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Artikel „Schraud, Franz von“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 452–453, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schraud,_Franz_von&oldid=- (Version vom 15. November 2024, 06:15 Uhr UTC)
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Schraud: Franz v. S., Arzt, geboren zu Pest am 14. Mai 1761, erhielt nach dem frühen Tod seiner Eltern die erste Erziehung in einem Kloster unter Leitung des Piaristenpriesters Norbert Konradi, studirte dann in Debreczin, Klausenburg und Waitzen und erlangte bereits im Alter von 19 Jahren zu Pest die philosophische Doctorwürde, begleitete darauf seinen Landsmann Paul v. Czindery auf einer wissenschaftlichen Reise durch Südungarn und Italien, widmete sich zurückgekehrt in Wien speciell auf van Swieten’s Veranlassung dem medicinischen Studium, beendigte es 1786 in Lemberg und ging dann wiederum nach Wien, wo er sich speciell unter Quarin’s und Stoll’s Leitung noch vervollkommnete. Nachdem er hierselbst auch die med. Doctorwürde erlangt hatte, ließ [453] er sich in Szegedin als Arzt nieder, wurde 1790 zum Physicus in der Csongrader und Csanader Gespanschaft ernannt, folgte aber schon 1794 einem ehrenvollen Rufe als Professor der Medicin an die Universität seiner Vaterstadt. Hier hielt er Vorlesungen über med. Polizei, war zugleich praktisch ärztlich thätig und erlangte durch seine Tüchtigkeit bald einen großen Ruf. Als 1794 in Syrmien die orientalische Pest ausbrach, war es S. besonders, der durch seine entschiedenen und vortrefflichen Maßregeln zur Bekämpfung der furchtbaren Seuche wesentlich beitrug. Infolgedessen wurde er in den Adelstand erhoben und mit einem besonderen, für damalige Verhältnisse nicht unbedeutenden Jahresgehalt bedacht. Auch bei dem späteren Wiederauftreten der Pestepidemie in der Bukowina erwarb er sich gleichfalls um die Unterdrückung derselben ein großes Verdienst, wofür er zum kaiserl. Rath und 1802 zum Protomedicus des Königreichs Ungarn ernannt wurde. 1803 während der heftigen Scorbuterkrankung, welche schnell hinter einander 72 Ortschaften im Temeser, Arader und Bekeser Comitat ergriffen hatte, fand S. abermals Gelegenheit, sich als tüchtiger Arzt zu bewähren, ebenso später (1806) während kleinerer Epidemieen von Gelbfieber und Typhus. Doch erkrankte er bei Ausübung seines Berufes selbst am Typhus und starb am 18. März 1806 zu Eisenstadt (nach Angabe von Fejér zu Kis-Marton). Seine zahlreichen Schriften beanspruchen in epidemiologischer Beziehung einen hohen litterarischen Werth. Wir nennen die bei Gelegenheit seiner Ernennung zum Protomedicus bezw. bei seinem Dienstantritt dem Erzherzog Palatin von Ungarn überreichte Schrift „De eo quod est in morbis epidemicum, dum protomedici Hungarici munus capesseret, disserit etc.“ (Pest 1802), ferner: „Abhandlung von der Verbindung der Lustseuche mit dem Scharbock und dessen Heilungsart“ (Wien 1791); „Beobachtungen aus der Arzneykunde“ (Wien 1792); „De febribus periodum habentibus observationes novae“ (Ebd. 1797); „Geschichte der Pest in Syrmien in den Jahren 1795 und 1796“ (2 Thle., Pest und Wien 1802; auch lat. Ofen 1802); „Nachrichten vom Scharbock in Ungarn im J. 1802 nebst Vorschriften der med. Polizei für nicht ansteckende Volkskrankheiten“ (Wien 1805); „Vorschriften der inländischen Polizei gegen die Pest und das gelbe Fieber etc.“ (Ebd. 1805). In med.-forensischer Beziehung sind werthvoll: „Aphorismi de politia medica auditorum commodo concinnati“ (Pest 1795) und „Elementa medicinae forensis“ (Ebd. 1802). Uebrigens hat S. in seiner Eigenschaft als Protomedicus von Ungarn insofern auch eine segensreiche Wirksamkeit entfaltet, als er energisch die Einführung der Kuhpockenimpfung durchsetzte, das Chirurgenwesen organisirte und namentlich Curpfuscherthum und Quacksalberei mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln bekämpfte.

Vgl. Biogr. Lexikon hervorr. Aerzte etc., herausgegeb. von A. Hirsch, V, p. 278.