ADB:Richter, Johann Heinrich (Theologe)
[487] Mission unter den Juden, und auf seine Anregung trat auch für diesen Zweck ein besonderer Verein zusammen, der noch jetzt bestehende Rheinisch-Westfälische Verein für Israel, der seinen Sitz in Köln hat. Der Unterricht der Zöglinge im Missionshause – meist waren es ihrer zwölf – führte den Inspector selber zu immer gründlicheren biblischen und dogmatischen Studien, und das rege geistliche Leben des Wupperthals, der Verkehr mit einer Reihe ausgezeichneter und geistvoller Prediger förderte diese Studien in anregendster Weise. Nachdem er bereits in verschiedenen pädagogischen und theologischen Zeitschriften schriftstellerisch aufgetreten war, wandte er sich zu der theologischen Hauptarbeit, die seinen Namen in weiten Kreisen bekannt gemacht hat, nämlich zur Herausgabe eines größeren Bibelwerkes, betitelt: „Erklärte Hausbibel, oder Auslegung der heiligen Schrift Alten und Neuen Testamentes“, welches von 1834–1840 in der Falkenbergischen Verlagshandlung erschien. Es ist das eine populäre Erklärung des deutschen Bibeltextes, und zwar so, daß die Erklärung theils in den Text hinein, theils unter demselben gedruckt ist; dazu ausführliche Einleitungen in die verschiedenen Bücher und die einzelnen Capitel. Das Werk besteht aus 6 Bänden, von welchen die ersten vier das Alte, die beiden letzten das Neue Testament behandeln. Neben diesem Hauptwerk, um deswillen er von der Bonner Facultät zum Dr. theol. creirt wurde, ist von Richter’s Publicationen am bekanntesten geworden eine vergleichende Zusammenstellung und Kritik der katholischen und evangelischen Glaubenssätze, betitelt: „Die evangelische und römische Kirchenlehre“, Barmen 1844. Lebhaft betheiligte er sich an dem litterarischen Kampf gegen den Seminardirector Diesterweg, der in seinen Rheinischen Blättern für Erziehung und Unterricht dem Naturalismus das Wort redete. Außer mehreren kleinen Artikeln erschien 1843 eine Broschüre: „Zeugnisse in der Sache zwischen Diesterweg und Emmerich von Dr. Heinrich Richter“. Dies waren jedoch nur Nebenbeschäftigungen. Seine Hauptthätigkeit blieb immer dem Missionsseminar zugewandt, und die zu Gunsten der Missionssache in Druck gegeben Schriften, Jahres- und Monatsberichte der Rheinischen Missionsgesellschaft stammen zum großen Theil aus seiner Feder. Nicht bloß durch diese schriftstellerische Thätigkeit, sondern auch durch vielfache Besuchsreisen zu den Hülfsvereinen und den Freunden und Förderern der Heidenmission, war R. eine bekannte und geschätzte Persönlichkeit in ganz Rheinland und Westfalen. Nicht minder wurde sein Name auch über die Grenzen Deutschlands und bis nach Amerika und den Heidenländern bekannt durch die vielen Schüler, die als Prediger und Missionare in der Ferne wirksam waren. Denn mit allen stand er bis an sein Ende in lebhaftem Briefwechsel, und wurde von ihnen wie ein Vater geehrt. Eine Lungenentzündung machte seinem thätigen Leben schon im 48. Jahre ein unvermuthetes und schnelles Ende.
Richter: Johann Heinrich R., Dr. theol., Inspector des rheinischen Missionsseminars, geb. zu Belleben am 11. December 1799, starb zu Barmen am 5. April 1847. Sein Vater wollte ihn Forstmann werden lassen. Da aber der Vater starb, als er eben erst mit dem Studium der Forstwissenschaft begonnen hatte, so folgte er gern dem Wunsch seiner Mutter und widmete sich der Theologie. Als Student in Halle zeichnete er sich durch Fleiß und Gaben aus; vom Ministerium empfing er ein Reisestipendium, und wurde nach Vollendung seiner Studien schnell nacheinander als Lehrer und Erzieher an verschiedene Seminarien und Erziehungsanstalten berufen. Im J. 1827 wurde er vom Halberstädter Seminar weggerufen nach Barmen zur Leitung des dort neu begründeten Missionsseminars, und auf diesem Posten blieb er zwanzig Jahre, bis zu seinem Tode. Die Missionsgesellschaft in Barmen, damals noch klein und schwach, hatte bei Richter’s Ankunft nur die Absicht, Gehülfen für fremde (englische) Missionen auszubilden. R. überzeugt sich bald, daß die ihm anvertraute Anstalt nur dann gedeihen könne, wenn sie selbständige ordinirte Missionsprediger aussende. Auch dauerte es nicht lange, bis sein Wunsch in Erfüllung ging. Eine größere Missionsgesellschaft constituirte sich, und im J. 1828 wurden die ersten Missionsprediger aus dem Barmer Seminar ausgesendet nach Südafrika, später folgten andere nach Borneo, nach Nordamerika, nach China. Die Mission in Nordamerika, welche zuerst den Indianern galt, wurde aber bald wieder aufgegeben, und an ihre Stelle trat die Sendung von Candidaten und Predigern zu den ausgewanderten deutschen Landsleuten in Nordamerika. Auf Richter’s Veranlassung wurde für diesen Zweck eine besondere Gesellschaft neben der Heiden-Missionsgesellschaft gegründet, aber die nach Amerika zu entsendenden Prediger wurden zum größeren Theile zugleich mit den Heidenboten im Missionshaus ausgebildet. Ebenso lebhaft interessirte sich R. für die