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Artikel „Schmitt, Johann Heinrich“ von Oscar Criste in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 124–126, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmitt,_Johann_Heinrich&oldid=- (Version vom 25. Dezember 2024, 18:45 Uhr UTC)
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Schmitt: Johann Heinrich (Heinrich Sebastian) Sch., k. k. Feldmarschalllieutenant, geboren 1744 (Geburtsmonat und Tag konnten nicht festgestellt werden) in Pest als Sohn eines Rittmeisters, wurde nach dem Tode des Vaters, 14 Jahre alt am 25. Juni 1758 auf einen Stiftungsplatz der gräflich Chotek’schen Fundation in die Gumpendorfer Ingenieurschule aufgenommen, die er am 15. November 1761 als Fähnrich beim Infanterieregimente Nr. 15 verließ. Seine Verwendbarkeit bei der Militärmappierung in Böhmen und Mähren in den folgenden Jahren war Anlaß, daß Sch. am 1. Februar 1769 als Oberlieutenant dem Generalquartiermeisterstabe zugetheilt wurde, in welchem er auch bis zu seinem Tode verblieb. 1778 zum Capitänlieutenant befördert, [125] wurde Sch. nach dem Kriege bei der Berichtigung der Generalkarte des Königreichs Böhmen verwendet und vor Ausbruch des Krieges gegen die Pforte zum Studium der örtlichen Verhältnisse in die zunächst der Türkei liegenden Gegenden entsendet. Zu Beginn des Jahres 1788 zum Hauptmann befördert, rückte er in Folge seines tapferen Verhaltens bei der Erstürmung von Sabač, 23. und 24. April 1788, zum Major vor (24. Mai 1788). Im folgenden Jahre zeichnete er sich bei der Belagerung von Belgrad aus und wurde am 23. Februar 1790 Oberstlieutenant. Im J. 1791 in die Niederlande entsendet, machte er sich bei Unterdrückung der Unruhen verdient, entwarf nach Jemappes (6. November 1792) den Plan zum Rückzug und setzte es durch, daß das schwache Corps Clerfayt’s sich hinter der Roer behauptete, wodurch die Operationen des Prinzen Josias Coburg im J. 1793 wesentlich erleichtert wurden. Am 1. November jenes Jahres zum Obersten befördert, leitete Sch. den musterhaften Rückzug des Clerfayt’schen Corps 1794, in welchem er auch im folgenden Jahre erfolgreich und wiederholt richtunggebend wirkte. Bei Beginn des Feldzuges von 1796 wurde Sch. der Niederrheinarmee des Erzherzoges Karl zugetheilt und nach Vereinigung dieser Armee mit jener des Oberrheins und dem Rücktritts des Generalquartiermeisters Obersten Fleischer trat er, am 1. September 1796 zum Generalmajor befördert, an dessen Stelle. Das Vertrauen des Erzherzogs berief Sch. auch bei Beginn des Krieges von 1799 in das Hauptquartier der Armee in Deutschland. Ein bisher noch nicht aufgefundener, aber in einem Schreiben des Erzherzogs Karl an Kaiser Franz erwähnter Brief Schmitt’s hat vor kurzem Anlaß gegeben, den General in Verbindung mit dem Rastatter Gesandtenmord zu bringen, ohne daß jedoch der Beweis erbracht werden konnte, daß dieser Brief das traurige Ereigniß auch wirklich verschuldet. Am 2. März 1800 zum Feldmarschalllieutnant befördert, fungirte Sch. in jenem Jahre als Generalquartiermeister des Commandanten der Armee in Deutschland FZM. Freiherrn v. Kray, doch ließ sich, bei der großen Verschiedenheit der Charaktere eine wünschenswerthe Uebereinstimmung nicht erreichen; Sch. erhielt am 21. September 1800 die erbetene Versetzung in den Ruhestand und war in Folge dessen an dem Unglück von Hohenlinden, das er vielleicht hätte abwenden können, nicht betheiligt. Nach der Katastrophe von Ulm 1805 folgte Sch. bereitwillig dem Rufe des Kaisers; er wurde