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Artikel „Trumpp, Ernst“ von Fritz Hommel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 38 (1894), S. 687–689, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Trumpp,_Ernst&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 05:56 Uhr UTC)
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Band 38 (1894), S. 687–689 (Quelle).
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Trumpp: Ernst T., Orientalist, wurde geboren zu Ilsfeld bei Besigheim in Württemberg am 13. März 1828. Obwol er erst in seinem 13. Lebensjahre anfing, lateinisch und griechisch zu lernen, bestand er doch schon vier Jahre darauf als der siebente unter sechzig die Absolutorialprüfung, die ihm als künftigem Theologen einen Platz im Stift in Tübingen sicherte. Während seiner Studienzeit, die er mit einem glänzenden Examen abschloß, trieb er bereits (unter Roth und Ewald) eifrig Sanskrit und Arabisch, und wurde dann, nachdem er kurze Zeit in seiner Heimath Vicar gewesen war, 1849 durch den Wirbel der kurz vorhergegangenen politischen Bewegungen nach England verschlagen, wo er bald, durch Sir Edwin Norris empfohlen, Bibliotheksassistent am East India House wurde. Dadurch wurde seine Aufmerksamkeit mehr und mehr auf das ausschließliche Studium der indischen Sprachen, besonders der neueren Dialekte, gezogen; und als die Kirchliche Missionsgesellschaft im J. 1852 einen Gelehrten suchte, der verschiedene dieser Sprachen grammatisch und lexikalisch zunächst für Missionszwecke, aber ebenso auch für Gelehrte zugänglicher machen sollte, da konnte die Wahl des Comités auf keinen geeigneteren und befähigteren als auf T. fallen, der denn auch mit Freuden diese Gelegenheit annahm, das längst ersehnte Ziel seines Strebens, das Wunderland Indien, selbst zu besuchen. Kurrachee (Kuratschi), die Hauptstadt der Provinz Sindh, war die erste Station seines so erfolgreichen indischen Wirkens. Die Frucht seiner dortigen Thätigkeit war die 1858 erschienene Sindhi Grammar und ein Sindhi-Lesebuch; ferner benutzte er diesen Aufenthalt, mit einem gelehrten Perser eifrig sich ins Neupersische einzustudiren, so daß er eine persische Uebersetzung des Common prayer book für seine Missionsgesellschaft veröffentlichen konnte. Dazwischen fällt auch ein zu seiner Erholung im Mai 1856 unternommener Besuch in Jerusalem und seine erste Verheirathung mit einer geborenen Baslerin. Leider starb seine Gattin schon 1857 am ersten Wochenbett infolge der Aufregung des grade ausgebrochenen indischen Aufstands, und T. kehrte daraufhin körperlich und geistig fast gebrochen nach Europa zurück, wo er sich indeß bald wieder erholte und 1858 mit seiner zweiten Gattin, Luise, einer geb. Pelargus von Stuttgart, die ihm während seines ganzen Lebens als treue Genossin und Helferin zur Seite stehn durfte, nach Indien zurückkehrte.

Diesmal war Peschawar an der indisch-afghanischen Grenze das Reise- und Arbeitsziel; die später (1873) erschienene Pushtu Grammar, die erste wissenschaftliche Darstellung der das Mittelglied zwischen dem Eranischen und Indischen bildenden interessanten Sprache, war das Hauptresultat dieser seiner Thätigkeit in Peschawar. Daneben widmete er sich mit großem Eifer dem Missionsberuf unter den dort lebenden Afghanen und Persern und fand sogar noch Zeit, die bis dahin ganz unbekannte Kafirsprache zum ersten Male darzustellen (erschienen im Journal of the R. Asiatic Society, 1868).

[688] Seiner Gesundheit halber mußte T. jedoch schon nach 1½-jähriger Wirksamkeit Peschawar und überhaupt Indien verlassen (1860). Zunächst verlebte er in Stuttgart drei Jahre mit Verarbeitung seiner linguistischen Resultate, um dann sechs weitere Jahre gesegneten Wirkens in Pfullingen, an den romantischen Abhängen der rauhen Alb, als Diakonus zu verbringen.

