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Artikel „Seder, Adolf“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 526–527, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seder,_Adolf&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 13:15 Uhr UTC)
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Seder: Adolf S., Architekt und Kleingewerbemeister, geboren 1842 zu München, bildete sich daselbst an der Gewerbeschule und am Polytechnikum, insbesondere unter der Leitung des vielseitigen Ludwig Foltz und Rudolf Gottgetreu († am 25. Mai 1890) im Modelliren und in der Architektur. Von hier trat S. in das Atelier von Wladimir Swertschkoff, um an der inneren Ausstattung des Palais Stieglitz theilzunehmen, bethätigte sich fünf Jahre lang als artistischer Leiter der J. G. Mayer’schen Kunstanstalt und wurde 1873 als Architekt und artistischer Vorstand für das Zeichnungsatelier des Münchener Kunstgewerbe-Vereins gewonnen, in welcher Stellung er eine staunenswerthe, in die verschiedensten Branchen der Kunstindustrie reichende Thätigkeit entfaltete. Während dieser Zeit wurde S. in hervorragender Weise auch für König Ludwig II. beschäftigt und fertigte u. a. eine große Anzahl von Entwürfen zu einem Theater, welches im „Linderhofe“ erbaut werden sollte. Sodann leistete S. die innere, sehr reiche Ausstattung des für den Prinzen Leopold etablirten Palais, wobei sieben Säle auf das gefälligste decorirt wurden. Was die Leistungen Seder’s besonders auszeichnete, war nicht allein das Beherrschen aller Stilarten, welche er in graciöser Schönheit und unerschöpflicher Mannigfaltigkeit handhabte und belebte, sondern auch die durch die eigene Praxis errungene eminente Kenntniß des zur jeweiligen Ausführung geeigneten Materials und der dafür passenden Technik. Seine Entwürfe waren immer so berechnet und bis ins kleinste Detail [527] ausgeführt, daß der betreffende Handwerker mit Leichtigkeit darnach arbeiten konnte. Dazu hatte sich S. in jeder Weise von Jugend auf geübt, er handhabte ebenso gut den Hobel, wie das Modellirholz, ebenso den Stift des Zeichners wie den Ciselirmeißel des Goldschmieds und den Stichel des Graveurs. So repräsentirte er das Kunsthandwerk im eigentlichen Sinne mit der ganzen ehrenhaften Solidität und gründlichsten Tüchtigkeit eines wahren Meisters, ein Feind jeglichen Scheins und Schwindels, ein Gegner der ganzen vielbeliebten Surrogatenmanie. Eine große Anzahl seiner originellen Schöpfungen reproducirte als wahre Musterarbeiten die „Zeitschrift des Münchener Kunstgewerbe-Vereins“, so z. B. einen Pokal (1867), Damastmuster für Seidenweber (1868), einen Gasarm in getriebenem Metall zur Beleuchtung von Kirchen. Da finden sich Randleisten und Initialen zu einem Missale (1869), zu Canontafeln und Titelblättern, wie S. denn auch in der Anfertigung von Adressen, Urkunden und Diplomen und ihrer Ausschmückung mit prächtigen Miniaturen und Arabesken excellirte, so daß der immer bereitwillige Mann bei jeder Gelegenheit in Anspruch genommen wurde. Dann baute er wieder sinnreich construirte Oefen mit lustig verzierten Kacheln, lieferte Zeichnungen für Tische, Postamente, Albumdeckel aus verschiedenartig gemusterten Holzeinlagen (1870), gab neue Ideen zu Buffets, Schränken und Plafonds, zu Ampeln, Vasen, Epithaphien (1871), darunter das Prachtdenkmal für gefallene Krieger (1873). Jeder Gegenstand, welchen seine kunstgeübte Hand berührte, erhielt eine neue, schöne, entsprechende Form, welche gleichmäßig zum praktischen Gebrauch, wie zum Schmuck des Hauses sich eignete. Ebenso war er immer bereit mit einer Festgabe (Krüge zur Erinnerung an das VII. Deutsche Bundesschießen), bei Decorationen von Denkmalen oder dem Aufbau von Triumph- und Ehrenpforten. Vielfach errang unser Meister den Preis bei Concurrenzen, so z. B. mit einem Kirchenvotivlüster für Glühlicht (ausgeführt durch den Kunstschlosser Hans Meyer). Zu seinen letzten Arbeiten gehörte ein Boudoir für die Prinzeß Gisela (ausgeführt von Schreiner Wachter und Tapezierer Haydn) und eine reich ornamentirte Monstranz (in Silber getrieben von F. X. Stäble). Auf der Münchener Kunstausstellung 1883 erschienen noch drei, nach Seder’s Zeichnungen ausgeführte Werke: eine Zinnbowle, eine Prunkcassette in Ebenholz und Elfenbein und ein köstlicher Pocal. Leider endete dieser höchst bemerkenswerthe Künstler in der Fülle des Schaffens schon am 30. Mai 1881, nach kurzer, schwerer Krankheit. Er hinterließ eine interessante Sammlung von seltenen Kupferstichen, ebenso eine Collection von chinesischem und japanischem Porzellan, Venetianer Gläsern, Hausgeräthen und Fayencen, vielerlei Rüstzeug, Waffen und anderem Kunstbedarf – einen kleinen Schatz, welchen S. zu Lehre, Muster und Vorbild sorgsam und mit großen Freuden eingeheimst hatte und der durch eine Auction wieder auseinander gerissen wurde. – In seine Fußtapfen trat sein jüngerer Bruder Anton S., welcher seine gleiche Begabung zuerst 1878–82 am Technikum zu Winterthur, dann in München als eine Kraft ersten Ranges erprobte und 1890 als Director der Schule für Kunsthandwerker nach Straßburg berufen wurde.