ADB:Wardenburg, Wilhelm Gustav Friedrich

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Artikel „Wardenburg, Wilhelm Gustav Friedrich“ von August Mutzenbecher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 41 (1896), S. 167–169, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Wardenburg,_Wilhelm_Gustav_Friedrich&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 08:33 Uhr UTC)
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Wardenburg: Wilhelm Gustav Friedrich W., geboren am 15. Mai 1781 zu Fedderwarden in der Herrlichkeit Kniphausen, wo der Vater Prediger war. In Hatten, einem Dorfe im Herzogthum Oldenburg, wohin der Vater versetzt war, verlebte W. seine Knabenjahre unter Leitung eines Hauslehrers und empfing hier, als im J. 1795 infolge der im Baseler Frieden stipulirten Demarcationslinie mehrere Monate lang hannoversche Truppen in Hatten einquartirt waren, die erste Anregung zu seinem demnächstigen Beruf als Soldat. Von dem Vater zum Theologen bestimmt, wurde er auf das Gymnasium in Oldenburg geschickt; auf dringendes Bitten gab indeß der Vater seine Einwilligung, daß W. als Secundaner die Schule verließ und im J. 1797 in das oldenburgische Militär – eine Compagnie von 100 geworbenen Leuten unter einem Major – als Cadet eintrat. Im Anfange des Jahres 1799 erhielt W. auf sein Ansuchen den Abschied als Officier (Fähnrich), um, mit einem Empfehlungsschreiben des Herzogs Peter von Oldenburg versehen, in den russischen Militärdienst zu treten. Er begab sich nach dem Kriegsschauplatz in Italien, um sich dem Feldmarschall Suwarow vorzustellen. Nach einer Reise, die, so sehr er sie zu beeilen suchte, volle vier Wochen währte, traf er das Hauptquartier des Feldmarschalls in Alessandria. Von dem letzteren freundlich empfangen, erhielt er den Bescheid, daß der Kaiser Paul jede Anstellung eines Fremden bei der Armee untersagt habe; W. also warten müsse, bis in Petersburg seinetwegen angefragt sei; übrigens sei der Feldmarschall bereit, ihm einen Platz in der österreichischen Armee zu verschaffen. W. nahm dieses Erbieten sofort an, trat zunächst als Cadet bei dem Regimente Frelich ein und wurde, nachdem er sich bei der Belagerung und Einnahme des Forts von Serravalle ausgezeichnet hatte, zum Officier (Fähnrich) ernannt (August 1799). Er nahm an der Schlacht bei Novi (15. August 1799), an der Belagerung von Tortona und an vielen der zahlreichen Gefechte des [168] Herbstes 1799, sowie an der Belagerung von Genua im Frühjahr 1800 theil, focht in der Entscheidungsschlacht von Marengo (14. Juni 1800) mit und wurde in dem Treffen bei Pozzolo (25. December 1800) verwundet. Nach seiner Rückkehr aus dem Hospital zu Pettau in Steiermark wurde er zum Lieutenant befördert und zog mit dem Regiment in das Friedensstandquartier zu Kuttenberg in Böhmen (April 1801). Aber das Einerlei des Garnisonlebens und die Zurücksetzung, welche er durch die von der österreichischen Regierung verfügte Wiedereinführung des Kaufs der Officierstellen erfuhr, veranlaßte ihn, wie viele seiner Kameraden, im Anfang des Jahres 1805 seinen Abschied zu nehmen. Er reiste in die Heimath und begab sich dann, wieder mit Empfehlungen des Herzogs versehen, nach Petersburg, wo er alsbald bei dem Infanterieregiment Asow eine Anstellung als Secondlieutenent fand (September 1805). In Krems an der Donau traf er nach einer höchst beschwerlichen Reise das zur Armee des Generals Kutusow gehörende Asow’sche Regiment, früh genug, um an der Schlacht von Austerlitz (2. December 1805) theil zu nehmen. Nach derselben bezog das Regiment nach einem mühseligen zweimonatlichen Marsche sein Standquartier in Schitomir, der Hauptstadt Volhyniens, und kämpfte dann in der Schlacht bei Eilau (7. und 8. Februar 1807). Bei dem Sturmlauf gegen eine verschanzte Batterie an der Passarge (6. Juni 1807), an welchem W. als Freiwilliger vortrat und für welche Heldenthat ihm nachmals das goldene Sturmkreuz von Preußisch-Eilau verliehen wurde, wurde er durch eine Musketenkugel verwundet; unter unsäglichen Schmerzen nach Königsberg transportirt, mußte er wegen des Heranrückens der Franzosen weiter nach Mitau gebracht werden, wo die Kugel glücklich aus der Brust entfernt wurde. Im September begab er sich, obgleich seine Wunde noch nicht völlig geheilt war, zu seinem Regimente zurück, das in Alt-Büchow am Dnieper stand, und erhielt jetzt endlich ein Patent als Premierlieutenant. Im März 1808 wurde das Regiment nach Petersburg beordert, um in dem Kriege gegen Schweden verwandt zu werden. In St. Michel in Finnland wurde W. zur persönlichen Dienstleistung bei dem General Barklay commandirt (Mai 1808) und leistete namentlich in dem Gefechte