Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Stoy, Karl Volkmar“ von Ernst von Sallwürk in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 474–479, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stoy,_Karl_Volkmar&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 19:15 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Stoever, Johannes
Nächster>>>
Stoz, Matthäus
Band 36 (1893), S. 474–479 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Karl Volkmar Stoy in der Wikipedia
Karl Volkmar Stoy in Wikidata
GND-Nummer 115663738
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|36|474|479|Stoy, Karl Volkmar|Ernst von Sallwürk|ADB:Stoy, Karl Volkmar}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=115663738}}    

Stoy: Karl Volkmar St. nimmt in der Geschichte der deutschen Pädagogik eine bedeutsame Stelle ein als der einzige persönliche Schüler Herbart’s, der dessen pädagogische Grundsätze in großen Schulorganismen vollständig durchgeführt [475] hat, außerdem als Begründer einer höheren wissenschaftlichen und praktischen Seminarbildung im Geiste Herbart’s und als geschmackvollster pädagogischer Schriftsteller unserer Zeit. Ueber seine Jugend und den Gang seiner Bildung hat er sich selbst für die Chronik seines Seminars in folgender Weise ausgesprochen. „Er war geboren am 22. Januar 1815 zu Pegau, einem sächsischen Städtchen, wo sein Vater Archidiakonus war; er erhielt die erste Bildung und Vorbereitung zu einem wissenschaftlichen Beruf in seiner Vaterstadt durch seinen Lehrer Wange. Im zwölften Lebensjahr ward er Zögling der Landesschule zu Meißen, die er nach Ablauf des Sexenniums verließ und die Universität Leipzig bezog. Dort besuchte er mehrere Jahre theologische Vorlesungen, fühlte sich aber mehr zu philologischen Studien unter Hermann und philosophischen unter Hartenstein und Drobisch hingezogen. So verließ er die Theologie, erwarb sich 1837 die philosophische Doctorwürde und bezog die Universität Göttingen, um unter Herbart in Philosophie und Pädagogik sich weiter auszubilden. Von Göttingen führte ihn das Bedürfniß pädagogischer Praxis 1839 in die Erziehungsanstalt der Gebrüder Bender zu Weinheim an der Bergstraße. Drei und ein halbes Jahr verweilte er dort in glücklicher Thätigkeit und schied, dankesvoll, im October 1842, um sich eine Stätte akademischer Wirksamkeit zu suchen. Diese fand er in Jena. Am 22. Februar 1843 habilitirte er sich dort durch öffentliche Vertheidigung einer Dissertation.“ Die letztere handelt De auctoritate in rebus paedagogicis Platonicae Civitatis principibus tributa; sie ist in gewandtem Latein geschrieben und führt in geschickter Weise zu den pädagogischen Interessen der Gegenwart hinüber. Die angefügten Thesen sind theils dem Inhalte der Dissertation entnommen, theils bekunden sie den Herbartischen Standpunkt des Habilitanten in philosophischen und pädagogischen Dingen.

