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Artikel „Seiler, Georg Friedrich“ von Paul Tschackert in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 647–649, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seiler,_Georg_Friedrich&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 08:02 Uhr UTC)
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Seiler: Georg Friedrich S., Erlanger Theologe, † 1807. S. wurde am 24. October 1733 zu Creußen bei Baireuth in bürgerlichen Verhältnissen geboren, erhielt seine Vorbildung zu Baireuth und bezog 1754 die Universität Erlangen. Hier studirte er Philosophie und Theologie, orientalische Sprachen, Mathematik, Naturwissenschaften und Geschichte, bis er 1759 als Aufseher eines jungen Adeligen nach Tübingen ging, wo er noch zwei Jahre seiner wissenschaftlichen Ausbildung leben konnte. Seine erste amtliche Anstellung erhielt S. [648] im Coburgischen, wo er 1761 Diakonus zu Neustadt an der Heyde wurde und später ein Predigtamt in Coburg verwaltete. Im Jahre 1769 erhielt er einen Ruf als vierter ordentlicher Professor der Theologie nach Erlangen, siedelte im März 1770 dahin über und hielt am 2. Mai dieses Jahres seine Antrittsvorlesung an der dortigen Universität. Von da an hat er dieser Hochschule bis an seinen Tod (1807) angehört. Am 21. August 1771 promovirte er in Erlangen als Dr. theol., disputirte sich im September darauf in die Facultät ein und erhielt 1772 die dritte theologische Professur nebst der Universitätspredigerstelle. Seine akademische Thätigkeit verschaffte ihm bald ein so hohes Ansehen, daß die verschiedensten Berufungen nach auswärts an ihn ergingen, so nach Göttingen, Leipzig, Lübeck, Hamburg u. s. w. Er lehnte sie aber alle ab, und die heimische Staatsregierung belohnte ihn dafür durch ansehnliche Gehaltserhöhungen, Rangauszeichnungen und durch Uebertragung von ehrenvollen Nebenämtern auf ihn. So erhielt er 1773 den Charakter eines geheimen Kirchenrathes, 1775 eine wirkliche Consistorialrathsstelle in Baireuth mit dem Decernat über das gesammte Schulwesen des Fürstenthums Baireuth. 1779 wurde er zweiter, 1788 erster ordentlicher Professor der Theologie in Erlangen und rückte zugleich als Superintendent, erster Prediger der Stadtkirche und Scholarch des Gymnasiums ein. Durch diese seine praktischen Nebenämter ganz von selbst auf die Praxis in Kirche, Schule, Gemeinde und Staat hingewiesen, hat er nie unterlassen neben der Pflege ernster Wissenschaft durch populäre Belehrung und durch Erweisung thätiger Liebe dem Wohle seiner Nebenmenschen zu dienen. – In seiner Denkweise hat er zwar das orthodoxe kirchliche Lehrsystem abgelehnt, aber als ernster Christ sich vor frivoler Aufklärung gehütet und zur Vertheidigung des Christenthums die Harmonie von Vernunft und biblischer Religion zu erweisen gesucht; er gehörte zu den „Aufklärern“, aber zu den besonnenen, welcher noch „göttliche Offenbarungen“ anerkannte, „die Jesus und seine Gesandten empfangen haben“. Von den zahlreichen Schriften, welche seinem nie ermüdenden Fleiße ihren Ursprung verdanken, nennen wir als die wichtigeren in chronologischer Reihenfolge: „Der Geist und die Gesinnungen des vernunftmäßigen Christenthums zur Erbauung“ (Th. I) 1769, 6. Aufl. 1779; (Th. II) 1775, 2. Aufl. 1778 (es wurde in mehrere neuere Sprachen übersetzt); „Kurze Geschichte der geoffenbarten Religion, mit Kupfern und Landcharten“ 1772; 9. Aufl. 1800 (ebenfalls in mehrere neuere Sprachen übersetzt); „Religion der Unmündigen“ 1772; 16. Aufl. 1797, wurde in das Lateinische und in sieben neuere Sprachen übertragen, in’s Böhmische sogar in zwei Ausgaben, einer für Katholiken und einer für Protestanten; „Theologia dogmatico-polemica, cum compendio historiae dogmatum succinctae, in usum praelectionum academicarum adornata“ 1774; 3 ed. 1788; „Ueber die Gottheit Christi, beides für Gläubige und Zweifler“ 1775; „Kleiner und historischer Katechismus etc.“ Bayreuth 1775; 16. Aufl. 1801 (vielfach in Deutschland nachgedruckt). „Gemeinnützige Betrachtungen der neuesten Schriften, welche Religion, Sitten und Besserung des menschlichen Geschlechts betreffen, in Vereinigung mit einer Gesellschaft von Gottesgelehrten“, I. bis XXV. Jahrg., 1776–1800; „Das größere biblische Erbauungsbuch, zum Theil aufgesetzt und herausgegeben.“ Alten Testamentes Theil I bis X, 1785–1795. Neuen Testamentes Theil I bis VII, 1786–1792. Beide in 8°. Neue Ausgabe in 4° 1788–1793. „Schullehrer-Bibel.“ Des Neuen Testamentes Theil I–III, 1790–1793; „Die Religion nach Vernunft und Bibel in ihrer Harmonie etc.“ 1798; dazu: „Kurzer Inbegriff der Religion nach Vernunft und Bibel, ein Lehrbuch für Studierende etc.“ 1799; „Das Zeitalter der Harmonie der Vernunft und der biblischen Religion, eine Apologie des Christenthums gegen Thom. Payne“ 1802. Die übrigen Schriften [649] Seiler’s, lateinische und deutsche, gelehrte und praktische, theoretische und erbauliche, Programme, Abhandlungen, Recensionen, Predigten und einzelne Blätter, mit den oben citirten zusammen 173, sind aufgezählt bei Fikenscher (Georg Wolfg. Augustin), Vollständige akad. Gelehrten-Geschichte der Universität Erlangen. Erste Abth. (Nürnberg 1806), S. 101–124; ein Abriß des Lebens Seiler’s ebendaselbst, S. 95–101; die vorangehende Litteratur zur Biographie Seiler’s ebendaselbst, S. 95, Anm. m. An demselben Orte, am Schlusse, Nachrichten über Bildnisse Seiler’s.