ADB:Warkotsch, Heinrich Gottlob Freiherr von

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Artikel „Warkotsch, Heinrich Gottlob Freiherr von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 172–174, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Warkotsch,_Heinrich_Gottlob_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 18:53 Uhr UTC)
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Warkotsch: Heinrich Gottlob Freiherr v. W., bekannt durch seinen Versuch während des Siebenjährigen Krieges König Friedrich den Großen den Oesterreichern in die Hände zu spielen, war aus einem alten nach dem gleichnamigen im Kreise Strehlen belegenen Dorfe benannten schlesischen Adelsgeschlechte um das Jahr 1706 geboren, diente im österreichischen Heere und stand im Jahre 1756 im Begriff als k. k. Hauptmann im ungarischen Infanterieregimente Batthyány (nach Anderen im Regimente Botta) in jenen Krieg zu ziehen, als er durch den Tod seines zu Karlsbad plötzlich verstorbenen Bruders, des preußischen Kammerherrn Karl Ferdinand Freiherrn v. W., in den Besitz der ansehnlichen in jenem Kreise gelegenen Güter Schönbrunn, Ober- und Nieder-Rosen und des Vorwerkes Käscherei kam, deren Werth auf mehr als 100 000 Thaler geschätzt wurde. Er bat sofort um seinen Abschied, der ihm freilich, was nicht übersehen werden darf, nie ausgefertigt worden ist, und lebte nun auf Schönbrunn der Verwaltung seiner Besitzungen. Er wird als ein herrischer, jähzorniger, harter Mann geschildert, der den Freuden des Bechers und der Karten zugethan war. Dem Könige von Preußen hatte er den Vasalleneid geleistet, im Herzen aber blieb er österreichisch gesinnt, schon deshalb, weil er durch die Wiederkehr der vor der preußischen Regierung bestanden habenden Verhältnisse eine größere Gewalt über seine Gutsunterthanen erhalten haben würde. Es hielt ihn dies jedoch nicht ab, mit den preußischen Officieren, die häufig bei ihm im Quartier lagen und die Gastlichkeit seines Hauses zu schätzen wußten, zu spielen und zu zechen. Der König besuchte Warkotsch’s Haus zum ersten [173] Male in der Nacht des 4. August 1761, als er erwartete durch Laudon bei Schönbrunn angegriffen zu werden. Zum zweiten Male betrat er dasselbe am Abend des nächsten 5. November. Er war damals auf dem Wege nach Strehlen begriffen, wohin er nach dem Falle von Schweidnitz ging, um Neiße und Breslau zu decken. In der Frühe des 6. diente ihm Warkotsch’s Jäger Mathias Cappel, aus Böhmen und Katholik, den der König mit vier Achtgroschenstücken ablohnte, als Führer nach Strehlen; in dem unmittelbar an die Stadt anstoßenden Dorfe Woiselwitz nahm Friedrich sein Hauptquartier. Dasselbe lag so, daß es einem Versuche des Feindes den König aufzuheben großen Vorschub leistete, dazu war die Bewachung ganz ungenügend. Diese Verhältnisse lernte W. aus eigener Anschauung kennen, als er den Generaladjutanten v. Krusemark, der gleich ihm die Freuden der Tafel liebte, in Woiselwitz besuchte und auch an die des Königs gezogen wurde. Seine Wahrnehmungen gaben ihm den Gedanken ein, den in der Nähe stehenden Oesterreichern die Mittheilung zu machen, daß es nicht schwer sein würde, den König aufzuheben; gerade damals hatte ihn selbst die Wegnahme einer großen Schafherde durch preußische Truppen gegen diese und ihren Kriegsherrn aufgebracht.

