ADB:Schoenaich, Hans Karl Reichsgraf von

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Artikel „Schoenaich, Hans Karl Reichsgraf von“ von Conrad Wutke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 254–255, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schoenaich,_Hans_Karl_Reichsgraf_von&oldid=- (Version vom 8. Dezember 2024, 11:03 Uhr UTC)
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Schönaich: Hans Karl, Fürst zu Carolath-Beuthen, Reichsgraf v. S., geboren am 15. Juni 1688 zu Carolath, † am 11. October 1763 auf seinem Schlosse Carolath als Präsident der Oberamtsregierung Breslau etc., zweitgeborener Sohn des Freiherrn Hans Georg v. S. und dessen Gemahlin Ursula Mariane Gräfin v. Redern aus dem Hause Malmitz. Da sein Vater, welchem durch kaiserliches Diplom vom 14. November 1697 für seine Herrschaft Carolath-Beuthen die Würde einer freien Standesherrschaft in Schlesien und durch ein zweites vom 5. Februar 1700 für sich, seine ehelichen Leibeserben und deren Erbeserben beiderlei Geschlechts der Titel eines Reichsgrafen resp. -gräfin verliehen worden war, schon am 23. November 1700 starb und sein älterer Bruder bereits auf dem Wege zur Taufe gestorben war, wurde während seiner Minderjährigkeit die Verwaltung der Standesherrschaft und der Güter von seinen Vatersbrüdern in uneigennützigster Weise geführt. Er selbst genoß seine erste Bildung auf der Friedrichsschule in Frankfurt a. O. bis 1707, trat alsdann behufs seiner weiteren Ausbildung eine größere Reise durch Belgien, Holland, Italien, Deutschland und England an, die ihn erst im Frühjahr 1709 nach Carolath zurückführte. Nach erreichter Großjährigkeit leistete der Reichsgraf dem Kaiser vor dem Oberamte zu Breslau im April 1710 den Huldigungseid ab und widmete sich nun in den folgenden Jahren fast ganz ausschließlich der Regierung seiner Standesherrschaft und der Bewirthschaftung seiner ausgedehnten Besitzungen, deren Ertragsfähigkeit er durch Meliorationen in ausgezeichneter Weise zu heben vermochte, während er seine Muße dem juristischen Studium, der Pflege der schönen Wissenschaften und der Musik widmete. Am 24. Juni 1715 fand seine eheliche Verbindung mit Amalie, der ältesten Tochter des Burggrafen Christoph zu Dohna-Vianen, auf dem Herrschaftsitz seiner Schwiegereltern Schlodien in Preußen statt. Dieser Verbindung entsproß als erster Sohn am 11. November 1716 zu Carolath Friedrich Johann Karl (ihm folgten noch drei Söhne und vier Töchter), dessen Taufe wegen des reformirten Glaubens der Eltern auf polnischem Gebiet in Bienemühle bei Lissa stattfinden mußte. 1720 erwarb Hans Karl die beiden Rittergüter Padligar und Osteritz im Züllichauer Kreise und er verweilte nun in den nächsten zwanzig Jahren meistens auf Schloß Padligar, schon um der Ausübung seines reformirten Bekenntnisses hier frei von jeder religiösen Beschränkung und Unduldsamkeit leben zu können; trotzdem gelang es ihm sich vom Wiener Hofe durch Hofdecret vom 30. August 1730 den Charakter eines Kaiserlichen Geheimen Raths, allerdings unter beträchtlichen Geldopfern, zu verschaffen. Wie seine Vorfahren einerseits stets in enger Beziehung zu dem Berliner Hofe schon des gleichen Glaubens wegen gestanden hatten, anderseits auch das Geschlecht der S. weite Besitzungen in den preußischen Landen besaß, so fesselten auch Hans Karl Herz und Verstand an die Hohenzollern, von denen er alles zu erhoffen hatte, während Habsburg seinem Haus nur zu oft die schwersten Wunden geschlagen hatte. Deshalb war er einer der ersten unter den schlesischen Magnaten, welche Friedrich den Großen als ihren [255] Landesherrn anerkannten. Zur Belohnung erhob ihn der König, welcher ihn schon unterm 24. August 1741 den Schwarzen Adlerorden