ADB:Strempel, Johann Karl Friedrich

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Strempel, Joh. Karl Friedrich“ von Adolf Hofmeister in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 573–575, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Strempel,_Johann_Karl_Friedrich&oldid=- (Version vom 8. Oktober 2024, 12:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Streitt, Franz
Band 36 (1893), S. 573–575 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Carl Strempel in der Wikipedia
Carl Strempel in Wikidata
GND-Nummer 121167534
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|36|573|575|Strempel, Joh. Karl Friedrich|Adolf Hofmeister|ADB:Strempel, Johann Karl Friedrich}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=121167534}}    

Strempel: Joh. Karl Friedrich St., geboren am 20. August 1800 zu Bössow bei Grevesmühlen, † am 29. August 1872 zu Ludwigslust, namhafter Kliniker und Operateur. Sohn eines Landgeistlichen, widmete er sich naturwissenschaftlichen und medicinischen Studien, denen er in Rostock und Berlin mit Eifer oblag. An letzterer Universität erwarb er 1822 die medicinische [574] Doctorwürde. Nachdem er kurze Zeit in Schwerin prakticirt hatte, siedelte er 1825 nach Rostock über, wo er sich bald allgemeines Vertrauen erwarb. Neben einer durch glänzende Erfolge ausgezeichneten praktischen Wirksamkeit vernachlässigte er aber keineswegs das rein wissenschaftliche Studium und trat als Privatdocent in die akademische Laufbahn ein. Schon zu Ostern 1826 übertrug ihm der Rath der Stadt Rostock eine ordentliche Professur und eröffnete ihm so einen ausgedehnten Wirkungskreis, der sich noch erweiterte, als im Jahr darauf das Patronat der Hochschule gänzlich auf den Landesherrn überging und somit an die Stelle einer zweigetheilten, mitunter auch zwiespältigen Verwaltung ein einziger zielbewußter Wille trat. Es fehlte der Universität zur Zeit so ziemlich an allem, was zur Förderung und praktischen Verwerthung der naturwissenschaftlichen und medicinischen Disciplinen dienen konnte. Eine kleine naturwissenschaftliche Sammlung und ein sehr bescheidenes anatomisches Institut war alles; nicht einmal ein Krankenhaus stand der Universität zur Verfügung, da die Stadt selbst nur ein kleines, für klinische Zwecke durchaus ungeeignetes Armen-Krankenhaus besaß. Unter solchen Umständen war ein ersprießlicher medicinischer Unterricht kaum möglich. Strempel’s Verdienst ist es, unermüdlich, in immer und immer wiederholten Vorstellungen auf die Nothwendigkeit besonderer Institute hingewiesen zu haben. Der Erfolg blieb nicht aus und man kann wol mit Recht behaupten, daß seiner Anregung und seinem persönlichen Vorgange mehr oder minder alle die jetzt in Rostock bestehenden mannichfaltigen medicinischen Anstalten ihre erste Entstehung verdanken. Schon 1828 hatte er mit eigenen Opfern die Errichtung einer anfänglich nur in kleinen Abmessungen gehaltenen, in gemietheten Räumen untergebrachten Klinik möglich gemacht, die bald heranwuchs, bei Abbruch des alten städtischen Krankenhauses auch dessen Insassen aufnahm und schließlich in dem 1855 eröffneten, unter Strempel’s eifrigster Mitwirkung ins Leben getretenen neuen städtischen Krankenhause aufging. Eine geburtshülfliche Klinik und Unterrichtsanstalt für Hebammen war schon 1837 damit verbunden worden, ebenso eine kleine Station für Augenleiden, da St. als Operateur bei Schielen und Staarleiden sehr großen Ruf besaß. Doch nicht nur rein medicinische, auch andere wissenschaftliche Institute haben dem weiten Blick und dem unablässigen Bemühen Strempel’s ihre Entstehung oder Förderung zu danken, wie das naturhistorische Museum, das chemische Laboratorium und das astronomische Observatorium. In Anerkennung dieser seiner hervorragenden Verdienste wurde er 1838 zum Obermedicinalrath ernannt.

Eine bei einer Section zugezogene nicht ungefährliche Verletzung führte ihn 1841 zur Cur nach Baden bei Wien; nach seiner Herstellung nahm er daselbst und in Wien eine Reihe dort noch ziemlich unbekannter Operationen vor, besonders Tenotomieen, die eben erst von dem eng mit ihm befreundeten Dieffenbach in Aufnahme gebracht waren, und erregte damit das größte Aufsehen in ärztlichen Kreisen, sodaß ernstlich daran gedacht wurde, ihn ganz an Wien zu fesseln. Familienverhältnisse, Anhänglichkeit an die selbst geschaffenen Institute und der ausgesprochene Wunsch des Landesherrn erhielten ihn indessen der heimathlichen Hochschule. Mit Eifer verfolgte er die Fortschritte der Wissenschaft und sorgte dafür, daß sie auch seinen Kliniken zugute kamen, wie er sich denn diesen Anstalten mit solcher Hingebung widmete, daß er seiner ausgedehnten und einträglichen Stadtpraxis um ihretwillen entsagte. Als er seine körperliche Rüstigkeit abnehmen fühlte, trat er nach und nach von der persönlichen Leitung der Kliniken zurück und überließ sie jüngeren, mit Sorgfalt selbst dazu auserlesenen Kräften: 1855 gab er die medicinische Klinik an Th. Thierfelder, 1861 die chirurgische an Simon ab und zog sich infolge zunehmender Kränklichkeit [575] allmählich ganz in die Stille zurück. Am 2. August 1872 erlebte er noch die leider durch das kurz vorher erfolgte Dahinscheiden der treuen Lebensgefährtin getrübte Freude, daß ihm zu seinem 50jährigen Doctorjubiläum von nah und fern die wärmsten Glückwünsche dargebracht wurden. Wenige Wochen darauf setzte ein sanfter Tod seinem thätigen Leben ein Ziel.

Mittheilungen von Seiten der Familie. – Krabbe, Trost- und Erinnerungsworte am Sarge, Rostock 1872. – Blanck, Die mecklenburgischen Aerzte, Schwerin 1874, S. 151 (mit Verzeichniß der von Strempel veröffentlichten Schriften). – Uffelmann, Hygienische Topographie der Stadt Rostock, Rostock 1890, S. 138 ff. – Braun, Zoologie, vergleichende Anatomie und die entsprechenden Sammlungen bei den Universitäten Bützow und Rostock, Rostock 1891, S. 28.