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Artikel „Rulich, Jacob“ von Hugo Holstein in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 636–637, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rulich,_Jacob&oldid=- (Version vom 20. November 2024, 12:56 Uhr UTC)
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Rulich: Jacob R., lutherischer Geistlicher, geboren 1559 zu Augsburg, Sohn eines Pastors daselbst, studirte in Tübingen, wurde daselbst Magister [637] (seine Disputation handelte: „De dicto Johannis: lex per Mosen data est, gratia et veritas per Jesum Christum exorta est“, Tub. 1580), stand zwölf Jahre als Pfarrer in der Oberpfalz und wurde 1592 von dem Rathe seiner Vaterstadt in ein Pfarramt berufen. Er war zuletzt Pfarrer an der h. Geistkirche zu Augsburg, wo er am 7. Mai 1612 starb (Dan. Prasch, Epitaphia Augustana II, 55). Außer vielen Leichenpredigten schrieb er einen „Regentenspiegel“ (Lauingen 1596), einen „Unterthanenspiegel“ (Augsb. 1601) und schilderte „den Bußprediger Jeremias in vier Predigten“ (Kempten 1611). Für die deutsche Litteraturgeschichte hat er einige Bedeutung dadurch erlangt, daß er Naogeorg’s Mercator seu Judicium, die „Krone der Naogeorg’schen Dramatik“ (s. A. D. B. XXIII, 248) nicht nur aufführen ließ, sondern auch in deutscher Uebersetzung herausgab. Die Aufführung des lateinischen Dramas fand am 28. April 1591 im fürstlichen Saale zu Neuburg a. d. Donau in Gegenwart vieler fürstlichen Personen statt. Die Darsteller waren gräfliche Herren und adelige Junker, unter den ersteren auch die beiden Söhne des Pfalzgrafen Philipp Ludwig, denen R. nachher seine Uebersetzung widmete („Der Kauffman oder das Gericht. Ein Geistliche Tragoedi, darinnen der vnderschid Apostolischer vnd grob Papistischer Lehr vnd trosts im schweren Geistlichen Kampff deß Gewissens nutzlich, den einfältigen zu vnderricht fürgestellt vnd abgebildet wirdt“. Lindaw 1595). Die Zueignung an die beiden Pfalzgrafen bei Rhein Wolfgang Wilhelm und August war noch durch den besonderen Umstand veranlaßt, daß 1594 entweder durch die Jesuiten oder durch die Calvinisten das Gerücht verbreitet war, der regierende Pfalzgraf, der sich 1580 zu der publicirten Concordienformel bekannt hatte, werde sich in der katholischen Religion unterrichten lassen. Schon bei der ersten Aufführung hatte er die Absicht gehabt, Naogeorg’s Drama in Gemeinschaft mit dem Pfarrer zu Sinningen Mag. Johann Lauch in deutsche Reime zu bringen, aber wegen der Kürze der Zeit konnte die Arbeit nicht vollendet werden. Nachdem er jedoch, wie er im Vorwort vom 18. März 1595 sagt, den hohen Artikel von der Rechtfertigung des Menschen vor Gott in seinen Predigten erklärt und nun Gelegenheit gefunden, die schöne Tragödie Naogeorg’s mit Fleiß durchzusehen und in wahrer Gottesfurcht zu erwägen, sei er zu der Ueberzeugung gelangt, daß denen, so der lateinischen Sprache nicht kundig seien, wol damit gedient sein möchte, wenn sie jenes Drama in deutschem Gewande sehen würden. Wahrscheinlich hat die Tragödie Naogeorg’s in Rulich’s Uebersetzung eine neue Aufführung am 7. Juli 1598 erlebt, wenn sie dieselbe ist, die das Tagebuch des Kurfürsten Friedrich IV. von der Pfalz erwähnt (Heidelb. Hs. 631).

Jöcher III, 2308. – Goedeke, Grundriß II, 335, 388. – Schletterer, Das deutsche Singspiel. Augsb. 1863. S. 310–327.