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Artikel „Singauf“ von Gustav Roethe in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 389–390, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Singauf&oldid=- (Version vom 23. April 2024, 07:21 Uhr UTC)
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Singauf: Meister S., ein Spruchdichter des ausgehenden 13. Jahrhunderts, ist uns nur noch durch 4 Strophen der Jenaer Handschrift bekannt, die alle im selben kunstlosen Tone abgefaßt sind. Seine Zeit ist lediglich daher zu erschließen, daß er in Sangesfehde mit Rumsland dem Sachsen lebte (vgl. A. D. B. XXX, 97 ff.) und dieser ihm als überlegenen Geist Konrad von Würzburg entgegenhält; S. muß also schon 1287 gedichtet haben. Da nur die Jenaer Handschrift ihn kennt, wird er in Mitteldeutschland zu Hause gewesen sein. Er war arm und auf die Freigebigkeit der Herren angewiesen; das hinderte ihn aber nicht am maßlosesten Meister-, d. h. Gelehrtendünkel. Er gehört jener Richtung der absterbenden Spruchdichtung an, die in unverständlichen, geheimnißvoll klingenden Räthseln den Triumph der Kunst sieht, die sich in hochmüthiger Selbstüberschätzung der Wirkung auf die Laien geradezu entzieht. Und S. versteht [390] sich nicht einmal auf erfolgreiche Pose. So ist er urtheilslos genug, ungeschickte und sehr harmlose Räthsel über Schlaf und Seele mit einer pomphaft anspruchsvollen Einleitung zu versehen, die die vereinigte Kraft eines ganzen Meisterquartetts zur Lösung herausfordert. Rumsland, dessen schlichter Nüchternheit diese leere Aufgeblasenheit auf’s höchste widerstrebte, weist Singauf’s Arroganz nicht nur mit grobem Spotte zurück, löst nicht nur die angeblich höchst schwierigen Räthsel mit spielender Hand, sondern bereitet dem Räthselmacher gar noch die ärgste Beschämung durch den Nachweis, daß sein selbstgepriesenes Kunststück fehlerhaft sei. Singauf’s Neigung zu bildlicher Einkleidung tritt auch in einem kurzen, verhältnißmäßig einfachen Spruch auf den christlichen Ritter hervor. S. darf als früher Typus der aufgebauschten, streitsüchtigen, scholastisch angefärbten, aber innerlich hohlen und ungebildeten Meisterkunst gelten, in deren Fortschritt Frauenlob und die thöricht mysteriösen Ungedichte der Kolmarer Handschrift erwachsen.

v. d. Hagens Minnesinger III, 49; IV, 714.