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Artikel „Rinecker, Franz von“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 628–629, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rinecker,_Franz_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 23:15 Uhr UTC)
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Rinecker: Franz v. R., Arzt, geboren am 3. Januar 1811 zu Scheßlitz in Oberfranken und als Senior der medicinischen Facultät zu Würzburg am 21. Februar 1883 gestorben, begann das Studium der Medicin an der Universität in München bereits vor Zurücklegung seines 16. Lebensjahres, setzte es später in Würzburg fort, unterbrach aber dasselbe, diente seit 1831 während der polnischen Insurrection als Stabsarzt mit Majorsrang im 10. polnischen Infanterieregiment, erwarb das polnische Ehrenkreuz, wurde jedoch unter den Mauern von Warschau verwundet und gerieth nach dem Falle dieser Festung in russische Gefangenschaft. Aus dieser entlassen kehrte er nach vorübergehendem Aufenthalt in Wien zur Beendigung seiner Studien nach München zurück (1832), erlangte in demselben Jahre mit der 1833 zu Würzburg im Druck erschienenen Abhandlung „Die Entzündung der Gefäß-, Nerven- und Glashaut des Auges und ihre Ausgänge“ die Doctorwürde, siedelte 1833 als Assistent am Juliushospitale nach Würzburg über, wo er unter Marcus, Textor und Jaeger thätig war, habilitirte sich 1836 als Privatdocent an der dortigen Universität und erhielt schon nach 9 Monaten 1837 die außerordentliche Professur der ambulanten Klinik zugleich mit der Stellung als Armenarzt, sowie 1838 die ordentliche Professur der Arzneimittellehre und die Direction der Poliklinik. An der Würzburger Hochschule war R. seitdem mit Ausnahme eines Jahres, 1840/41, das er zu einer wissenschaftlichen Reise nach Frankreich und England benutzte, ununterbrochen als einer der beliebtesten, fleißigsten und anregendsten Lehrer thätig. Er las später noch über Kinderheilkunde, Microscopie, Experimentalphysiologie, gründete unter Beistand von Leydig ein physiologisches Institut, übernahm 1863 die psychiatrische Klinik am Juliushospital, 1872 die Abtheilung für Syphilis und Hautkrankheiten, für die er eine eigene Klinik errichtete und war auch sonst für das Gedeihen der Würzburger medicinischen Facultät in unermüdlicher Weise thätig. So war es ganz besonders ihm zu verdanken, daß Männer wie Kiwisch, Koelliker, Virchow u. A. Berufungen an die Würzburger Universität erhielten. Auch widmete er einen großen Theil seiner Lehrthätigkeit der Poliklinik, auf die er viele Zeit und Mühe verwendete, und trug durch Schaffung geeigneter Localitäten sehr viel zur Hebung des Unterrichts in der Psychiatrie, sowie in den Haut- und syphilitischen Krankheiten bei. 1864 erhielt R. den Titel als Hofrath, 1880 als Geheimer Hofrath; 1882 feierte er sein 50jähriges Doctorjubiläum. – R. war ein außerordentlich vielseitiger Mensch. Abgesehen von seiner angestrengten praktischen und Lehrthätigkeit – R. war ein besonders als Consiliarius sehr in Anspruch genommener Arzt – interessirte er sich auch für Kunst und Kunstgeschichte, für Landwirthschaft, für kirchliche und politische Angelegenheiten u. a. m. Seine eigentlichen Verdienste auf dem Gebiet der Medicin sind mannigfache. U. a. hat er die ersten Fälle von epidemischer Genickstarre (Meningitis cerebrospinalis epidemica) in Deutschland, jener zum Theil heute noch in ihrem Wesen räthselhaften Krankheit, zu Würzburg erkannt und publicirt, einen der ersten Fälle von Pseudohypertrophie der Muskeln in den Verhandlungen der Würzburger physikalisch-medicinischen Gesellschaft veröffentlicht, das Knotensyphilid der Kinder entdeckt u. a. m. In Folge einer zu großen Selbstkritik ist R. mit litterarischen Arbeiten nur sparsam hervorgetreten, die dafür um so sorgfältiger ausgeführt sind. Wir erwähnen u. a.: „Ueber die Krankheits-Constitution des Jahres 1835, beobachtet im Juliushospital zu Würzburg“ (Würzburg 1836); „Medicinische Statistik der poliklinischen Anstalt an [629] der … Universität zu Würzburg in ihrem 4. Decennium 1837–47“ (Ebendas. 1848). Uebrigens nahm R. noch in seinen letzten Jahren am wissenschaftlichen Leben regen Antheil, war ein ständiger Besucher der Naturforscher- und anderer gelehrter Fachversammlungen und hielt auf denselben nicht selten anregende Vorträge.

Vgl. Biogr. Lexikon hervorragender Aerzte, herausgegeb. von A. Hirsch, V, 33.