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Artikel „Stiedenroth, Ernst“ von Adolf Häckermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 173, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stiedenroth,_Ernst&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:57 Uhr UTC)
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Stiedenroth: Ernst St., scharfsinniger Philosoph aus der Herbart’schen Schule, ward geboren am 11. Mai 1794 zu Hannover und starb am 3. Mai 1858 zu Greifswald. Durch öffentlichen und privaten Unterricht vorbereitet, bezog er im 18. Lebensjahre die Universität Göttingen, um Theologie zu studiren, fühlte sich indessen mehr und mehr zur Philosophie hingezogen und wählte Studium und Lehre derselben schließlich zu seinem Lebensberuf. Am 6. April 1816 erwarb er sich auf Grund seiner Inaugural-Dissertation: „Nova Spinozismi delineatio“ die Doctorwürde und habilitirte sich nach einjährigem Aufenthalte in der Vaterstadt zur Vorbereitung für den akademischen Beruf in Göttingen, um philosophische Vorlesungen zu halten. Da aber die Zahl der dortigen Studirenden sich sehr verminderte und wenig Aussicht auf eine Professur vorhanden war, siedelte er am 29. Mai 1819 in gleicher Eigenschaft nach Berlin über. Hier las er vornehmlich Encyklopädie der Philosophie, Logik, Psychologie, Geschichte der Philosophie und Pädagogik und veröffentlichte noch in demselben Jahre seine Schrift: „Theorie des Wissens mit Rücksicht auf den Skepticismus“. Am 9. Mai 1825 ward er als außerordentlicher Professor der philosophischen Facultät nach Greifswald berufen und gehörte nunmehr der pommerschen Hochschule bis zu seinem Lebensende an. Nach Muhrbeck’s Tode rückte er durch Cabinetsordre vom 24. November 1827 in die ordentliche Professur der Philosophie auf, lehrte seine Wissenschaft in ihren verschiedenen Disciplinen mit regstem Eifer und wachsendem Erfolge und imponirte den Zuhörern besonders durch straffe Concentration des Vortrages und scharfe Dialektik. Seine schriftstellerische Hauptleistung ist: „Die Psychologie zur Erklärung der Seelenerscheinungen“ (2 Bde., 1824), ein Werk, dessen geschmackvolle Darstellung Goethe rühmend anerkannt hat. „Eine freundlich belehrende Unterhaltung“, heißt es Bd. 49, S. 94, „ist mir durch Stiedenroth’s Psychologie geworden. Alle Wirkung des Aeußeren aufs Innere trägt er unvergleichlich vor, und wir sehen die Welt nochmals nach und nach in uns entstehen.“ Und Bd. 55, S. 315: „Ein Mann wie Herr Ernst Stiedenroth sollte seine erlangte hohe Einsicht in die Functionen des menschlichen Geistkörpers und Körpergeistes treulich anwenden, um die Geschichte irgend einer Wissenschaft zu schreiben, welche denn symbolisch für alle gelten würde.“ In Greifswald fühlte er sich litterarisch vereinsamt, zumal ihm Charakter und Eigenart des Landes und der Einwohnerschaft wenig sympathisch waren und pflog nur wenig vertrauten Umgang. In gesellschaftlichem Verkehr that er sich durch die schneidige Schärfe und Präsenz seines Urtheils, sowie durch blendenden, mitunter kaustischen Witz hervor. In späteren Lebensjahren begann er zu kränkeln und suchte wiederholt im Bade Pyrmont Heilung seines zunehmenden Siechthums. Er erlag einem Unterleibsleiden und starb mit dem ruhigen Gleichmuth des Philosophen.

Personalacten der Berliner und Greifswalder Universität durch Privatmittheilungen ergänzt.