Noch einmal rief ihn seine Wissenschaft nach Indien, und zwar war es diesmal die englische Regierung selbst, die ihn 1870 beauftragte, das in der alten Gurmukhisprache geschriebene heilige Religionsbuch der Sikh-Secte, den Adi Granth, ins Englische zu übersetzen. Er unterzog sich den äußerst mühseligen und große Geistesanstrengung und Fleiß erfordernden Vorarbeiten dazu in der indischen Universitätsstadt Lahore, wo er zwei Jahre, fern von den Seinen zubrachte. Im J. 1872 kehrte er nach Württemberg zurück, um in Tübingen die Uebersetzung auszuarbeiten, zu der er sich Grammatik und Lexikon erst selber hatte anfertigen müssen; daneben wirkte er dort von März 1873 bis August 1874 an der Universität als Privatdocent für orientalische Sprachen, wovon außer anderm auch eine semitistische, 1874 in der Zeitschrift der Deutschen Morgenl. Gesellsch. erschienene Abhandlung über den Accent des Aethiopischen, die geradezu als epochemachend für das Verständniß dieser Sprache gelten darf, rühmliches Zeugniß ablegt.

Sein eigentliches Lebenswerk ist jedoch die 1877 erschienene Uebersetzung des Adi Granth (mit einer umfangreichen, allein 137 Seiten füllenden Einleitung), und es ist nur zu bedauern, daß es ihm späterhin nicht mehr vergönnt war, die Grammatik und das Lexikon der Gurmukhisprache (einer der ältesten Formen der neuindischen Idiome, dieser philologisch so wichtigen Tochtersprachen des Sanskrit) zum Druck auszuarbeiten. Denn bald sollten den vielseitigen Mann andere, an seine Tübinger Privatdocentur anknüpfende Aufgaben auf ein ganz verschiedenartiges Thätigkeitsfeld rufen. Es wurde ihm nämlich im Jahre 1874 die Professur für semitische Sprachen an der Münchener Universität übertragen. Hier legte er sich mit großem Eifer und wahrem Bienenfleiße auf das so schwierige Gebiet der arabischen Nationalgrammatik; eine Reihe von Vorarbeiten zu einem von ihm geplanten größeren umfassenden Werke über die arabische Grammatik wurden von ihm in den Sitzungsberichten der Münchener Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er schon im J. 1873 geworden war, nach und nach veröffentlicht. Seine Begeisterung und hohe Begabung für rein grammatikalische Untersuchungen, die ihn so Großes in den verschiedensten Gebieten leisten ließen, hatten ihn zu diesen Studien, für die er sich schon seit seinen Universitätsjahren interessirt hatte, geführt, und seine angeborene und von aufrichtiger Herzensfrömmigkeit genährte Gewissenhaftigkeit ließ es ihm als Pflicht erscheinen, den ihm übertragenen Lehrberuf nun auch mit einer vor allem das Arabische umfassenden schriftstellerischen Thätigkeit verbinden zu sollen. Aber an dem schwierigen und leider auch ziemlich unfruchtbaren Stoff, der eine intensive Beschäftigung schon von der Universitätszeit an erfordert, scheiterten die Kräfte des schon im reiferen Mannesalter stehenden Gelehrten, die zudem von Indien her schon einen ziemlichen Stoß erhalten hatten. Ein tieferes Leiden, das schließlich in Erblindung und endlich in Geistesumnachtung endete, trübte seine letzten Lebensjahre, bis er am 5. April 1885 durch einen sanften Tod erlöst wurde.

Seine Verdienste im Gebiet der neuindischen Philologie, als deren Begründer er mit Fug und Recht gelten darf, werden ihm stets einen ehrenvollen Platz in den Reihen der Orientalisten unseres Jahrhunderts sichern; unter den als Gelehrten wirkenden Missionaren steht er geradezu unerreicht da; seine Vielseitigkeit, die auch dem semitischen und turanischen Sprachgebiete geschätzte Beiträge [689] von bleibender Bedeutung lieferte, ist trotz einer gewissen sich allzusehr ins rein grammatische verbohrenden Einseitigkeit dennoch zu bewundern. Am meisten aber wird den Herzen derer, die ihm, dem stillen, wenig weltläufigen Manne, näher treten durften, seine unbestechliche Wahrheitsliebe, Charakterfestigkeit, Treue und Frömmigkeit unvergessen bleiben; sein Christenthum war ein ungeheucheltes und hat sich auch praktisch, so in gar manchen Acten edelster Wohlthätigkeit, von denen die Außenwelt nie etwas erfuhr, bethätigt.