Im nämlichen Jahre starb der Director der 1833 von A. Facius in Jena gegründeten höheren Privatschule, Dr. E. A. H. Heimburg. „Diese Saat zu retten und in gleichem Sinne zu pflegen, wurde nun durch das ehrenvolle Vertrauen sämmtlicher Eltern“ St. berufen. Dieser verlegte im April 1844 die Anstalt in ein geräumigeres Haus außerhalb der Stadt, in welchem er auch „seine sämmtlichen Gehülfen am Erziehungswerke in den Kreis seiner Familie aufnehmen“ konnte, was ihm „als eine so wesentliche Bedingung für das Gedeihen seines Wirkens erschienen war, daß er ohne ihre Erfüllung die Direction zu übernehmen kaum gewagt hätte“. In diese Familie führte er 1845 Fräulein Minna Karl aus Jena als Hausmutter ein. Als St. das Institut übernahm, welches als Stoysche Erziehungsanstalt sich einen so geachteten Namen erwerben sollte, zählte es vier Lehrer und sechzig Zöglinge. Im Jahre 1850 wurden dort über hundert Knaben unterrichtet, und die Zahl der Lehrer belief sich 1863 außer dem Director und den Musiklehrern auf zwölf. 1848 erhielt die Anstalt ein neues großes Schulhaus, das mit Lehrmitteln aufs reichlichste ausgestattet wurde. Die Schüler waren 6–18 Jahre alt. Die unterste Classe, Sexta, war eine „Vor- und Spielschule, frei von allem schulmäßigen Unterricht; Bauen, Spielen, Nachsprechen, Nacherzählen wechselten zwanglos mit einander ab.“ In Quinta verweilten die Schüler zwei bis drei Jahre. Dann stiegen sie Jahr für Jahr von Quarta bis Unterprima. Von Untersecunda an trennte sich die Schule in eine humanistische und eine Realabtheilung. Diesem Plane entsprach es, daß St. den fremdsprachlichen Unterricht mit Französisch begann, während Latein ein Jahr später, in Untertertia, einsetzte, sodaß die späteren Realisten doch noch in zwei Jahrescursen die Elemente einer classischen Sprache erlernten. In Religion und Geschichte waren beide Abtheilungen immer vereint. Später sehen wir das Lateinische den fremdsprachlichen Unterricht beginnen: für die Realisten war der bloß zweijährige Unterricht in dieser Sprache doch nicht genügend [476] gewesen. Der Lehrplan der Anstalt zeichnete sich durch eine wohlthuende Einfachheit aus. Für anschauliche Behandlung des naturkundlichen Unterrichts hatte St. viel in Weinheim gelernt; den Sprachunterricht betrieb er in streng analytischer Weise, sodaß das Interesse für die ethischen Stoffe, welche er demselben zu Grunde legte, den Druck des formalen Studiums milderte. Dabei wirkten Uhland’s erzählende Gedichte „erwärmend und erleuchtend“ im deutschen Unterricht, während im griechischen „Homer der Tironen Ein und Alles“ war (Credner, die Stoy’sche Erziehungsanstalt in Jena, 1869). Die nicht in regelmäßigen Fristen erschienenen Jahresberichte der Anstalt stattete St. mit trefflich geschriebenen Abhandlungen über wichtige erzieherische Fragen aus. Im zweiten Stück dieser „pädagogischen Bekenntnisse“ (Jena, F. Frommann, 1845, S. 12) spricht er über die in seiner Schule geübte Didaktik sich so aus: „Wie sorgt die Schule dafür, daß in ihren Pfleglingen die Gedanken Leben und Bewegung gewinnen? Antwort: vornehmlich dadurch, daß sie drei Formen des Unterrichts auf einander folgen und in einander eingreifen läßt. Nämlich immer zuerst Darstellung von Anschauungen, im Naturgeschichtlichen wie im Religiösen, im Mathematischen wie im Sprachlichen, dann erst genaue Zergliederung des Mannichfaltigen bis in seine einzelnsten Theile, endlich auf der obersten Stufe Zusammenstellung des Einzelnen! Dabei unausgesetzte Uebung im Verknüpfen und Combiniren, viel Fragen und Analogieen, häufige Nachweisung des Zusammenhangs, nirgends bloßes Vorsprechen von Regeln und Reflexionen, oft Aufwerfen von Fragen und Zweifeln – denn es gilt, aus dem geistigen Schlaf aufzustören.“ Von einer solchen Durcharbeitung des Lehrstoffes erwartete er nachhaltige Wirkung auch für den sittlichen Charakter der Schüler, denen er in gleicher Absicht möglichste Freiheit, aber auch vielfache Gelegenheit zur Selbstbestimmung gewährte. Wichtig waren ihm in dieser Beziehung auch die ausgedehnten Schulreisen, welche er veranstaltete, neben der reichlichen turnerischen Uebung, welche seine Anstalt bot. Es konnte nicht ausbleiben, daß unverständiger Spott dieser zu schaden suchte; aber St. fühlte sich glücklich als Vater seiner Schulgemeinde.

