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Artikel „Strigel“ von Wilhelm Schmidt (Kunsthistoriker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 589–590, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Strigel&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 23:25 Uhr UTC)
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Strigel, Malerfamilie in Memmingen des 15. und 16. Jahrhunderts.

Hans St., Maler, kommt 1433 in einer Memminger Urkunde vor. Er mag identisch sein mit dem Hans St., von dem ein hölzern gemaltes Altarwerk (von 1442) in der Kirche von Zell bei Staufen existirt. Ein Sohn von ihm war Ivo St., von dem die mittelalterliche Sammlung zu Basel kürzlich einen Schnitzaltar aus S. Maria im Val Calanca in Graubünden erwarb. Ivo war, als er es malte (1512), 81 Jahre alt.

[590] Von einem Claus St. besitzt die Münchener Frauenkirche zwei Altarflügel mit den Heiligen Achatius und Urbanus vom Jahre 1500. Unbedeutende, an Zeitblom erinnernde Gemälde.

Wahrscheinlich ein Sohn des Ivo und vielleicht ein Bruder des Claus war Bernhard St., der bedeutendste Künstler der Familie. Er ist 1460–1461 zu Memmingen geboren. Seine unzweifelhafte Verwandtschaft mit B. Zeitblom in Ulm macht es wahrscheinlich, daß er bei diesem einige Zeit gearbeitet habe. Im J. 1506 ist er zuerst in Memmingen urkundlich bezeugt. St., der mit der linken Hand malte, erfreute sich bereits damals eines Rufes und war mindestens schon 1507 für den Kaiser Maximilian I. thätig. Im Auftrage dieses Fürsten machte er wiederholt Reisen nach Augsburg, Innsbruck und Wien, an welch letzterm Orte er 1520 bezeugt ist. In seiner Vaterstadt bekleidete er viele Ehrenstellen, und der Rath schickte ihn wiederholt mit Aufträgen an andere Städte.

Bernhard Strigel’s Werke sind sehr zahlreich. Man erkennt sie ziemlich leicht an dem spitzigen Kinn seiner Figuren, den meist häßlichen Händen und dem unangenehmen Knitterwerk. Doch verfügte er über eine klare, warme Farbe. Früher gingen seine Bilder unter dem Namen „Meister der Hirscher’schen Sammlung“, weil der verstorbene Domcapitular Hirscher in Freiburg i. Br. eine größere Anzahl dieser besaß. Der Name des Künstlers wurde erst durch W. Bode auf der Rückseite eines Bildes des Berliner Museums (Rath Cuspinian und seine Familie von 1520) entdeckt.

Wie bemerkt steht Bernhard unter dem Einflusse des B. Zeitblom, mit dem er sich jedoch nicht messen kann. Die größere Entwicklung der Malerei im Beginne des 16. Jahrhunderts wirkte auch auf ihn einigermaßen. Seinen religiösen Bildern sind seine Porträts vorzuziehen. Hier hielt er sich doch näher an die schlichte Natur, und seine klare tiefgestimmte Farbe kam ihm sehr zu statten. Größere Feinheiten der Beobachtung und Malerei wird man allerdings auch bei ihm vermissen. Werke von ihm findet man in zahlreichen Galerien; besonders interessante besitzt Berlin (vier Altarflügel von 1515), Wien, München, Nürnberg, Karlsruhe etc. Auch im Schloß Tratzberg in Tirol finden sich Werke, und das Kloster Wilten bei Innsbruck besitzt von ihm eine allegorische Tafel von 1521, die, etwas decorativ gemalt, ein gutes Beispiel seines späteren, breitern Stiles ist. R. Vischer glaubt auch, daß St. einen Theil der Wandgemälde im Kreuzgang des Franciscanerklosters zu Schwaz gemalt habe. Von seinen Bildnissen sind hervorzuheben die Porträts Maximilian’s I. und seiner Familie in der k. k. Sammlung zu Wien, das Bildniß des Königs Ludwig II. von Ungarn (1524), daselbst das Ferdinands I. zu Rovigo (1525), der schon genannte Cuspinian in Berlin etc. Besonders interessant sind die lebensgroßen Bildnisse des Augsburger Patriciers Konrad Rehlinger von 1517 (Münchener Pinakothek), die schon die spätere Manier des Künstlers kenntlich andeuten.

Für die Kenntniß B. Strigel’s hat R. Vischer die bedeutendsten Verdienste; Artikel von ihm finden sich u. a. in der Allgemeinen Zeitung 1881 und dem Jahrbuch der preußischen Kunstsammlungen VI, 1885. Scheibler und Bode hatten schon im II. Bande des Jahrbuches der preuß. Kunstsamml. 1881 eine erste Uebersicht der Malereien Strigel’s gegeben. Vgl. auch meine Bemerkung im Repertorium für Kunstwissenschaft 1888, XI, 357.