ADB:Varnbüler, Johann Konrad

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Varnbüler, Johann Konrad“ von Friedrich Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 39 (1895), S. 496–498, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Varnb%C3%BCler,_Johann_Konrad&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 00:08 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 39 (1895), S. 496–498 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Konrad Varnbüler in der Wikipedia
Johann Konrad Varnbüler in Wikidata
GND-Nummer 102512663
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|39|496|498|Varnbüler, Johann Konrad|Friedrich Wintterlin|ADB:Varnbüler, Johann Konrad}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=102512663}}    

Varnbüler: Johann Konrad V., württemb. Staatsmann, wurde geboren zu Stuttgart am 26. November 1595. Seine Eltern waren Ulrich V., württemb. Oberraths- und Ehegerichts-Secretär (Sohn von Nikolaus V., s. u.), und Agnes geb. v. Königsbach. Im J. 1609 kam V. nach Tübingen, wo er zunächst seine allgemein humanistischen Kenntnisse vervollkommnete, sodann vom Jahre 1613–1617 Rechtswissenschaft studirte. Zu seiner weiteren Ausbildung ging er nach Wien, war dort einige Zeit als Advocat beim Reichshofrath thätig und übernahm im J. 1619 eine Stelle als Secretär bei der Vormundschaft der österreichischen adeligen Familie Weyß. Seine anerkannte Tüchtigkeit verschaffte ihm einen Ruf zum Secretär bei den Ständen von Oesterreich unter der Enns. Allein die Dinge ließen sich nunmehr in Oesterreich für die Augsburgischen Confessionsverwandten immer ungünstiger an und so kehrte V. im J. 1624 in die Heimat zurück. Der damalige vormundschaftliche Regent Württembergs, Herzog Julius Friedrich, ernannte ihn im J. 1632 auf die Stelle seines inzwischen gestorbenen Vaters. Mit dem folgenden Jahre (1633) begann für V. ein beinahe ununterbrochenes Wanderleben im Dienste seines Herzogs, in dessen Verlauf er sich hervorragende Verdienste um Württemberg und um die Herstellung des Friedens in Deutschland überhaupt erwarb. Zuerst begleitete er als Secretär die württembergischen Räthe zu den Verhandlungen, welche zum Heilbronner Bündniß vom 13. April 1633 führten. Auf den Wunsch Oxenstierna’s und der übrigen Conföderirten überließ Eberhard III. V. der Heilbronner Conföderation als Secretär des dem schwedischen Kanzler von den Verbündeten als Kriegsrath zur Seite gestellten sog. consilium formatum. V. zog mit seiner Familie nach Frankfurt und trat in die engsten Beziehungen zu Schweden. Allein der Ausgang der Nördlinger Schlacht machte alle politischen und persönlichen Hoffnungen der Anhänger Schwedens zunächst zu nichte. Das consilium formatum löste sich auf. Rückkehr nach Württemberg war unmöglich, da der Herzog nach Straßburg geflohen war und das Land in den Händen der Kaiserlichen sich befand. So war nun V. während der nächsten Jahre an den verschiedensten deutschen Höfen unermüdlich thätig, die Wiedereinsetzung seines vom Prager Frieden (1635) ausgeschlossenen Herzogs in sein Land zu bewirken. Die seitens des restituirten (1638) Herzogs alsbald erfolgte Ernennung zum Regierungsrath, zwei Jahre später zum Geheimen Rath und das Geschenk eines Hauses in Stuttgart zeigen, daß der Fürst Varnbüler’s Antheil an seiner Wiedereinsetzung nicht gering schätzte. Zu den Friedensverhandlungen, welche im J. 1643 zu Osnabrück und Münster begonnen hatten, sandte der Herzog von Württemberg seinen Kanzler Burkhard und V. Burkhard sollte in erster Linie in Münster, V. ebenso in Osnabrück thätig sein. Für die Gesandten der [497] kleineren Fürsten mußte zunächst die Zulassung zu den Berathungen erwirkt werden, worauf der Kaiser, der anfangs nur die Kurfürsten dabei haben wollte, erst Ende 1645 einging. Bei Württemberg handelte es sich insbesondere um die umfassende Wiedererlangung der von Oesterreich, seinen Ministern und Generalen, katholischen Prälaten und Mönchen in Besitz genommenen Herrschaften und Klostergüter. Hierfür