ADB:Roesselmann, Walther
Johann R., war der Erbe der kühnen Politik seines Vaters, aber nicht ihrer glücklichen Erfolge. Urkundlich tritt er uns zunächst im J. 1278 im Rathe der Stadt Colmar entgegen und im J. 1282 finden wir ihn an der Spitze desselben als Schultheißen. Mit dem elsässischen Landvogt Otto von Ochsenstein erscheint er uns als Vertreter der Politik König Rudolf’s; doch entzweit er sich bald mit ihnen, als der König seine sehr weitgehenden, außerordentlichen Steueransprüche an die Städte geltend macht, in das Umlageverfahren derselben einzugreifen und das Vermögen des Einzelnen durch die Forderung des dreißigsten Pfennings zu treffen sucht. Gleichzeitig mit dem Aufstand der Städte in der Wetterau verweigert auch das damals rasch und blühend wachsende Colmar die Zahlung der neuen Steuer, eine kurze Belagerung durch den König zwingt die Stadt im Sommer 1285 zur theilweisen Nachgiebigkeit und zur Absetzung ihres Schultheißen. R. scheint mit wenigen Anhängern von da ab ein Freibeuterleben geführt zu haben, bis ihm der Tod des Königs im Sommer 1291 und die darauf folgende Anarchie die Gelegenheit bot, sich des Colmarer Schultheißenamtes wieder mit Gewalt zu bemächtigen. Mit gewaltthätiger Energie behauptete er fortan dasselbe, dem Landvogt leistete er den Treueid für den König Adolf nur unter der Bedingung, daß er sich verpflichte, R. für Lebenszeit in seiner Stellung zu belassen, die vertriebenen Gegner nie zurückzuführen und die Stadt nie mit bewaffneter Hand zu betreten. Die enge Verbindung, in der R. mit dem abenteuerlustigen und gewissenlosen Anselm von Rappoltstein stand, sollte für ihn verhängnißvoll werden. Beide erhoben sich, von welchen Beweggründen geleitet, ist unklar, gegen den König, R. übergab Anselm die Stadt Colmar, die im Herbste 1293 eine sechswöchentliche Belagerung durch König Adolf aushielt, bis die Bürgerschaft, des langen nutzlosen Widerstandes müde, selbst die Thore öffnete. Der Rappoltsteiner und R. suchten sich durch die Flucht zu retten, wurden aber gefangen genommen. Der König ließ R. ans Rad gefesselt mit aufrecht gebundenen Schwurfingern zum Zeichen seines Eidbruchs sich nachführen, bis der Unglückliche bald darauf 1294 starb. Er scheint nicht wie sein Vater die Interessen des Volks, der niedern Bürgerschaft vor allem, vertreten zu haben, obschon unter ihm im Rathe von Colmar die Adligen fast verschwinden, sondern durchaus von ehrgeiziger Selbstsucht beherrscht gewesen zu sein. Auch das Verdienst wird man ihm bestreiten müssen, daß er die Stadt vor der österreichischen Herrschaft habe bewahren wollen.
Roesselmann: Walther R., der Sohn des Schultheißen- Annales Colmarienses und Chronicon Colmariense in Mon. Germ. SS. XVII. – Kopp, Geschichte der Eidgenössischen Bünde I, 742 ff. und III, 57 ff. – Moßmann a. o. a. O.