ADB:Schrenck von Notzing, Sebastian Freiherr

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Artikel „Schrenck, Sebastian Freiherr v.“ von Karl Theodor von Heigel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 488–489, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schrenck_von_Notzing,_Sebastian_Freiherr&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 12:50 Uhr UTC)
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Schrenck: Sebastian Freiherr v. S., bairischer Beamter, geboren am 28. September 1774 auf dem Landgut seines Vaters zu Hillstädt bei Neunburg vor dem Wald in der oberen Pfalz, genoß den ersten Unterricht in den Schulen zu Amberg und im Kadettencorps zu München, bezog sodann die Universität Ingolstadt und trat 1796 als Praktikant am Landgerichte Neunburg v. W. in bairischen Staatsdienst. Nach bestandener Staatsprüfung wurde er am 29. September 1796 zum Rath an der Regierung zu Straubing ernannt, 1798 als Landrichter nach Wetterfeld, 1807 in gleicher Stellung nach Kemnath versetzt, 1808 zum Hofgerichtsrath in Straubing, noch im nämlichen Jahre zum Rath [489] am Appellationsgericht in München, 1810 zum Rath am Oberappellationsgericht befördert. Zu öffentlicher Wirksamkeit gelangte er, als er 1819 zum Abgeordneten aus der Classe der adeligen Gutsbesitzer für den Unterdonaukreis in die erste Versammlung der Stände des Königreichs Baiern gewählt und vom König zum ersten Präsidenten ernannt wurde. Die Berufung Schrenck’s wurde auf liberaler Seite mit Mißbehagen aufgenommen, weil er Altbaier und Beamter war; bald entspann sich auch ein heftiger Kampf zwischen ihm und Behr, Hornthal und anderen Vertretern der Opposition. Nach den „Baiernbriefen“ Bentzel-Sternau’s, in welchen die Verhandlungen der vier ersten baierischen Ständetage einer satyrischen Besprechung in Sterne’s Manier unterzogen sind, waren die liberalen Abgeordneten der Ansicht, daß sich der Präsident gegenüber der Kammer vielfach einer Ueberschreitung seiner Competenz schuldig mache, die Verhandlungen „nicht leite, sondern beherrschen, ja wohl gar vereiteln und unterdrücken“ wolle, bei jeder Gelegenheit für die Regierung und die Adelskammer parteilich auftrete u. s. w. Daß S. jedoch das Vertrauen der Landtagsmehrheit besaß, zeigte sich 1822 bei Eröffnung der zweiten Sitzungsperiode; der inzwischen (8. März 1820) zum Rath im Justizministerium beförderte S. wurde abermals zum Präsidenten gewählt. Bald wurden in der oppositionellen Presse die alten Klagen laut über den „Warwick“ der bairischen Volksvertretung, den „Oberpapa“, der sein väterliches Regiment auf Kosten der Redefreiheit der Abgeordneten handhabe, der „gerade so verfahre, als ob er noch Landrichter unter gehorsamen Bauern wäre“ u. s. w. Doch auch 1825 und 1828 wurde S. durch das Vertrauen der Kammermehrheit auf den Präsidentenstuhl erhoben, was von seinen Gegnern mit der höhnischen Klage: „Wie mächtig wirkt die Gewohnheit auf den Menschen!“ erklärt wurde. Auch darüber wurde gespottet, daß der regierungsfreundliche Präsident nach jedem Landtag eine Art Belohnung erhielt; 1827 wurde er Präsident des Appellationsgerichts in Amberg, 1829 wurde ihm das Justizministerium angeboten, von ihm jedoch abgelehnt. Doch der Landtag von 1831 bekam infolge des strengen Vorgehens der Regierung gegen die Theilnehmer an den Münchener Unruhen in der Christnacht 1830 und die angeblich revolutionären Gesellschaften in Würzburg und Rheinbaiern eine ausgesprochen oppositionelle Färbung, und diesmal wurde gemäß der von der Linken ausgegebenen Parole: Keine Staatsbeamten in die Präsidialbewerbung! von einer Wiederwahl des früheren Präsidenten Umgang genommen. Dagegen bot ihm König Ludwig wiederholt das Portefeuille des Justizministers an, und S. leistete jetzt auch Folge; am 12. December 1832 wurde er zum Staatsrath im ordentlichen Dienst (mit einem Gehalt von 5800 Gulden in Geld, 3 Schäffel Waizen, 7 Schäffel Roggen und 24 Schäffel Haber) und zugleich zum Staatsminister der Justiz (mit 500 Gulden Standesgehalt, 2500 Gulden Dienstgehalt und 3000 Gulden Tafelgeld) ernannt. Für die drakonische Bestrafung, welche in den nächsten Jahren wegen wirklicher oder angeblicher Theilnahme an demokratischen Umtrieben über viele Hundert Staatsbürger verhängt wurde, ist S. nur insofern verantwortlich, als er dem Willen des Monarchen, der die strengste Verfolgung aller Schuldigen und Verdächtigen zur Rettung des Staates für nothwendig erachtete, nicht entgegentrat. Am 27. Mai 1846 wurde S. „nach einer mehr denn halbhundertjährigen ehrenvollen Geschäftsführung“ mit vollem Gehalt in den Ruhestand versetzt; im Staatsrath behielt er Sitz und Stimme bis zu seinem Ableben (16. Mai 1848).

Bentzel-Sternau, Baiernbriefe I, 58, 72 ff.; II, 142; III, 102; IV a, 7; IV c, 296 ff. – Conversationslexikon der neuesten Zeit und Litteratur (1834), IV, 206. – Neuer Nekrolog der Deutschen, 26. Jahrg. (1848), 392. – Personalact im Kreisarchiv München.