsthaften Geschmack an der Geschichte des Mittelalters gefunden, sich eine Bibliothek gesammelt und zuerst seine Aufmerksamkeit den in Niederdeutschland im 12. Jahrhundert gestifteten Colonieen zugewandt. Das Ergebniß war das zweibändige Werk: „Ueber die niederländischen Colonieen“, das auf Wersebe’s eigene Kosten (Hannover 1815–16) erschien und gegenüber frühern und spätern Behandlungen des Gegenstandes die Bedeutung dieser Colonieen viel weniger hoch anschlägt. Am 1. Januar 1820 hatte die Königliche Gesellschaft der Wissenschaften zu Göttingen auf Veranlassung des Oberamtmanns Wedekind (s. A. D. B. XLI, 392), der ihr eine goldene Medaille im Werthe [102] von 25 holländischen Ducaten zur Verfügung gestellt hatte, eine außerordentliche Preisaufgabe ausgeschrieben: Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale und Unstrut, Weser und Werra. W., mit dem Gegenstande schon länger beschäftigt, bewarb sich um den Preis und erhielt ihn am 10. November 1821 zuerkannt. Die Arbeit seines Mitbewerbers Dedekind (s. A. D. B. V, 15), die, allein eingereicht, den Preis erhalten hätte, mußte sich, da sie an Gründlichkeit und Localkenntniß hinter der von W. zurückblieb, mit dem Accessit begnügen. Im Druck erschien Wersebe’s Schrift erst 1829. Vorangegangen war ihr schon 1826 die Abhandlung: „Ueber die Völker und Völkerbündnisse des alten Teutschlands.“ Erst nach Wersebe’s Tode wurde der Aufsatz: „Ueber die Vertheilung Thüringens zwischen den alten Sachsen und Franken“ in Hesse’s Beiträgen zu der teutschen, besonders thüringischen Geschichte des Mittelalters (Hamburg 1834–36) veröffentlicht. Eine Reihe kleinerer Arbeiten Wersebe’s erschien in dem Neuen vaterländischen Archiv und in dem Hannoverschen Magazin. So achtungswürdig Wersebe’s Leistungen als die eines Mannes sind, der, historisch ungeschult, sich nach einer praktisch-richterlichen Thätigkeit der Erforschung der vaterländischen Geschichte widmete, so werthvoll sie auch durch ihre ernste und eindringende Forschung für ihre Zeit waren, einen dauernden Erfolg haben sie nicht errungen. Ihrer Form ist die Herkunft aus Excerpten anhaften geblieben; der Text verschwindet oft vor den Anmerkungen. Mag ihrem Inhalt die Kenntniß des Localen zu Gute kommen, der Verfasser ist zu sehr darauf aus, neue Ansichten aufzustellen und sich in einer Zeit zu bewegen, zu deren Aufhellung Sprachkenntniß unentbehrlich ist, die er nicht besitzt und geringschätzt.

Neues vaterländ. Archiv 1831, Heft 4. – Archiv des Vereins für Geschichte zu Stade 1, 76. - Urkundenbuch der Stadt Lüneburg II (1875), Nr. 717. – Pütter, Selbstbiographie II, 460 (W. zu früh angesetzt, da er erst 1768 April 23 immatriculirt ist). – Gött. gel. Anzeigen 1817 St. 42; 1820 St. 1; 1821 St. 190, 191; 1826 St. 184.