Aus den kleinsten Anfängen heraus entwickelte sich Stoy’s Pädagogisches Seminar, die wirksamste und glücklichste seiner Schöpfungen. Brzoska’s viel zu weit angelegter Plan zu einem Unternehmen solcher Art (s. dessen Schrift „Die Nothwendigkeit pädagogischer Seminare auf der Universität,“ neu herausg. von Rein. Leipzig 1887, s. A. D. B. III, 458) hätte eher abschrecken können; aber St. stellte sich ganz auf eigene Füße und fing sein Werk in bescheidenster Stille an. Einige seiner Zuhörer sammelte er im Juni 1883 zu pädagogischen Besprechungen in seiner Wohnung. Die sachliche und methodische Bearbeitung der ersten Volksschulfächer war die erste Beschäftigung der kleinen Gesellschaft, in der das „älteste Mitglied“ des Stoy’schen Seminars, der um die Schullitteratur vielfach verdiente Bartholomäi († 1878), sich durch besonderen Eifer hervorthat. Bald erhob sich das Bedürfniß der praktisch-pädagogischen Uebung. Die Stadt Jena wies nun St. auf dessen Ansuchen einen Theil ihrer überfüllten Volksschule zu. Es waren Mädchenclassen, mit denen er 1845 eine ausgedehnte öffentliche Prüfung abhielt, welche sehr günstig nach außen wirkte. Um Pfingsten 1848 übergab ihm die Stadt die ganze zweite Bürgerschule, die nun an Stelle jener Mädchenschule trat. Den Lehrplan konnte er nicht ändern; aber die Methode gestaltete er von Grund aus um: er schloß Geographie an die Heimathskunde an, beschränkte die Naturgeschichte auf die Betrachtung der heimischen Naturwelt, ließ nach Modellen zeichnen, führte einen biographischen Geschichtsunterricht ein und knüpfte die schriftlichen Arbeiten im Deutschen an Erlebtes (Excursionen, Turnfeste u. s. w.) an. 1854 kaufte St. einen schönen [477] Garten im Namen der Gemeinde. Hier ließ er die Zöglinge seiner Uebungsschule arbeiten und gab ihnen das Erträgniß ihrer Mühe nach Hause mit, eine Einrichtung, die nicht wenig dazu beitrug, die anfangs zuchtlosen Knaben dem erziehenden Einflusse der Schule zugänglich zu machen. Das auf diesem Grundstücke stehende Haus erwies sich als unzureichend für die Zwecke der Schule. Nun sammelte St. Baugelder und kaufte das Ganze von der Stadt zurück, um einen Bau nach eigenem Plan aufführen zu können. Der Großherzog gestattete, daß das neue dreistöckige Haus Johann-Friedrichs-Schule genannt werde (1858). Der Erbauer aber verpflichtete sich der Stadt gegenüber, im Falle seines Ablebens oder seines Wegzuges von Jena das Schulhaus der Gemeinde unentgeltlich zu überlassen. Zu jener Zeit unterrichtete die Johann-Friedrichs-Schule 112 Knaben in drei Classen, wovon die unterste in zwei Abtheilungen zerfiel; in späteren Jahren war sie auf fünf Classen mit nahezu 200 Schülern angewachsen, welche von Stoy’s Seminaristen unter der Führung von zwei Oberlehrern unterrichtet wurden. Die Arbeit der Seminaristen war eine ziemlich ausgedehnte und wohl gegliederte. Sie hörten die Vorlesungen des Directors, der auch sonst für ihre allgemein pädagogische Weiterbildung sorgte und sie, wo Lücken im sachlichen Wissen sich zeigten, zur Ausfüllung derselben aufs sorglichste anleitete. Zahlreiche Conferenzen dienten der praktischen Ausbildung derselben und zugleich der inneren und äußeren Ordnung der Schule: das Pädagogicum behandelte allgemeine pädagogische, didaktische und psychologische Fragen, das Scholasticum die Aufgaben des Schuldienstes und der Individualpädagogik, das Prakticum führte die Seminaristen zur Erprobung der erlangten didaktischen Fertigkeit vor die Schulclassen, und das Kriticum brachte dem Seminar den Ertrag dieser Lehrübungen ein, indem zuerst der „Praktikant“ seine Leistung selbst besprach und dann die kritischen Bemerkungen des für jedes Prakticum zum voraus bestellten Recensenten anhören mußte. Bei diesen Veranlassungen zeigte St. ein außerordentliches Geschick darin, die manchmal nach den disparatesten Seiten auseinandergehende Erörterung wieder ins rechte Geleise zurückzuführen. Die empfindlichen und die mit sich selbst nicht zufriedenen Seminaristen tröstete sein heiterer gesellschaftlicher Sinn, der es ermöglichte, daß das ganze Seminar sich wie eine Familie ansah.

