ADB:Selmnitz, Eduard von
von Ryssel, in welchem er am 7. Mai 1807, als dasselbe von Bevilaqua hieß, zum Fähndrich befördert wurde, nahm an den Feldzügen des sächsischen Heeres in den Jahren 1806, 1809, 1812 und 1813 bis 1815 theil, erhielt für Auszeichnung in der Schlacht bei Dennewitz (6. September 1813) den Orden der Ehrenlegion, ward 1820 Hauptmann im Infanterieregiment Prinz Maximilian und starb als solcher, nachdem er von 1821 bis 1835 bei den Schützen gestanden hatte, am 16. Juni 1838 im Garnisonlazareth zu Dresden. Nach dem zweiten Pariser Frieden mit den zu dem Besatzungsheere gehörenden sächsischen Truppen in Frankreich zurückgeblieben, interessirte er sich lebhaft für das dort in hoher Blüthe stehende Fechten mit dem Fleuret, lernte auch das namentlich in der Normandie und in der Bretagne viel betriebene Fechten mit dem Stabe (bâton) und dem Flegel (fléau) kennen, wurde ein eifriger Schüler der Meister in diesen Künsten und kam dadurch auf den Gedanken, die Verwendung der Stoßwaffe derjenigen Truppe, welcher er selbst angehörte, des Bajonnetgewehres der Infanterie, nach einer auf durchdachten Grundsätzen beruhenden Weise zu lehren. Es war dies bisher nicht versucht worden. Zwar finden sich, namentlich bei den [687] Franzosen, schon im 17. Jahrhundert Spuren von der Anleitung zum Gebrauche des Bajonetgewehres als Fechtwaffe; die Ausführung ist jedoch nicht über die ersten Anfänge hinausgekommen. Erst S. hat die Verwendung der Waffe zu einer Kunst erhoben. Sein Streben fand in weiten Kreisen Beifall und Nachahmung. Das von ihm bei seiner Compagnie angewendete Verfahren wurde zuerst bei der leichten, 1823 bei der gesammten sächsischen Infanterie als förmlicher Dienstzweig eingeführt und fand aus dieser seinen Weg in die Heere der meisten anderen Staaten. Der Werth des Bajonnetfechtens wurde anfangs vielfach überschätzt. Gegenwärtig ist man von solcher Ansicht freilich sehr zurückgekommen und der Betrieb hat jetzt vielmehr den Zweck den Körper zu kräftigen und dem Soldaten Vertrauen zu seiner Waffe zu geben, damit er sich, auch wenn er kein Geschoß mehr zu versenden hat, nicht für verloren halte, als daß man glaubte, er würde die auf dem Uebungsplatze gezeigte Fertigkeit im Handgemenge verwerthen. Der Anleitung zum Erwerbe jener Fertigkeit liegen aber noch immer die von S. aufgestellten Grundsätze und seine Vorschriften zu Grunde. Dieselben haben zuerst in der von ihm ausgearbeiteten „Bajonnetfechtlehre“ nebst „Fechtregeln“ Ausdruck gefunden, welche dem 1822 erschienenen „Exercirreglement für die königlich sächsische Infanterie“ beigegeben wurden; später veröffentlichte er als selbständiges Werk „Die Bajonnetfechtkunst oder Lehre des Verhaltens mit dem Infanteriegewehre als Angriffs- und Vertheidigungswaffe“ (Dresden 1825).
Selmnitz: Friedrich Eugen Karl Eduard v. S., königlich sächsischer Hauptmann, der Begründer einer auf wissenschaftlicher Grundlage und auf festen Regeln beruhenden Bajonnetfechtkunst, wurde am 7. März 1790 zu Ilmenau geboren, trat am 6. Juli 1804 als Cadet in das damalige Infanterieregiment- Archiv des königlich sächsischen Kriegsministeriums zu Dresden. – Schuster und Franke, Geschichte der sächsischen Armee, 3. Theil, S. 23, Leipzig 1885.