ADB:Spielmann, Jacob Reinbold

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Artikel „Spielmann, Jacob Reinbold“ von Friedrich August Flückiger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 171–173, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Spielmann,_Jacob_Reinbold&oldid=- (Version vom 1. Dezember 2024, 04:07 Uhr UTC)
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Spielmann: Jacob Reinbold S. Das Geschlecht S. oder Spilmann läßt sich in Straßburg schon im 15. Jahrhundert nachweisen. Johann Jacob S. erwarb dort 1657 von dem Großvater seiner Frau, Albrecht Weßnec, die Apotheke [172] zum (goldenen) Hirschen, welche, wie es scheint, schon 1268 oder doch 1349 die gleiche Stelle einnahm, wie heute noch; sie bildet eine Ecke des Münsterplatzes und der Krämergasse.

Jacob Reinbold, der berühmte Sohn des genannten Apothekers, geboren zu Straßburg am 31. März 1722, wurde von 1735–1740 von dem Vater in jener Apotheke unterrichtet, wo schon 1733 der nachmals ausgezeichnete Chemiker Andreas Sigismund Marggraf (A. D. B. XX, 334) als Gehülfe thätig und nicht ohne Einfluß auf den jungen S. gewesen war. Diesem genügte die Pharmacie nicht; er studirte zugleich an der Universität alte und neue Sprachen und Philosophie. 1740–1742 reiste er in Deutschland, um sich vielseitig auszubilden. In Nürnberg z. B. arbeitete S. in der Apotheke von J. A. Beurer, in Berlin hörte er Chemie bei J. H. Pott (A. D. B. XXVI, 486) und besonders bei dem ihm sehr befreundeten A. S. Marggraf, in Freiberg Mineralogie bei Henkel. 1742 machte sich S. in Paris mit dem ausgezeichneten Pharmaceuten Claude Joseph Geoffroy, mit den Botanikern Antoine und Bernard de Jussieu, mit Réaumur und anderen Gelehrten bekannt. 1743 bestand er in Straßburg die Apothekerprüfung und trat in das väterliche Geschäft ein. Seine Studien betrieb S. jedoch mit solchem Eifer, daß er, hauptsächlich durch den Kliniker Sachse, seinen Schwiegervater, angeleitet, 1748 in der medicinischen Facultät promovirt und bald zum außerordentlichen Professor berufen wurde. Auf Grund der Universitätsstatuten und der Ordnungen des Thomasstiftes erhielt S. 1756 die vielbegehrte Professur der Eloquenz; pro forma hatte er sich mit griechischer und lateinischer Poesie zu befassen. Doch wurde ihm 1759 eine ordentliche Professur der Medicin übertragen, welche ihm die Verpflichtung auferlegte, auch über Chemie, Pharmakognosie (Materia medica) und Botanik zu lesen, so wie den botanischen Garten zu leiten. Daß er nebenbei, namentlich seit des Vaters Tode (1748). die Apotheke fortführte, kam seinen Vorlesungen zu gute; sie wurden, wie es heißt, in dem schon oben erwähnten Eckhause gehalten.

In der Histoire de l’Académie royale des Sciences et Belles Lettres, Année 1758 (Berlin, Haude & Spener, 1765) 105 bis 128, veröffentlichte S. einen bemerkenswerthen Bericht über das elsässische Erdöl unter dem Titel: Sur le Bitume d’Alsace. Er verglich den flüchtigen Antheil von 0,808 spec. Gewicht, mit den ätherischen Oelen und besprach auch die Fluorescenz der schwerer flüchtigen Antheile.

S. war zuerst (1745) mit einer Tochter des Professors der Medicin, Joh. Bapt. Sachse in Straßburg verheirathet und nach deren Tode mit einer Tochter des Straßburger Kaufmanns Joh. Daniel Engelhardt. Trotz seiner so außerordentlich vielseitigen Thätigkeit verfaßte S. eine Reihe größerer und kleinerer Schriften, deren vollständiges Verzeichniß sich in den hiernach angeführten Schriften von Wittwer, Oberlin und Dechambre findet. Er machte sich zuerst durch Untersuchungen der Mineralquellen von Niederbronn, Sulzbach und Petersthal bekannt, hierauf besonders durch die „Institutiones Chemiae“ 1763, die „Institutiones Materiae medicae“ 1774 und die „Pharmacopoea generalis“ 1783. Ferner „Prodromus Florae Argentinensis“ 1766.

Nach seinem Tode, 10. September 1783, erschien in Leipzig eine Sammlung seiner kleinen medicinischen und chemischen Schriften und 1785 veröffentlichte Johann Jacob S., der Sohn Jacob Reinbold’s. eine deutsche Uebersetzung der Materia medica des letzteren unter dem Titel: „Anleitung zur Kenntniß der Arzneimittel zum Gebrauche der Vorlesungen“.

Seyboth, Das alte Straßburg 1890. 150, 258, 275. – P. L. Wittwer, Dem Andenken des verdienstvollen Mannes Jac. Reinb. S., der Arzneykunde [173] Doctors u. s. w. geheiligt, aus Crell’s Annalen der Chemie, Helmstedt und Leipzig 1784. 545. – L. F. Friedrich, Memoriam viri nobiliss … Jac. Reinb. S. … Academia Argentorat. civibus et exteris … commendat, Argentorati 1783. Ausführliche Familiennachrichten und Schriftenverzeichniß. – Vicq d’Azyr, in Histoire de la Soc. royale de Médecine. Paris 1786. – Oberlin, Gazette médicale de Strasbourg Nr. 8, 20 Août 1845, Feuilleton, p. 226 à 235. – Bibliographie universelle, XL (Paris, ohne Jahreszahl) 49. – Ausführlicher: Cap, Journal de Pharm. et de Chimie XIV (1848) 35 bis 41. – Phillippe-Ludwig, Geschichte der Apotheker, Jena 1855. 332, 637. – Kirschleger, Flore d’Alsace II (1857) p. XXXVII. – Haag, La France protestante. Paris 1859. 307–309. – Dechambre, Dictionnaire encyclopédique des Sciences médicales XI (Paris) 215–216. – Hirsch-Gurlt’s Biograph. Lexik. 484. – Wieger, Gesch. der Medic. und ihrer Anstalten in Straßburg von 1497 bis 1872. Straßburg 1885. 66. – Kopp, Geschichte der Chemie III (1845) 38, 48, 49, streift Spielmann’s chemische Ansichten, welche denen von Georg Ernst Stahl entsprachen; schon in seiner Dissertation De principio salino, 1748, hatte sich S. dazu bekannt.