Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schlotheim, Giselher v.“ von Philipp Strauch in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 551–552, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schlotheim,_Giselher_von&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 07:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 31 (1890), S. 551–552 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Giselher von Slatheim in der Wikipedia
Giselher von Slatheim in Wikidata
GND-Nummer 103101233
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|551|552|Schlotheim, Giselher v.|Philipp Strauch|ADB:Schlotheim, Giselher von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=103101233}}    

Schlotheim: Giselher v. S. (Slatheim, nordwestlich von Erfurt), Mystiker in deutscher Sprache. Im 16. Jahrhundert war Erfurt einer der Ausgangspunkte der Reformation und ein Hauptsitz des Humanismus, im 14. Jahrhundert finden wir in derselben Stadt eine wichtige Stätte mystischer Lehre. Hierhin, wo Eckehart in früherer Zeit mit Erfolg gewirkt hatte, wo die beste Handschrift seiner Predigten zu Stande kam (Oxforder Hs. vgl. Zeitschrift f. [552] deutsches Alterthum 15,373 ff.), hierhin führt uns auch das Wirken und die litterarische Thätigkeit eines Giselher v. S. G., früher Lesemeister der Dominicaner zu Köln, dann zu Erfurt, verfaßte zwischen 1323 und 1337, ca. 1326 eine uns in mehreren Handschriften erhaltene deutsche Predigtensammlung (Erklärungen der Evangelien und Episteln), in der er eigenes und fremdes aneinander reihte. Es liegen uns in diesem umfangreichen Werke Predigten verschiedener mit der scholastisch-mystischen Predigtweise vertrauter, gelegentlich auch wohl direct an Eckehart’s Lehre gebildeter Männer vor, Predigten, die zum Theil im September 1325 auf dem Provinzialcapitel zu Erfurt gehalten worden, im einzelnen aber noch hinsichtlich ihrer Verfasser zu sichten sind. Preger hat sich um letzteres mit Erfolg bemüht. Derselbe Giselher verfaßte auch in den Jahren 1343–1349 für Hermann v. Fritzlar, einen begüterten Laien, ein Heiligenleben und zwar verfuhr er dabei in ähnlicher Weise wie bei der älteren Predigtsammlung, insofern er auch hier eigene Predigten mit einer Reihe fremder vereinigte: diz buch ist zu sammene gelesen ûzze vile anderen bucheren und ûzze vile predigâten und ûzze vile lêrêren. – daz sind antweder meisterpfaffen oder sint lesemeistere. Mit Namen genannt werden nur Hermann v. Schilditz und Gerhard v. Sterngassen. Erst jetzt war durch die sermones de sanctis, die in dem älteren Werke noch fehlten, die Sammlung eine möglichst vollständige geworden. Aus ersterem wurden sämmtliche Predigten, bei denen die Evangelien mit Heiligentagen zusammenfallen, in das neue herübergenommen, außerdem fügte Giselher manches von Hermann’s v. Fritzlar eigenen Erlebnissen hinzu und auch sonst mag letzterer hie und da eine Bemerkung eingeschaltet oder nachgetragen haben. Besonders interessant sind die Schilderungen fremder Sitten und Gebräuche, wodurch die Darstellung Leben und Farbe erhält. Sie kamen dem Sammler durch den Auftraggeber, der in Südeuropa gut bekannt war, zu, doch scheint auch Giselher selbst in der Welt sich umgesehen zu haben. Das Hauptthema aller Mystiker, die Geburt Christi in der menschlichen Seele, wird auch in diesen Predigten vielfach berührt. Preger hat es sich angelegen sein lassen, aus diesem zweiten Werke Giselher’s directes Eigenthum gleichfalls zu ermitteln, ohne daß damit die Frage bereits abgeschlossen wäre. Nach einer Notiz im Heiligenleben hatte Hermann v. Fritzlar schon früher unter dem Titel Die Blume der Schauung eine kurze mystische Anthologie zusammenstellen lassen. Das Werk galt für verloren, ist aber neuerdings von Preger in einer Nürnberger Handschrift wieder aufgefunden worden; leider ist der Text in äußerst verdorbener Gestalt überliefert.

Zum handschriftlichen Predigtwerk vgl. J. Haupt, Beiträge zur Litt. der deutschen Mystiker, Sitzungsberichte der phil.-hist. Classe der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien 76, 51 ff. (vgl. Germ. 21, 226) und 94, 235 ff. – Preger, Geschichte der deutschen Mystik 2, 87 ff. 91 ff. 160 ff. – Strauch im Anz. f. deutsches Alterthum 9, 122 ff. 144 ff. – Zeitschrift f. deutsches Alterthum 8, 211. – Das Heiligenleben hg. von Pfeiffer, Deutsche Mystiker I, 3–258. vgl. S. XIII ff. – Jahrb. f. niederd. Sprachforschung 3, 65 f. – Preger a. a. O. 2, 103 ff. – Zeitschrift f. deutsche Philologie 19, 487. – Die Blume der Schauung, hg. v. Preger a. a. O. 2, 426 ff. vgl. 1, 321. 2, 89 ff. 205. – Denifle, Arch. f. Litt. und Kirchengesch. des Mittelalters 2, 530 Note. – Vgl. noch Wackernagel, Altdeutsche Predigten S. 432 f. – Bach, Meister Eckhart S. 181. – Keller, Die Waldenser S. 47 ff. – Durch diesen Artikel wird der obige (A. D. B. 8, 118 f.) über Hermann v. Fritzlar berichtigt und ergänzt.