bei Jorrois (2. Juni) ausgezeichnete Dienste, die durch den St. Annenorden 3. Classe am Degen anerkannt wurden. Bei einem nächtlichen Ueberfall gerieth er in schwedische Gefangenschaft, wurde nach Uleaborg, dann nach Torneo und weiter nach Pitra transportirt und demnächst ausgewechselt (Anfang 1809). Inzwischen hatten die Russen Uleaborg genommen; W. wurde vom General Tutschkow zum Platzadjutanten daselbst ernannt und blieb in dieser Stellung, bis er im Mai 1810 von dem Prinzen Georg von Oldenburg, dem Gemahl der Großfürstin Katharina, zu seinem Adjutanten erwählt und gleichzeitig in das Preobaschenskische Garderegiment versetzt wurde, was zugleich ein Avancement um zwei Grade bedeutete. Im September 1810 wurde er von dem Prinzen als Courier nach Oldenburg geschickt, um dem Herzog die Geburt eines Enkels anzuzeigen. Beim Ausbruch des französischen Krieges von dem General Barklay zum Adjutanten erbeten, focht er in der Schlacht bei Smolensk (17. August 1812), rettete bei Valutina-Gera einen Artilleriepark, wofür er zum Stabscapitän befördert wurde, und nahm an der Schlacht von Borodino (7. September) theil, wo er sich den Wladimirorden verdiente, sowie an der Schlacht bei Tarutino (18. October). Nach dem Tode des Prinzen Georg (27. December 1812), dessen Leiche er von Twer nach Petersburg zu geleiten hatte, trat er, vor kurzem zum wirklichen Capitän von der Garde ernannt, im Januar 1813 als Oberstlieutenant in die von dem Herzog von Oldenburg gebildete russisch-deutsche Legion, befehligte in der Schlacht bei der Göhrde (16. September 1813) die aus drei Bataillonen gebildete dritte Brigade, wofür ihm der St. Annenorden zweiter Classe verliehen wurde, und [169] nahm an den weiteren Operationen des Generals Wallmoden im nördlichen Deutschland theil. Nach dem Abschluß des Kieler Friedens (Januar 1814) wurde W., inzwischen zum Obersten befördert, von Wallmoden in das Hauptquartier des Kaisers Alexander gesandt, um wegen der Zukunft der Legion Instruction einzuholen, und war, nachdem die Uebernahme derselben in die preußische Armee beschlossen war (14. Juni), im Begriff, in die russische Armee zurückzutreten, als er von dem Antrage des Herzogs von Oldenburg überrascht wurde, die Organisation und das Commando des in der Formation begriffenen oldenburgischen Militärs zu übernehmen. Trotz der glänzenden Aussichten, die ihn, den 33jährigen Obersten, im Auslande locken konnten, willigte er ein (August 1814) und hatte die Genugthuung, im Kriege gegen Frankreich (1815) sein Regiment ins Feld zu führen, welches bei den Belagerungen von Sedan und Mézières Gelegenheit fand, seine Tüchtigkeit zu beweisen. W. wurde der Orden pour le mérite zu theil. – In den dann folgenden Friedensjahren war W. unablässig und erfolgreich bemüht, die Ausbildung der Truppen zu fördern und insbesondere das Officiercorps zu heben. Im Anfange der dreißiger Jahre änderte sich seine Stellung, indem er infolge der unter dem Großherzog August eingeleiteten Neuformation des Militärwesens zum Generalmajor und Brigadecommandeur ernannt wurde. Im J. 1834 traten die drei Hansestädte mit Oldenburg in einen gemeinsamen Brigadeverband, W. wurde an die Spitze desselben berufen. – Seit der Rückkehr in die Heimath betrieb W. neben der militärischen Thätigkeit eifrig das Studium der Alterthümer und der Geschichte seines engeren Vaterlandes. Er erforschte die Spuren der Römerzüge, untersuchte die Denkmäler der Heidenzeit und des Mittelalters, sammelte, was sich an Waffen, Münzen u. s. w. der Vorzeit fand und theilte die Resultate seiner Forschungen in zahlreichen Abhandlungen durch die „Oldenburgischen Blätter“ seinen Landsleuten mit. – W. starb zu Oldenburg am 29. Mai 1838 nach 5monatlicher schwerer Krankheit, hochgeehrt und geliebt von allen Kreisen der Bevölkerung. Seit dem Frühjahr 1816 war er mit einer Tochter des Kaufmanns und Rathsherrn Hegeler in Oldenburg verheirathet. Die Ehe blieb kinderlos. – „Er war“ – so schildert ihn ein Nachruf – „ein Charakter! Er verstand es, stark und fest zu wollen, und niemals für sich selbst! Er war ein Baum, in dessen Schatten es sich sicher ruhen ließ. Da liegt das Geheimniß seines Wirkens, da der Magnet, der ihm die Gemüther der Menschen herbeizog und unterwarf, der Scharen hinter seinen Sarg und aus tausend Augen Thränen lockt, wenn sein Name genannt wird. Nie hat eine eigennützige Schwäche seine reine Seeele befleckt.“

Leben des Großherzl. Oldenburgischen Generalmajors W. G. F. Wardenburg, herausgegeben von einem Bruder des Verstorbenen (dem Superintendenten A. L. Wardenburg), Oldenburg 1842. – Aus dem Leben des Generals Wardenburg. Drei Vorträge (von Mosle). Oldenburg 1863.