Bis zum Jahre des deutschen Krieges dauerten diese glücklichen Verhältnisse, die St. freilich ganz nur seiner eigenen Arbeit verdankte. Die Anerkennung der Behörden, denen sein dienstliches Wirken unterstellt war, blieb gering. 1846 war er außerordentlicher Professor, 1857 ordentlicher Honorarprofessor mit 300 Thalern Gehalt geworden. Als er für sein Seminar Staatsunterstützung erbat, dachte man daran, die Betheiligung der Theologen an dieser Anstalt einzuschränken. St. fand dieses Vorgehen entwürdigend und legte nach kurzem Besinnen seine Professur nieder. Die badische Regierung, an welche er sich jetzt wandte, übertrug ihm im April 1866 den Lehrstuhl für Pädagogik an der Universität Heidelberg mit 600 Gulden Gehalt. So wandte er dem undankbaren Jena, an dem doch sein ganzes Herz hing, im Juni dieses Jahres den Rücken. Er hatte in Jena über Logik, Einleitung in die Philosophie, Psychologie, Encyklopädie der Philosophie, über Kant und über Herbart gelesen; im Jahre 1861 war seine „Encyklopädie, Methodologie und Litteratur der Pädagogik“ erschienen (2. Aufl. 1878), ein durch Uebersichtlichkeit des Planes, Klarheit der Darstellung und einen bedeutenden Reichthum seiner Gedanken und geistvoller historischer Bemerkungen ausgezeichnetes Buch. So durfte er in Heidelberg einen freundlichen Empfang hoffen. Aber die Arbeit und die Aufregung der letzten Jahre hatte ihn ermüdet. Er beabsichtigte jetzt, „in einfacher Thätigkeit des Vortrags über das ganze Gebiet der Pädagogik und ihrer Hülfswissenschaften [478] beginnend,“ nach und nach einen befriedigenden Wirkungskreis sich zu schaffen; aber sein Seminar, die fruchtbarste Wurzel seiner Wirksamkeit, fehlte ihm. Da erhielt er im August 1867 die telegraphische Nachricht, daß er zum Director des ersten evangelischen Schullehrerseminars in Oesterreich zu Bielitz mit einer Besoldung von 1200 Gulden östr. erwählt worden sei. Der Antrag war verlockend; doch wollte St. auf seine Professur nicht verzichten. Er suchte einen halbjährigen Urlaub nach, der ihm auch (vom 1. November ab) gewährt wurde. Ueber seine ersprießliche Thätigkeit in Bielitz berichtet er selbst in einem schönen Programm („Organisation des Lehrerseminars. Ein Beitrag zur Methodologie“. Leipzig 1869), das er der evangelisch-theologischen Facultät der Universität Gießen widmete, die ihn zum Ehrendoctor ernannt hatte. Daß man seine Thätigkeit als Organisator des Seminars in Bielitz zu schätzen wußte, bekundete die 1871 durch das österreichische Unterrichtsministerium an ihn ergangene Berufung zu einer pädagogischen Conferenz in Wien, welche die Regelung des österreichischen Seminarwesens berieth.