war von Oesterreich keine große Geneigtheit zu erwarten. Auch Frankreich wollte den Katholischen nichts entziehen. Sich ganz offen an Schweden anzuschließen, hatte angesichts der noch im Lande befindlichen kaiserlichen Truppen ebenfalls seine Bedenken. Varnbüler’s Verdienst ist es, daß er als den einzig möglichen Weg zum Ziel doch diesen Anschluß an Schweden erkannte. In solchem Sinne war er gegen den Versuch eines Separatabkommens seines Herzogs mit Oesterreich. Es gelang ihm, des schwedischen Gesandten Joh. Oxenstierna’s, eines Sohnes des berühmten Kanzlers, persönliche Freundschaft zu gewinnen und ihn zu überzeugen, daß die volle Restitution des Wütttemberger Bundesgenossen eine Ehrensache für die Krone Schweden sei. Neben der Fürsorge für die speciell württembergische Angelegenheit entwickelte V. überhaupt eine umfassende Thätigkeit in ausgleichendem und vermittelndem Sinne und war stets bemüht den öfter drohenden Abbruch der Friedensverhandlungen zu verhindern, so daß auch der kaiserliche Bevollmächtigte Graf Trauttmansdorff ihm sein Zutrauen schenkte. Als endlich der Abschluß des Friedens gelungen war, konnte Pfalzgraf Karl Gustav mit Recht an den Herzog von Württemberg schreiben: „Wie vorsichtig und sorgfältig E. L. Restitutionssache Varenbüler auch noch bei den Westphälischen Friedenstractaten geführt, gibt das Instrumentum pacis zu erkennen, darin keinem einzigen Stand des Reichs mit solchen klaren deutlichen undisputirlichen Worten specialiter ja in individuo aller Orten wie E. Lbden. prospizirt worden“, fand sich doch die volle Restitution des Herzogs in dem Instrumentum pacis, dessen Entwurf die Schweden V. vor der Uebergabe mitgetheilt hatten, damit er die Interessen seines Herrn wahrnehmen könne. Der letztere brachte durch Verleihung des erblichen Besitzes des Ritterguts Hemmingen V. gegenüber seine dankbare Anerkennung zum Ausdruck. Auch bei den Nürnberger Zusammenkünften, wo das Friedensvollstreckungsgeschäft betrieben wurde, vertrat V. seinen Herzog, hatte aber hier als Freund Schwedens unter dem Mißtrauen der kaiserlichen Abgesandten, trotz mannichfacher Anerkennung seiner Geschicklichkeit auch von dieser Seite, zu leiden. Krankheitshalber mußte er sich vor Abschluß der Verhandlungen abberufen lassen. Im November 1650 führte ihn der Auftrag, die Reichslehen für den Herzog zu erlangen, zusammen mit dem Landhofmeister Grafen Kastel nach Wien. Er wurde dort mit Auszeichnung behandelt, erhielt eine goldene Gnadenkette, Erneuerung des alten Adels mit dem Zusatz von und zu Hemmingen, worauf ihn (1652) die Reichsritterschaft in ihren Verband aufnahm, und wurde zum kaiserlichen Pfalzgrafen ernannt. Im J. 1652 nahm ihn der Herzog Eberhard auf den Reichstag nach Regensburg mit. Nachdem V. unter mannichfachen Schwierigkeiten im Sinne der Erhaltung der Bestimmungen des Westfälischen Friedens mit Erfolg thätig gewesen, mußte er, abermals von Krankheit befallen, vor dem Ende des Reichstags nach Hause zurückkehren. Im selben Jahre (1652) ernannte ihn der Herzog noch zum Obervogt von Leonberg, was als besondere Auszeichnung galt. Seine letzten Lebensjahre waren durch eine schmerzhafte und langwierige Krankheit getrübt. Am 10. April 1657 starb er zu Stuttgart. – V. verheirathete sich in erster Ehe im J. 1624 mit Anna, der Wittwe des württemb. Raths Langjahr, einer geb. Buchner v. Buchberg aus Oesterreich, welche ihm nach dritthalbjähriger Ehe an den Folgen einer Geburt, gleichzeitig mit dem Kinde selbst, durch den [498] Tod entrissen wurde. Im J. 1628 schloß er eine zweite Ehe mit Susanna geb. Beck von Nürnberg, welche zwei Jahre vor dem Gatten (1655) starb. Dieser Ehe entstammten 6 Söhne und 5 Töchter, von welchen 5 Söhne und 4 Töchter den Vater überlebten.

Cippus bonae memoriae J. C. V. erectus a Magno Hesenthaler. Tubingae 1657. – Zwei Leichenpredigten v. Schübel und Weinmann. Stuttgart 1657. – Sattler’s Geschichte v. Würt. unter den Herzogen. Thl. 7, 8, 9. – Pfaff, Wirtenbergischer Plutarch. Eßlingen 1830, S. 120 ff.