verliehen hatte, durch Cabinetsordre vom 6. November 1741 in den Fürstenstand und die bisherige Standesherrschaft Carolath-Beuthen zum Fürstenthum mit der Bestimmung, daß diese neue Würde an dem jeweiligen Majoratsherrn und dessen ältestem Sohn resp. präsumptivem Erben haften solle. Mit Rücksicht auf die Verdienste des Erbprinzen Johann Karl Friedrich, welcher 1743 zum Generalmajor von der Cavallerie befördert und 1745 mit dem Orden pour le mérite geschmückt worden war und am 17. December 1749 Johanne Wilhelmine, die dritte Tochter des regierenden Fürsten August Ludwig zu Anhalt-Köthen, geehelicht hatte, erweiterte König Friedrich jenes Fürstendiplom durch Urkunde vom 16. Januar 1753 dahin, daß sämmtliche Nachkommen aus des Erbprinzen eben erwähnter Ehe als Prinzen und Prinzessinnen angesehen und geehrt werden sollten. Unmittelbar nach der Besitzergreifung Schlesiens nahm Friedrich der Große eine tief eingreifende Umänderung in der Verfassung und Verwaltung dieses Landes vor. Der conventus publicus sowie das damit verbundene Generalsteueramt und all die zahlreichen und in ihrer Competenz wenig scharf getrennten Gerichte, wie das Oberamt zu Breslau, das Manngericht, das Zaudenrecht, das Ritterrecht etc. wurden aufgelöst und an ihre Stelle traten unter thunlichster Berücksichtigung der vorhandenen Exemptionen der weltlichen und geistlichen herrschaftlichen Gebiete die beiden Oberamtsregierungen zu Breslau und Glogau; den Fürsten und Ständen z. B. verblieb für ihre Streitigkeiten in Realsachen das Fürstenrecht, ebenso blieb das standesherrliche Gericht (vgl. Isaacsohn, Gesch. des preuß. Beamtenthums Bd. III und Grünhagen, Schlesien unter Friedrich dem Großen Bd. I). Zum ersten Präsidenten der Oberamtsregierung zu Breslau und zum perpetuirlichen Oberfürstenrechtspräsidenten wurde schon wegen seiner juristischen Bildung Hans Karl mit einem Jahresgehalt von 5000 Thlr. ernannt. War die Würde, welche der Fürst bis an sein Lebensende bekleidet hat, auch mehr eine Ehrenstellung, da die eigentliche Last der Geschäfte dem zweiten Präsidenten und dessen Stellvertreter, dem Director, zufiel, so fand Hans Karl in seinem zweiten Amt als Oberconsistorialpräsident von Breslau, des mit der Oberamtsregierung verbundenen Oberconsistoriums, um so mehr Gelegenheit im Interesse der evangelischen Kirche zu wirken. Trotz seiner amtlichen Stellungen vermochte Hans Karl der Verwaltung seiner Besitzungen auch fernerhin seine Fürsorge zu widmen, und als im dritten schlesischen Krieg dieselben zu wiederholten Malen durch die Raubgier der Russen besonders schwer heimgesucht wurden, bemühte er sich noch unter den Leiden des Krieges die geschlagenen Wunden nach Möglichkeit zu heilen, so richtete er für seine Unterthanen 1760 eine Depositionskasse ein, aus welcher er zur Wiederherstellung der Wirthschaften Darlehne gewährte. Erwähnt sei ferner, daß es ihm nach vieljährigen Processen endlich im Jahre 1754 gelang, die vom Majorat seit 1651 an die Jesuiten zu Glogau entfremdeten Dörfer Milkau, Suckau, Bockwitz und Nenkersdorf trotz eines Intercessionsschreibens der Kaiserin Maria Theresia und obgleich anfänglich König Friedrich in Rücksicht der hohen Politik den Fortgang des Processes gehindert hatte, zurückzugewinnen. Der Fürst endete auf seinem Schlosse Carolath 75½ Jahr alt, am 11. October 1763 sein thaten- und segensreiches Leben. Ihm folgte in der Regierung sein ältester Sohn Friedrich Johann Karl, welcher 1758 als Generallieutenant seinen Abschied erbeten hatte. Derselbe starb am 16. October 1791.

Wilhelm Barth, Kammerrath, Hans Karl, Fürst zu Carolath-Beuthen, ein Beitrag zur Gesch. des Fürstenhauses Carolath auf Grund der fürstl. Carolather Archivacten, 1883, als Manuscript gedruckt.