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Artikel „Stach, Matthäus“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 338–339, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stach,_Matth%C3%A4us&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 00:20 Uhr UTC)
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Stach: Matthäus St., erster Missionar der Brüder-Gemeine in Grönland und Herrnhuter Liederdichter, geb. am 4. März 1711, † am 21. December 1787. St. wurde, wie er in seinem eigenhändigen Lebenslaufe erzählt, am 4. März 1711 zu Mankendorf in Mähren als Sohn eines Mannes geboren, der sich in der Stille zu den noch übrig gebliebenen Abkömmlingen der alten böhmischen Brüder hielt und seine Kinder zu verbergen suchte, um sie nicht in die katholische Schule und Kirche schicken zu müssen. Die im elterlichen Hause erfahrenen geistlichen Eindrücke bestimmten auch dann noch Stach’s Verhalten, als er in seinem sechzehnten Jahre nach Zauchtenthal kam und sich hier mancherlei Versuchen zu weltlicher Lustbarkeit ausgesetzt sah. Mehr und mehr reifte der Entschluß in ihm, zu den Brüdern nach Herrnhut auszuwandern, wo bereits mehrere seiner Verwandten wohnten. Als daher um Ostern 1728 sein Vetter Martin Franke in sein Heimathsdorf kam, folgte er diesem auf seiner nächtlichen Flucht und kam ohne Hindernisse nach Herrnhut, wo er zuerst als Hausknecht im Waisenhause und dann durch Wollspinnen kümmerlich seinen täglichen Unterhalt verdiente. Zu Pfingsten 1730 kehrte er mit seinem Vetter Christian Stach wieder nach Mankendorf zurück, um die Mutter des letzteren mit ihren drei Kindern und eine andere Wittwe heimlich nach Herrnhut zu geleiten. Seine eigene Familie dagegen kam erst Ende Juni nach, als sie sich von der katholischen Geistlichkeit in ihrer Freiheit bedroht sah. Noch in demselben Jahre erklärte sich S. bereit, gemeinschaftlich mit Friedrich Böhnisch als Missionar nach Grönland zu gehen. Die Ausführung dieses Entschlusses ließ jedoch noch zwei Jahre auf sich warten. Erst am 19. Januar 1733 konnte die Abreise Stach’s erfolgen, der jedoch nicht von Böhnisch, sondern von Christian David und seinem Vetter Christian Stach begleitet wurde. Sie wandten sich zuerst nach Kopenhagen, wo sie auf Verwendung des Oberkammerherrn v. Pleß beim König freundliche Aufnahme und die Zusicherung seiner Unterstützung fanden. So konnten sie am 10. April 1733 an Bord des kgl. Schiffes Caritas gehen und landeten am 20. Mai 1733 in Grönland, wo sie von dem dort lebenden dänischen Missionar Hans Egede herzlich begrüßt wurden und die Versicherung empfingen, daß er sie bei der Erlernung der grönländischen Sprache nach Kräften unterstützen wolle, was um so wichtiger für sie war, als sie als unstudierte Laien in allen grammatischen Dingen ganz unerfahren waren und obendrein das Dänische und Grönländische gleichzeitig lernen mußten. Auch in allen anderen Dingen waren die Anfänge ihres Wirkens als Missionare von den größten Schwierigkeiten begleitet. Krankheit, Hungersnoth, Widerstand und Spott der Grönländer raubten ihnen die Berufsfreudigkeit, und es bedurfte eines großen Glaubensmuthes von ihrer Seite, um sie zum Ausharren zu bestimmen. Erst nach siebenjährigem Mühen konnte S. am 29. März 1739 den Erstling unter den Grönländern, Samuel Kajarnak, nebst seiner Familie durch die Taufe dem Christenthum zuführen. Das folgende Jahr gab ihm Gelegenheit, nach Deutschland zu reisen, wo er im December der Synode von Marienborn beiwohnte. Nachdem er am 4. Februar 1741 sich mit Rosina, geb. Stach, in Herrenhaag vermählt hatte und am 12. December desselben Jahres zu