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Artikel „Schneider, Johann Rudolf“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 32 (1891), S. 131, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schneider,_Johann_Rudolf&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 06:45 Uhr UTC)
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Schneider: Johann Rudolf S., Schweizer Arzt, geboren 1804 zu Bern, studirte daselbst und erhielt schon 1824 die goldene Medaille für Lösung einer Preisfrage über das Impfwesen. 1825 ging er nach Paris, von dort aus später nach Berlin, kehrte 1827 nach der Schweiz zurück, absolvirte hierauf seine Staatsprüfung und ließ sich 1828 als Arzt in Nidau nieder. Die zahlreichen Ueberschwemmungen, die er schon als Knabe beobachtet hatte, die schweren daraus resultirenden Gesundheitsstörungen der Bevölkerung, insbesondere die häufigen Nervenfieberepidemieen, die massenhaften Scorbutfälle, die er als Arzt im Bereich seiner Thätigkeit unter den Bewohnern der verschiedenen Ortschaften des Seelandes zu beobachten Gelegenheit hatte, weckten schon 1834 in ihm den Gedanken, durch Entsumpfung des Seelandes eine hygienische Verbesserung desselben und so eine gründliche Prophylaxe gegen die genannten Krankheiten zu schaffen. S. war mehrfach nach dieser Richtung hin in dem Grade thätig – u. a. publicirte er zu diesem Zwecke eine Schrift: „Gespräche über die Ueberschwemmungen im Seelande der westlichen Schweiz“ u. s. w. (Bern 1835) –, daß er schließlich infolge dessen von der eigentlichen ärztlichen Praxis ganz abgelenkt und in die politische Laufbahn gedrängt wurde. Schon 1834 hatte er ein Mandat in den Großen Rath übernommen. 1838 trat er, speciell für das Departement des Innern und das Sanitätswesen, in die Regierung ein, wo er sich namentlich um das Armen- und Gewerbewesen sehr verdient machte. Von 1846–1850 schrieb er ein größeres Werk über das Auswanderungswesen, war besonders um die Organisation der Krankenpflege im Kanton Bern bemüht, zu welchem Behufe er größere statistische Studien machte, bewirkte überall die Gründung von Nothfallstuben und Bezirksspitälern, trat aber 1850 zur Zeit des Regierungswechsels wieder von der politischen Thätigkeit zurück und widmete sich von nun an ausschließlich seinem ärztlichen Berufe. Er übernahm im genannten Jahre die Arztstelle am Inselspital, als Nachfolger von Miescher und widmete sich mit regem Interesse auch den wissenschaftlich ärztlichen Bestrebungen. Unter andern war er seit 1860 Präsident der kantonalen med.-chirurgischen Gesellschaft. 1865 wurde er als Experte zusammen mit Flückiger nach Frutigen geschickt, um die sanitarischen Seiten der Phosphorzündholzfabrikation zu studiren. Das Ergebniß dieser Expertise waren polizeiliche Vorschriften im Kanton Bern zur Prophylaxe gegen die Phosphornekrose. Später zog er mit großer Lebhaftigkeit gegen Curpfuscherthum und Aftermedicin zu Felde und beantragte beim Großen Rath die Durchführung energischer Maßregeln dagegen. Noch im J. 1868 erlebte er, daß die Ausführung seines früher empfohlenen Entsumpfungsplanes auch officiell in die Hand genommen wurde. Die Geschichte dieses Unternehmens schrieb er noch während seiner Krankheit, von der er seit 1877 befallen war, nieder. Er starb an den Folgen seines Blasenleidens am 14. Januar 1880 im Alter von 76 Jahren. S. war ein um die Gesundheitspflege seines engeren Vaterlandes hochverdienter, bei seinen Berufsgenossen wie bei seinen Clienten gleich sehr beliebter Arzt, ein begeisterter Freund der ärztlichen Standesinteressen und ein echter Schweizer Patriot. Ein wesentlicher Antheil an der Gründung des Centralvereins und an der Verschmelzung der ärztlichen deutschen und welschen Schweiz gebührt ihm gleichfalls.

Vgl. Biographisches Lexicon hervorragender Aerzte etc. herausgegeben von A. Hirsch V, 256.