Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Tetsch, Karl Ludwig“ von Heinrich Diederichs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 592–593, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tetsch,_Karl_Ludwig&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 17:51 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Tettau, Daniel von
Band 37 (1894), S. 592–593 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Oktober 2018, suchen)
Karl Ludwig Tetsch in Wikidata
GND-Nummer 104180803
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|37|592|593|Tetsch, Karl Ludwig|Heinrich Diederichs|ADB:Tetsch, Karl Ludwig}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=104180803}}    

Tetsch: Karl Ludwig T., kurländischer Kirchenhistoriker, war geboren zu Königsberg in Preußen am 12. April 1708. 1720 im 13. Lebensjahre bezog er die Universität seiner Vaterstadt, um Theologie zu studiren, floh aber 1723 zusammen mit Joh. Chr. Gottsched aus Furcht, zum Soldaten gepreßt zu werden, da er von stattlicher Körpergröße war, nach Danzig, wo er sein Studium fortsetzte. Darauf ging er 1724 nach Rostock, wurde hier 1728 Magister der Philosophie und hielt dann an der Universität zwei Jahre lang philosophische Vorlesungen. Hierauf besuchte er noch einige Universitäten (welche, sagt er nicht) und die angesehensten Städte in Niedersachsen und reiste dann 1730 nach Libau in Kurland. Hier verbrachte er einige Zeit bei seinem hochbetagten Verwandten, dem kurländischen Geheimenrath Michael Ruprecht, und wurde sodann 1732 Adjunct des deutschen Pastor-Primarius der Stadt. 1739 nach dem Tode seines Seniors wurde er dessen Nachfolger als Primarius und bekleidete dieses Amt bis zum Jahre 1766. Er legte 1742 den Grundstein zu der Dreifaltigkeitskirche in Libau und war 1758 bei ihrer Einweihung thätig. Wegen steigender Kränklichkeit legte er sein Amt nieder und starb am 11. April [593] 1771 in Libau. Durch seine kirchenhistorischen Arbeiten hat sich T. ein bleibendes Verdienst um die Geschichte seiner zweiten Heimath erworben. Außer einigen Aufsätzen „über den Zustand der Evangelischen in Curland“ und „die herrenhutischen Bewegungen in Lievland und Curland“, welche er in den Weimar’schen Acta historico-ecclesiastica veröffentlichte, verfaßte er zunächst 1743 einen „Ersten Versuch Curlaendischer Kirchengeschichte, worinnen der Anfang und Fortgang der Kirche Gottes zu Libau dargestellt wird“. Diesen Versuch nahm er dann später umgearbeitet in sein Hauptwerk, die „Curlaendische Kirchengeschichte“ auf, welche in drei Theilen 1767–1770 erschien. Dieses noch heute unentbehrliche Werk gibt nach einer Darstellung des Religionszustandes in Kurland während des Mittelalters eine Geschichte der Reformation und der Begründung der evangelischen Kirche durch Herzog Gotthard Kettler, woran sich mehr oder weniger ausführliche Lebensschilderungen der kurländischen Superintendenten bis auf des Verfassers Zeit schließen. Leider hat T. in den folgenden Theilen nicht die Geschichte der kurländischen Kirche seit dem Tode Herzog Gotthard’s im Zusammenhange dargestellt, sondern er gibt nur eine Reihe von Monographieen über einzelne Kirchen, Streitigkeiten, Bibelübersetzungen und Biographieen einzelner um die Landeskirche besonders verdienter Personen, wie Salomon Henning. Diese Abhandlungen, wie werthvoll und verdienstlich sie auch sind, können doch eine zusammenfasseude Geschichte der Kirche Kurlands nicht ersetzen. Vielleicht hat T. in dem vierten Theile seines Werkes, den er vollständig ausgearbeitet im Manuscript hinterließ, das Fehlende einigermaßen nachgeholt; leider ist dieser aber verloren gegangen, wenigstens sind alle Nachforschungen nach ihm bis jetzt vergeblich gewesen. Dasselbe Loos hat seine kurländische Münzgeschichte, welche er ebenfalls handschriftlich hinterließ, getroffen. T. war ein fleißiger Sammler und hat viele bis dahin unbekannte Urkunden zusammengebracht und verwerthet; dagegen ist Kritik nicht seine Stärke. In dem die mittelalterliche Zeit behandelnden Abschnitt, jetzt vielfach veraltet und den gegenwärtigen Ansprüchen an ein solches Werk überhaupt nicht genügend, ist Tetsch’s Buch doch als reiche Stoffsammlung und als durch keine neuere Arbeit ersetzt für jeden, der sich mit der Kirchengeschichte Kurlands beschäftigt, unentbehrlich. Th. Kallmeyer, † 1859, der wie kein Anderer dazu berufen war, eine allen Anforderungen entsprechende Kirchengeschichte Kurlands zu schreiben, ist durch einen frühen Tod an der Ausführung dieses Vorhabens verhindert worden. Seine Arbeiten „über die Einführung des Christenthums in Kurland im 13. Jahrhundert“ und über „die Begründung der evangelischen Kirche unter Herzog Gotthard“ sind ausgezeichnete Vorarbeiten zu einem solchen Werke. Ebenso bietet sein nachgelassenes und von Dr. G. Otto herausgegebenes und wesentlich ergänztes Werk: Die evangelischen Kirchen und Prediger Kurlands, 1890, einem künftigen Bearbeiter reiches Material. T. aber wird immer der Ruhm bleiben, der Begründer der kurländischen Kirchengeschichte gewesen zu sein.

K. L. Tetsch’s Selbstbiographie in seiner Kirchengeschichte II, 133–145. – F. K. Gadebusch, Abhandlung von lievländischen Geschichtsschreibern 1772, S. 222–238. – Recke und Napiersky, Schriftstellerlexikon IV, 354–56.