In Heidelberg hatte St. indessen auch außerhalb seiner Vorlesungen in pädagogischen Dingen vielfache Anregung gegeben. In einem Verein akademisch gebildeter Lehrer wirkte er als belebendes und leitendes Element. Die Volksschullehrer der Universitätsstadt vereinigte er zu pädagogischen Zusammenkünften, an denen nach und nach auch entfernter Wohnende theilnahmen. Zweimal in der Woche hielt er ähnliche Zusammenkünfte in Mannheim für die dortigen Lehrer ab. In der „Allgemeinen Schulzeitung“, welche er von 1870 bis 1881 leitete, finden sich auch aus der Heidelberger Zeit treffliche Aufsätze Stoy’s. Aber die Ablehnung seines Antrages auf Errichtung eines pädagogischen Seminars durch die philosophische Facultät, die übrigens schon bei Stoy’s Berufung in einem eigenen pädagogischen Lehrstuhl kein Bedürfniß der Universität sehen wollte, und die Ausschließung des „Honorarprofessor“ von der pädagogischen Examination bei den Doctorpromotionen verstimmte ihn derart, daß er, als von Jena seine Rückkehr gewünscht wurde, im April 1874 den Entschluß faßte, seine „durchaus freundliche und friedliche und sonst höchst angenehme, aber für Pädagogik derzeit höchst ungünstige und deprimirende Stellung in Heidelberg aufzugeben.“

In jugendlichster Stimmung trat er in die alten Verhältnisse in Jena wieder ein. Nur seine Erziehungsanstalt war unterdessen in andere Hände übergegangen; Dr. Keferstein besaß sie, als St. nach Jena zurückkehrte. Im Seminar dagegen herrschte bald wieder ein rüstiges Leben; Stoy’s Schüler in Jena hatten auch während der Abwesenheit desselben den Zusammenhang mit ihm als „Stoy’s pädagogische Zweiggemeinde“ aufrecht erhalten. Ein Beweis für die allgemeine Würdigung der Stoy’schen Einrichtungen ist es, daß Ziller dieselben dem von ihm 1861 in Leipzig eröffneten pädagogischen Seminare zu Grunde legte; freilich sagte die bis ins kleinste getriebene Geschäftigkeit der Ziller’schen Schule dem die großen Hauptgedanken mit voller Freiheit ergreifenden Geiste des Pädagogen von Jena so wenig zu, daß er sie schließlich in sehr bestimmter Weise öffentlich mißbilligte. Gewisse Kränkungen, welche St. von Seiten der philosophischen Facultät widerfuhren, wurden aufgewogen durch das unleugbare Interesse, welches die Landesregierung an seiner Thätigkeit nahm. 1880 eröffnete sein Sohn Heinrich in Jena eine Erziehungsanstalt, welche den Namen der „Stoy’schen“ Schule wieder erneute. Der Vater sprach bei der feierlichen Eröffnung über die „Idee der Erziehungsanstalt“. Die Rede ist als letztes (neuntes) Stück der „pädagogischen Bekenntnisse“ (Jena 1889) gedruckt. Lebhaft beschäftigte St. in diesen Jahren die Frage der pädagogischen Vorbildung für das höhere Lehramt. Thesen darüber trug er 1876 zu Bonn, 1880 in Brüssel auf dem pädagogischen Congreß der belgischen Verfassungsfeier und 1884 in den pädagogischen [479] Conferenzen der Gesundheitsausstellung zu London vor. Es stand ihm fest, daß die Lösung der damals so lebhaft erörterten Ueberbürdungsfrage nur von einer systematischen pädagogischen Durchbildung der Lehrer der höheren Schulen zu erwarten sei. Mitten in eifrigster Thätigkeit für seine Johann-Friedrichs-Schule feierte St. seinen 70. Geburtstag. Am Tage darauf starb er an einer rasch verlaufenden Lungenentzündung (23. Januar 1885). Der pädagogischen Ueberzeugung, welche er vertrat, hat er Anerkennung in weitesten Kreisen errungen; aber die anregende Kraft seines lebendigen und freien Geistes wird noch lange Zeit nicht bloß von seinen persönlichen Freunden vermißt werden.

(Bartholomäi), das pädagogische Seminar in Jena. Leipzig 1858. – G. Credner, die Stoy’sche Erziehungsanstalt in Jena. Jena 1869. – Weilinger, das pädagogische Seminar in Jena. Jena 1878. – G. Fröhlich, Dr. K. V. Stoy’s Leben, Lehre und Wirken. Dresden 1885. – A. Bliedner, K. V. St. und das pädagogische Universitätsseminar. Leipzig 1886. – C. Andreae, Zum Andenken an Prof. Dr. K. V. Stoy. Kaiserslautern 1885 (Programm). – Außerdem Stoy’s Programme und Gelegenheitschriften. Im Obigen sind überdies handschriftliche Aufzeichnungen und amtliche Acten benutzt worden.