Marienborn zum Presbyter der Brüderkirche ordinirt worden war, kehrte er im Juli 1742 nach Grönland zurück, wo er und seine Genossen mehr und mehr bei den Grönländern Eingang und Gehör fanden, so daß er am 5. Juli 1747 auf der Station Neu-Herrnhut den Grundstein zur ersten Kirche legen und sie am 18. October im Beisein von ungefähr 300 bekehrten Grönländern einweihen konnte. Hierauf unternahm er eine zweite Reise nach Europa, diesmal außer von seiner Frau auch von fünf Grönländern begleitet. Nur drei von ihnen – zwei starben in Herrnhut – brachte er nach der Heimath zurück, nachdem er mit ihnen nicht nur die Brüder in [339] Deutschland, Holland und England, sondern auch die in Nordamerika besucht hatte. Im J. 1751 wurde St. von Grönland abberufen, um als Missionar zu den Eskimos nach Labrador zu gehen. Da aber das Project der Labradormission sich damals noch nicht verwirklichen ließ, wurde er zu Visitationsgeschäften verwandt, die ihn noch dreimal nach Grönland führten, während er zwischen den einzelnen Reisen immer wieder eine Ruhepause in Herrnhut oder in anderen deutschen Gemeinen genoß. Es war ihm beschieden, an der Gründung der Niederlassung Lichtenfels theilzunehmen und die von Lichtenau im Süden Grönlands vorzubereiten. Seine Thätigkeit als Missionar ließ ihm noch Zeit übrig, einen Auszug aus der grönländischen Grammatik und aus dem grönländischen Wörterbuch anzufertigen, der für den ersten Unterricht im Grönländischen bestimmt war. Im J. 1771 legte er sein Amt nieder und begab sich nach Barby, um der Unitäts-Aeltesten-Conferenz Rechenschaft über seine bisherige Geschäftsführung abzulegen. Hierauf siedelte er mit seiner Frau, die sich eine Zeit lang von ihm getrennt, später aber wieder mit ihm vereinigt hatte, nach Amerika, und zwar nach der Wachau in Nord-Carolina, über, wo er in Bethabara als Lehrer der Knabenschule den Rest seines Lebens verbrachte. Er starb daselbst am 21. December 1787 im 77. Lebensjahr. Wie groß das Ansehen Stach’s bei den Brüdern war, kann man an der Würdigung ersehen, die der Graf v. Zinzendorf ihm angedeihen ließ. Er erklärte ihn für einen „Fürsten Gottes in der Gemeine, der in seinem Panzer ehrsam grau geworden sei“. St. hat sich während der Zeit, da er als Missionar thätig war, häufig als Liederdichter versucht. Ein Theil seiner Lieder geht auf persönliche Erlebnisse zurück, die meist so sehr in den Vordergrund gestellt werden, daß der poetische Eindruck gestört wird; ein anderer Theil dagegen ist so allgemein gehalten, daß seine persönlichen religiösen Erfahrungen und Erinnerungen von allen Gliedern der christlichen Gemeinde mit- und nachempfunden werden können. Von seinen Liedern sind in das gegenwärtig im Gebrauch befindliche „Kleine Gesangbuch der evangelischen Brüdergemeine“ folgende aufgenommen worden: „Gottes Wort ist klar“ (Nr. 7), das Weihnachtslied: „Der Erstgeborne erscheinet in der Welt“ (Nr. 23 mit 5 Strophen), „Es lebet Gottes Lamm“ (Nr. 144), „Durch seiner Auferstehung Kraft“ (Nr. 203, Str. 14), „Das Heil aus deinem Tod“ (Nr. 251), „Nun, allerliebstes Lamm“ (Nr. 350, Str. 5), „Der Freund der armen Sünder“ (Nr. 554), „Du für mich verwundtes Haupt“ (Nr. 555), und „Herr, unser Meister“ (Nr. 979).

David Cranz, Historie von Grönland, 2. Aufl. Barby 1770. 2 Theile. (Register). – Nachrichten aus der Brüder-Gemeine 1860, 8. Heft. S. 725 bis 758. – [Christian Gregor], Nachricht vom Brüder-Gesangbuche des Jahres 1778. Gnadau 1851, S. 200, 201. – R. Vormbaum, evang. Missionsgeschichte in Biogr. 3. Bd. 3. u. 4. Hft. Düsseld. 1853. – Koch, Geschichte des Kirchenliedes etc. I, 5. Stuttg. 1868, S. 331–36.