Einen Mittelsmann fand er in dem katholischen Curaten Franz Schmidt, welcher in dem unweit Schönbrunn belegenen Dorfe Siebenhufen amtirte; W. verkehrte freundschaftlich mit ihm, während er mit dem Geistlichen seines eigenen Glaubensbekenntnisses, dem Pfarrer Gerlach zu Schönbrunn, keine Beziehungen unterhielt. Schmidt übernahm die Besorgung eines an den zu Wartha commandirenden General gerichteten Briefes, den W. geschrieben hatte und welcher Mittheilungen über die gefährdete Lage des königlichen Hauptquartiers enthielt. Es war dies der General Draskovich, durch den die Sache an Laudon kam, der einen Hauptmann Wallis oder Wallisch vom Karlstadter Grenzregimente beauftragte, mit W. in Verbindung zu treten. Im Laufe der Verhandlungen übergab am 29. des nämlichen Monats Schmidt der Frau des Jägers Cappel, durch den der Verkehr seines Herrn mit Wallis ging, einen Brief, welcher schleunige Antwort erheische. Die Frau, 27 Jahre alt und evangelischen Glaubens, schöpfte einen unbestimmten Verdacht; da sie aber nicht lesen konnte und niemand fand, der den Brief erbrechen wollte, so gelangte derselbe uneröffnet in die Hände von Warkotsch. Dieser beantwortete denselben sofort und beauftragte noch in der Nacht den Jäger Cappel die Erwiderung am anderen Morgen an Schmidt zu besorgen. Die aufmerksam gewordenen Eheleute berathschlagten nun was zu thun sei und Cappel, der seinem Herrn, unter dessen jähzornigem und gewaltthätigem Wesen er zu leiden gehabt hatte, wenig zugethan war, ließ sich von seiner Frau überreden, den Brief zu öffnen. Der Inhalt machte ihm den ganzen Sachverhalt klar. Er begab sich jetzt mit dem Briefe zum Pfarrer Gerlach. Dieser nahm eine Abschrift, worauf der Brief wieder in den Umschlag gesteckt und durch Cappel’s Lehrburschen an den Curator[1] und durch diesen an den Hauptmann Wallis, für den er bestimmt war, befördert wurde. Mit der Abschrift machte Cappel sich auf den Weg nach Woiselwitz; sie gab Anleitung zur Ausführung des Vorhabens und empfahl es nicht aufzuschieben. Sofort ward ein Rittmeister v. Rabenau mit achtzig Dragonern abgesandt um W. und Schmidt zu verhaften, aber der erstere wiegte den Rittmeister durch sein unbefangenes Auftreten in Sicherheit, fand aus einem Zimmer, in das ihn dieser hatte treten lassen, durch einen zweiten Ausgang den Weg in seinen Stall, wo inzwischen ein Pferd für ihn gesattelt war, und gelangte glücklich zu den österreichischen Vorposten; Schmidt entkam gleichfalls. W. wagte sogar nach Schönbrunn zurückzukehren und von dort Geld und Werthsachen vor der Beschlagnahme durch die Behörden zu retten. Er erhielt darauf von der österreichischen Regierung ein Gnadengehalt [174] von jährlich 4000 Gulden als Entschädigung für den Verlust seiner Güter, zugleich aber die Weisung Orte zu meiden, an denen er mit preußischen Officieren zusammentreffen könnte und soll unter angenommenem Namen um 1764 zu Raab in Ungarn gestorben sein. Seine Ehe mit einer Freiin Hofer von Lobenstein war kinderlos. Schmidt erhielt eine anderweite Anstellung. Ein am 22. März 1762 verkündeter Rechtsspruch der Oberamtsregierung zu Breslau erklärte beide, W. und Schmidt, für recht- und ehrlos und verurtheilte sie zum Tode. Ersterer sollte lebendig geviertheilt, letzterer zuvörderst enthauptet und dann ebenfalls geviertheilt werden. Da man ihrer nicht habhaft wurde, so ward das Urtheil am 11. Mai 1762 auf dem Salzringe, dem heutigen Blücherplatze, zu Breslau im Bilde vollzogen und Warkotsch’s Wappen zerschlagen. Cappel ward Hegemeister zu Germendorf bei Oranienburg.

Grünhagen, Schlesien unter Friedrich dem Großen II, 207. Breslau 1892. – Eine actenmäßige Darstellung des Vorganges hat G. Hiltl in Nr. 50/51 der Gartenlaube vom Jahre 1862 gegeben.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 173. Z. 12 v. u. setze: Curaten. [Bd. 45, S. 675]