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Artikel „Schneidewind, Johann“ von Karl Janicke in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 153–154, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schneidewind,_Johann&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 19:36 Uhr UTC)
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Schneidewind: Johann S., eine der hervorragendsten politischen Persönlichkeiten in der Geschichte der Stadt Magdeburg in der ersten Hälfte des dreißigjährigen Krieges, aber ein höchst zweifelhafter, dunkler Charakter, stand, ehe er in Magdeburg auftrat, in holländischen Diensten. Ueber sein Geburtsjahr und sein sonstiges Vorleben wissen wir nichts; sein Vater Johann Georg scheint anfangs in Magdeburg gelebt zu haben, dann aber nach Braunschweig verzogen zu sein, weil man ihn der Urkundenfälschung bezichtigte. Im J. 1625 erscheint der Oberstlieutenant S. als Commandant der Stadt Magdeburg. Sein Verhalten in dieser Stellung ist ein sehr zweideutiges: er unterhielt Verbindungen mit den verschiedensten Parteien, auch war er der Bestechung zugänglich. Am 28. Juli 1626 erhielt er vom Rathe seinen Abschied, blieb aber in Magdeburg. Einige Monate später (10. October) wurde er infolge eines Gesuches des kaiserlichen Obersten Aldringer durch den Rath verhaftet. Es ist nicht recht klar, welche Beschuldigungen man gegen ihn erhob. Dem Rathe kam die durch Aldringer veranlaßte Verhaftung Schneidewind’s jedenfalls sehr gelegen, da dieser als eine Stütze der dänischen Partei in der Stadt galt, während der Rath kaiserlich gesinnt war. S. blieb, ohne daß sein Proceß zur Entscheidung gekommen wäre, bis zum Juni 1629 in der Haft, die aber sehr milde gehandhabt wurde. Die antikaiserliche, mit dem Rathe unzufriedene Partei, zu der S. in nahen Beziehungen stand, wußte in dieser Zeit größeren Einfluß zu erringen und dadurch erhielt S. die Erlaubniß, sein Gefängniß auf dem Rathhause mit einer Wohnung in der „Goldenen Krone“ zu vertauschen, wo er nur noch Hausarrest hatte, den innezuhalten er sich auf Ehrenwort verpflichten mußte. Welchen Antheil S. an dem durch seine politischen Freunde erfolgten Umsturz der alten Verfassung Magdeburgs (Februar 1630) hatte, wodurch der alte Rath beseitigt wurde, läßt sich nicht genau feststellen; es scheint, als ob er sich im Hintergrunde gehalten und Andere für sich habe arbeiten lassen. Die Hoffnungen, welche S. auf den neuen Rath setzte, gingen nicht in Erfüllung, hauptsächlich deshalb nicht, weil er eine allzu große Entschädigung für die ihm angethane Behandlung von der Stadt verlangte. Damit war aber die radicale Minderheit des Rathes nicht einverstanden. So suchte S. auf andere Weise zu seinem Ziele zu kommen. Er und sein Anhang beschlossen, die Rückkehr des vertriebenen Administrators Christian Wilhelm, zu dem er schon früher enge Beziehungen hatte, durchzusetzen. Am 6. August 1630 kam der Administrator heimlich in Magdeburg an. Noch am selben Tage ging S. zu ihm und brach damit sein Ehrenwort. Seine Hoffnungen erfüllten sich jetzt. Der Administrator ernannte ihn zum Oberst, und die Stadt schloß am 11. August mit Gustav Adolf und am 24. September mit dem Administrator einen Vertrag ab. Da die Stadt sich weigerte, die Forderungen Schneidewind’s zu bewilligen, so versprach Christian Wilhelm diesem Lehengüter im Werthe von 50,000 Thlr., wogegen er allen Ansprüchen an die Stadt entsagte. Unter seiner Leitung nahmen die Werbungen für den Administrator den glücklichsten [154] Fortgang; unkluger Weise ließ er aber die für Magdeburg bestimmten reichen Proviantvorräthe nicht in die Stadt hinein, was sich später bitter gerächt hat. Auch ward ihm vorgeworfen, den raschen Fall der von den Soldaten des Administrators besetzten Plätze des Erzstifts verschuldet zu haben. Als im November der von Gustav Adolf gesandte Falkenberg in Magdeburg das Commando übernommen hatte, wodurch Schneidewind’s Stellung eine weniger selbständige wurde, sandte dieser ihn am 29. November zur Einnahme des schwach besetzten Neuhaldensleben aus. S. gelang es, die Stadt einzunehmen, die er aber bereits am 15. December wieder an Pappenheim übergeben mußte. Pappenheim erkannte in der Capitulation die Tapferkeit der Besatzung an und bewilligte ihr ehrenvolle Bedingungen, aber in Magdeburg beschuldigte man S., wohl mit Unrecht, des Verraths. Er wurde vor ein Kriegsgericht geladen, erschien aber nicht, sondern schrieb, er werde sich vor Gustav Adolf verantworten, und es wurden daher seine Güter eingezogen. S. blieb in den ersten Monaten des Jahres 1631 noch bei dem kaiserlichen Heere, dann aber verließ er es und begab sich in das schwedische Lager. Es gelang ihm, Gustav Adolf von seiner Schuldlosigkeit zu überzeugen, der ihn für seine Dienste reich belohnte und dadurch die ihm vom Administrator gemachten Versprechungen erfüllte. Er trat als Oberster in schwedische Dienste und wurde vom Könige nach der Schlacht bei Breitenfeld am 11. September zum Commandanten aller Garnisonen in den Stiftern Magdeburg und Halberstadt ernannt. In demselben Jahre wurde er auch Mitglied der fruchtbringenden Gesellschaft zu Cöthen, sein Gesellschaftsname war „der Wegräumende“. Der neben und über ihm commandirende Baner war mit seinen militärischen Leistungen wenig zufrieden. Im April 1632 war sein Regiment unter den schwedischen Truppen vor Augsburg: das ist das Letzte, was wir von ihm wissen.

Neubauer, Johann Schneidewind und die Stadt Magdeburg in Nr. 25 bis 27 der „Blätter für Handel, Gewerbe und sociales Leben“ 1890 (Beiblatt zur Magdeburgischen Zeitung). – M. Dittmar, Ein Brief Johann Schneidewind’s und ein Brief seines Vaters aus den Jahren 1627 und 1628 in den Magdeburgischen Geschichtsblättern 1889, 361 ff. – K. Wittich, Dietrich v. Falkenberg, ebd. 1890, 219 f.