ADB:Schmidt, Hans
Schmidt: Hans S., gen. Raiffer, gehört zu den Wortführern und Märtyrern der mährischen Täufergemeinden um die Mitte des 16. Jahrhunderts. S. wohnte zu Taikowitz in Mähren und wurde im J. 1552 zum Prediger gewählt. Die Chroniken der Täufer nennen ihn einen „evangelischen Diener und Apostel“ und deuten damit an, daß ihm das Apostel- oder Wanderpredigeramt anvertraut war, dessen Ausübung in den Zeiten der damaligen Verfolgungen besonders schwierig war und fast immer mit dem Märtyrerthum endigte. S. durchzog die Gemeinden in Württemberg, Hessen und im Bambergischen und wandte sich im J. 1557 an den Rhein, wo er mit einem Wanderprediger der Schweizer-Brüder, Hans Arbeiter, in Aachen eine Disputation über verschiedene Glaubenssätze hielt; der fruchtbare Boden, welchen er am Rhein für seine Bestrebungen fand, veranlaßte ihn zu wiederholten Besuchen; bei einem derselben wurde er am 9. Januar 1558 mit 11 Gefährten gefangen genommen, eben in dem Augenblick, als sie zu einer ihrer nächtlichen Andachten (wie die „heimlichen Gemeinden“ sie damals zu halten pflegten) versammelt waren. S. ließ sich durch die alsbald angestellten Folterungen nicht zum Verrath seiner Glaubensgenossen in Aachen bewegen; auch vermochten weder die Bekehrungsversuche zweier Geistlichen noch das Versprechen der Begnadigung ihn zum Abfall zu bestimmen. Der Rath der Stadt scheute anfangs die Hinrichtung; am 13. August war bereits alles zur Execution bereit, da gelang es den Bemühungen eines ungenannten Rathsherrn, noch einmal Aufschub zu erwirken; erst am 19. October wurde S. am Pfahl erhenkt und dann verbrannt; am 24. October folgten ihm seine Brüder Heinrich Adams und Hans Welck, am 4. Januar 1559 Matthias Schmid und Tilmann Schneider in den Tod. – Es sind von S. im ganzen 36 Sendschreiben und Trostbriefe (an seine Mitgefangenen, an die Gemeinde in Mähren, an seine Frau und an Hans Arbeiter) und 18 Lieder erhalten. Außerdem schrieb er eine (gleichfalls erhaltene) „Rechenschaft vom Abendmahl Christi und seiner rechten Bedeutung und christlichem Gebrauch“.
- Jos. Hansen, Die Wiedertäufer in Aachen und in der Aachener Gegend (Zeitschr. des Aachener Geschichtsvereins VI, 295 ff.). – Beck, Geschichtsbücher der Wiedertäufer, 1883, S. 197, 227 ff. – v. Braght, Martelaarspiegel 1685, II, 209–212. – Wackernagel, Das deutsche Kirchenlied III, 812.