am 31. October wieder angestellt und der russischen Armee unter Kutusow zugetheilt. In übermüthiger Sorglosigkeit und blinder Unterschätzung des Gegners war Marschall Mortier den zurückweichenden Russen in das Stromdefilé bei Dürrenstein gefolgt, ohne vorher an dessen Sicherung durch Besetzung des Hochplateaus zu denken. Auf den Rath des FML. Sch., welcher diesen Fehler sofort erkannte, wurde beschlossen, daß am 11. November mit Tagesanbruch General Miloradowitsch in der Front vor Dürrenstein angreifen, während General Doktorow mit einer Colonne von 9000 Mann unter Schmitt’s Führung in der Nacht ein Umgehungsmanöver ausführen und von Krems über Egelsee, Scheibenhof und Resch in den Rücken der Franzosen fallen solle. Der Vorschlag Schmitt’s war von glänzendem Erfolge begleitet. Wohl war der Ausgang des Kampfes im Laufe des Tages zweifelhaft, nur mit Mühe vermochte Miloradowitsch sich der wüthenden Angriffe der Franzosen zu erwehren und noch immer zeigte sich die Umgehungscolonne nicht. Es hatte Sch. große Anstrengung gekostet die Aengstlichkeit des russischen Commandanten jener Colonne, aber auch dessen Schwerfälligkeit, wodurch sich der Abmarsch um mehrere Stunden verzögerte, zu überwinden. Erst als der Tag sich neigte und nach wiederholten Auseinandersetzungen Schmitt’s mit Doktorow drang die Colonne durch das nur schwach besetzte Dürrenstein in die Wegbreitung bei [126] Loiben und kam dem Marschall Mortier in den Rücken. Trotz aller verzweifelten Tapferkeit wurde dessen Corps zersprengt, der Marschall selbst entkam nur mit Noth der Gefangenschaft. Während des letzten, schon in der Dunkelheit geführten Theiles des Gefechtes kamen auch die Russen für einen Augenblick in Unordnung; es wurde blind darauf losgeschossen. Und da war es, daß Sch., von vier Kugeln getroffen, zusammenbrach. Man nimmt an, daß es russische waren. Ein Monument, das Kaiser Franz dem FML. im J. 1811 setzen ließ und welches 1893 neu errichtet wurde, verherrlicht den glänzenden Sieg bei Dürrenstein, der wohl keinen bestimmenden Einfluß auf den weiteren Verlauf des Krieges nehmen konnte, aber in jenen trüben Tagen erhebend wirkte und auch den strategischen Erfolg hatte, daß er den Russen einen geordneten Rückzug nach Mähren ermöglichte.

FML. Sch. gehört zweifellos zu den fähigsten Generalen jener Zeit, und wenn seine Thätigkeit nicht immer den gebührenden Erfolg hatte, so lagen die Gründe in den damals herrschenden wenig erquicklichen Verhältnissen, unter welchen auch größere Talente verkümmerten, statt zur vollen Entfaltung zu gelangen. Es ist mit nicht ungerechtfertigtem Befremden bemerkt worden, daß ein so verdienstvoller Mann wie Sch. keinerlei sichtbare Auszeichnungen erhalten hat. Die Thatsache wurde auch auf das Rastatter blutige Ereigniß zurückgeführt, gewiß aber grundlos, denn Sch. hat auch bis dahin Gelegenheit genug zur Decorirung gegeben. Wenn es trotzdem nicht geschah, so ist dies wohl hauptsächlich den Charaktereigenschaften des Generals zuzuschreiben, der, wie einer seiner besten Freunde von ihm sagt, ein Mann war „von vielem geraden schlichten Verstand, mit hellen Augen sehend, nebenbei aber auch ohne Leidenschaft des Ehrgeizes und von einem außerordentlich phlegmatischen Temperament und philosophischer Denkart“.

Acten des k. und k. Kriegs-Archivs. – Rittersberg, Biographien, S. 573 ff. – Wurzbach, Biograph. Lexikon XXX, 252. – Hüffer, Der Krieg des Jahres 1799. – Criste, Beiträge zur Geschichte des Rastatter Gesandtenmordes; Neue Freie Presse, 2. December 1893.