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Artikel „Simonius, Johannes“ von Georg Daniel Teutsch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 380–381, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Simonius,_Johannes&oldid=- (Version vom 20. April 2024, 16:30 Uhr UTC)
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Simonius: Johannes S., geboren 1622 in Hermannstadt, † daselbst am 11. Mai 1669. Sein Vater Stephan S. war Provinzialnotarius, d. i. Schriftführer des Rathes von Hermannstadt und der sächsischen Nationsuniversität (der gewählten Vertretung der sächsischen Nation, die in jährlichen [381] Tagfahrten zu politischen und gerichtlichen Verhandlungen und Entscheidungen zusammentrat); der Sohn, von 1639 bis wahrscheinlich 1642 Schüler der obern Classen des Hermannstädter Gymnasiums, dann, wie er sich 1648 nannte, Politicae Studiosus, betrat dieselbe Laufbahn. Schon im 28. Lebensjahr (14. März 1650) wurde er in dieselbe Stelle gewählt, am 20. Aug. 1660 in den Hermannstädter Rath berufen und hier am 12. März 1662 Bürgermeister, welches Amt ihm 1666 wieder übertragen wurde, ohne daß er dadurch aufgehört hätte, als Notarius thätig zu sein. Simonius’ Amtswaltung fiel in eine für die sächsische Nation ungewöhnlich schwere Zeit, die ihren Höhepunkt (1653) im landtäglichen Angriff der Mitstände auf deren altverbriefte Ur- und Grundrechte, später in blutigem Bürgerkrieg, in zerstörenden Türken- und Tartareneinfällen fand. Da ist es unsers Provinzialnotarius Verdienst, daß seine, in einem Folioband im Archiv der sächsischen Universität und der Stadt Hermannstadt aufbewahrten Aufzeichnungen für einen Theil jener Schreckenszeit eine Geschichtsquelle ersten Ranges enthalten, die in ihrer Bedeutung für die tiefere Erkenntniß des siebenbürgischen Lebens in jenem Menschenalter unmittelbar neben der Kraus’schen Chronik (s. A. D. B. XVII, 70) steht. S. ist in den lateinischen Classikern heimisch, ein reich gebildeter, in den Staatsgeschäften bewanderter, durch umfassende Sach- und Personenkenntniß hervorragender, sein Volk mit Feuereifer liebender Geist. Die Anschaulichkeit und Naturwahrheit seiner Schilderung ist oft gradezu ergreifend; die Darstellung gewinnt nicht selten dramatisches Leben. Sie geht allerdings immer selbst aus eigener unmittelbarer Anschauung und Empfindung hervor. S. hat nämlich in Berichten und Tagebüchern theils in deutscher, theils in lateinischer Sprache aufgezeichnet, was er in einer Reihe von siebenbürgischen Landtagen und Versammlungen der sächsischen Nationsuniversität als Mitwirkender selbst gesehen und erlebt, in vielen Fällen belegt durch Acten, die sich sonst nicht mehr finden. Die Landtagstagebücher umfassen die Zeit von 1651–1657 und sind gedruckt in Alexander Szilagyi’s inhaltreichem Werk: Monumenta comitialia regni Transsylvaniae (Band XIII, Budapest 1888). Seine oft an die Treue von Photographien mahnenden Darstellungen gewähren nicht nur einen überraschenden Einblick in den Wirkungskreis der siebenbürgischen Landtage zu jener Zeit, in das Gewohnheitsrecht ihrer Geschäfts-Ordnung oder -Unordnung, in die Art, wie die Gegenstände dort behandelt werden, in das innere Getriebe der Parteien, worüber die gedruckten Landtagsartikel gänzlich schweigen, sondern sie sind auch überreich an sprechenden Einzelzügen zum Culturbild jenes Geschlechts und enthalten zugleich eine Fülle, man muß sagen, von Stimmungsbildern und Zeichnungen von Personen aus jenen Tagen, die mit dem unauslöschlichen Eindruck von Naturwahrheit den Leser ergreifen, die tiefsten Anschauungen der führenden Kreise über Gesetz, Recht und Staat offen darlegen, und mitten hineinführend in die sturmvollen Kämpfe, welche der unausgeglichene Gegensatz der nationalen und socialen Interessen zwischen den ständischen Nationen der Ungarn, Sekler und Sachsen immer aufs neue entzündet, den Schmerz verstehen lassen, in dem S. an einer Stelle das bittere Wort aus Tacitus ausruft: Deest nobis terra, in qua vivamus! – Die Tagebücher der Universitätsversammlungen (1650–1657) harren noch der Veröffentlichung.

Johann Seivert, Nachricht von Siebenbürgischen Gelehrten. Preßburg 1785. Derselbe: Die Provinzialbürgermeister von Hermannstadt. Hermannstadt 1792. – J. Trausch, Schriftstellerlexicon der Siebenbürger Deutschen. Band III. Kronst. 1871. – Correspondenzblatt des Vereins für Siebenbürg. Landeskunde, Jahrgang X (1887) 59, XII (1889) 55, XV (1892) 24.