ADB:Piderit, Johann Rudolf Anton

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Artikel „Piderit, Johann Rudolf Anton“ von Adolf Link in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 110–111, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Piderit,_Johann_Rudolf_Anton&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 17:15 Uhr UTC)
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Piderit: Johann Rudolf Anton P., evangelischer Theologe, wurde am 18. August 1720 zu Pyrmont geboren, wohin seine Mutter an das Sterbebett seines auf einer Reise erkrankten Vaters, des Arztes Christoph Anton P., geeilt war. Nachdem er seine Jugend in Homberg in Hessen, dem Wohnsitze seiner Eltern, verlebt, studirte er von 1737 bis Ende 1738 in Jena, dann aber, nach einem vorübergehenden Aufenthalte in Erfurt, von 1739 an in Marburg Philosophie, Philologie und Theologie. Es war von Bedeutung für seine Entwicklung. daß er an letztgenannter Universität noch bei dem Philosophen Christian Wolf hören konnte. 1745 habilitirte P. sich bei der philosophischen Facultät zu Marburg, wurde 1746 Licentiat, 1759 auch Doctor der Theologie und erhielt 1747 die ordentliche Professur für Philosophie. Die auf dem Marburger Staatsarchiv befindlichen Piderit’schen Acten geben von den fortwährenden Streitigkeiten Zeugniß, in welche er verwickelt war. In der lauteren Absicht, eine Verständigung zwischen der evangelischen und der katholischen Kirche herbeizuführen, widmete P. eine von ihm veranstaltete Neuausgabe der Tractate des Ludovicus Bologninus und des Felinus Sandeus: De indulgentiis, Marburg 1750 dem wegen seiner Milde allgemein geachteten Papste Benedict XIV., sowie eine Schrift: „Von den Schlüsseln des Himmelreichs“, Marburg 1751 dem Erzbischof von Mainz. Dieser sah die Widmung für Hohn an und beschwerte sich beim Landgrafen von Hessen, der die Confiscation des betreffenden Buches befahl, später aber, als der übereifrige Frankfurter Vertreter des kaiserlichen Büchercommissars den Verleger mit Drohungen anging, diesen Eingriff in seine landesherrlichen Rechte damit beantwortete, daß er die Verbreitung beider Schriften nicht mehr hinderte. Schlimmer erging es P. mit seiner „Dissertatio acad. de erroribus Theologorum logicis circa S. Scripturam“, Marburg 1752: Die Schrift wurde auf Betreiben seiner theologischen Collegen, welche P. den ungerechtfertigten Vorwurf machten, er lehre in derselben, daß die h. Schrift zwar Gottes Wort enthalte, aber nicht Gottes Wort sei, confiscirt. 1766 wurde P. nach mannigfachen Anfeindungen besonders seiner theologischen Facultätsgenossen als Professor primarius der orientalischen Sprachen und der Philosophie an das Collegium Carolinum nach Cassel versetzt. Auch hier hatte er unter fortwährenden Verdächtigungen seiner Rechtgläubigkeit zu leiden. Seine „Dissertatio theol. de demonstrationum in theologia revelata meritis“, Cassel 1767, in welcher er zu zeigen suchte, daß es nicht ausreiche, die göttlichen Dinge, welche die Schrift offenbare, einfach als wahr hinzunehmen, sondern daß man vielmehr, angeleitet durch die Schrift, zu selbständiger Einsicht derselben gelangen müsse, zogen ihm das Verbot, theologische Vorlesungen zu halten, zu, weil man diese These als einen Angriff gegen die Autorität der Bibel ansah. Infolge seiner „Beyträge zur Vertheidigung und Erläuterung des Canons der heiligen Schrift“, Frankfurt und Leipzig 1775 und 76, deren zweiten Theil er mit einer zum Einschreiten gegen die eben aufkommende kritische Richtung auffordernden Vorrede dem Corpus evangelicorum zu Regensburg widmete, wurde er sogar, hauptsächlich wegen der Verlegenheiten, in welche er Letzteres damit gebracht, vorübergehend cassirt (vergl. Berlinische Monatsschrift, Bd. IX, S. 118 ff.). Als [111] Zeichen der Zeit ist endlich ein Unionsversuch interessant, an welchem P. hauptsächlich betheiligt war. Das Programm zu demselben ist in der anonym erschienenen Schrift entworfen: „Einleitung und Entwurf zum Versuche einer Religionsvereinigung von verschiedenen katholischen und evangelischen Personen, welche sich …. in eine Gesellschaft vereinigt haben“, Frankfurt und Leipzig 1781 (vgl. Zugabe zu den Göttingischen Anzeigen, 1782, neuntes Stück).

Strieder, Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- und Schriftsteller-Geschichte, Bd. XI, Cassel 1797, S. 39–78.