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Artikel „Stein, Leopold“ von Adolf Brüll in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 660–661, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stein,_Leopold&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:17 Uhr UTC)
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Stein: Leopold St., Dr., geboren am 5. November 1810 in Burgpreppach. † am 2. December 1882 in Frankfurt a. M., hervorragender Theologe und Schriftsteller. Fünf Jahre alt kam er nach Adelsdorf, wohin sein Vater als Rabbiner berufen wurde. St. zeigte frühzeitig hervorragende geistige Anlagen, sein Bildungsgang war jedoch anfänglich nur der bei den damaligen Juden wegen ihrer Ausschließung von den öffentlichen Schulen übliche, einseitig biblisch-talmudische. Erst in seinem 17. Lebensjahre begann er profane Studien mit Erfolg zu treiben und besuchte, nachdem er in Erlangen und Baireuth Gymnasialstudien obgelegen, die Universität Würzburg. Seine theologische Ausbildung fand ihren Abschluß an der talmudischen Hochschule zu Fürth. In religiöser Beziehung war er fortschrittlich gesinnt und er wurde mit einer der Begründer und Pfleger der synagogalen Reformrichtung. 1835 wurde St. als Rabbiner nach Burg- und Altenkunstadt berufen. Seine poetische Begabung stellte St. auch in den Dienst der Synagoge. Er übersetzte biblische und mittelalterliche Dichtungen ins Deutsche und legte traditionellen Melodien der hebräischen Liturgie deutsche Texte unter, welche vielfach in den öffentlichen Gottesdienst aufgenommen wurden. („Stufengesänge, Dichtungen.“ Würzburg 1834. „Die Königskrone“ 1839.) Er verfaßte auch weltliche Gedichte ernsten und heiteren Charakters und versuchte sich sogar auf dramatischem Gebiete („Die Hasmonaeer, historisches Drama in fünf Acten.“ Frankfurt a. M. 1859. „Haus [661] Ehrlich, Drama in fünf Aufzügen.“ Leipzig 1863. „Der Knabenraub von Karpentras, Drama in vier Aufzügen.“ Berlin 1863). Eine Reihe von Jahren gab St. eine populäre jüdisch-theologische Zeitschrift „Der Volkslehrer“ heraus (1851–61). Im J. 1844 wurde St. als Rabbiner der israelitischen Gemeinde nach Frankfurt a. M. berufen, welches Amt er im J. 1862 niederlegte („Mein Dienstverhältniß zum israelitischen Gemeindevorstande zu Frankfurt a. M., aktenmäßig zur Begründung meiner Amtsniederlegung dargestellt“, Frankfurt a. M. 1861. „Die Vorbereitungen zum Abschied, Predigt in der neuen Hauptsynagoge“. Nebst einem Anhange, Frankfurt a. M. 1862). St. genoß einen berechtigten Ruf als Kanzelreder und viele seiner Reden sind im Druck erschienen („Koheleth, Eine Auswahl gottesdienstlicher Vorträge“, Frankfurt a. M. 1846). Seine Reden waren poetisch durchhaucht und gipfelten in der Idee der allgemeinen Menschenliebe. Nach seinem Rücktritte vom Amte als Rabbiner in Frankfurt a. M. gründete er dort ein Mädchenpensionat und seine Freunde und Anhänger thaten sich zu einer „Westend-Union-Gemeinde“ zusammen, in der er als Prediger wirkte. („Aus dem Westen. Eine Predigtsammlung“, Mannheim 1872. „Der Kampf des Lebens, ein Cyclus von Festpredigten“, Mannheim 1871). St. schrieb ein Gebetbuch für die israelitische Gemeinde, das in einigen Synagogen eingeführt wurde und ein Religionsbuch für die israelitische Jugend. Eine seiner bekanntesten Schriften ist die „Die Schrift des Lebens“, eine populäre Darstellung der Dogmatik und Ethik des Judenthums. Im J. 1872 legte er wegen vorgerückten Alters sein Predigtamt nieder. Die an seiner Bahre gehaltene Leichenrede von dem sel. Rabbiner Dr. N. Brüll ist abgedruckt in Brüll’s Pop. Wiss. Monatsblättern Jahrg. III, S. 22.