ADB:Otte
Otto’s von Freisingen benutzte. Auch seine Darstellung zeichnet sich durch Frische und Anschaulichkeit aus; realistisches Detail wird eingemischt und öfter erfreut leise humoristische Färbung. Nach formeller Seite zeigt sich O. gewandt und an guten Mustern gebildet; sicher nachweisbar ist der Einfluß, den Heinrich von Veldeke, Hartmann von Aue, Gottfried von Straßburg auf ihn ausgeübt haben. Nur pflegt er seine Verse zu überfüllen und dadurch ihren Wohlklang zu beeinträchtigen.
Otte, ein gelêrter man, wie er sich selbst nennt, d. h. wahrscheinlich ein Kanzleibeamter irgend eines mitteldeutschen Hofes – seine Sprache weist eher auf eine Gegend, wo fränkisches und bairisches Gebiet an einander grenzten, als auf die Wetterau hin –, bearbeitete um das Jahr 1210 den französischen Roman d’Eracles des Gautier von Arras in deutschen Versen. Er stand dabei seiner Vorlage durchaus selbständig gegenüber, kürzte, erweiterte oder veränderte sie mit Geschick und Geschmack und wußte namentlich die Charaktere der handelnden Personen zu vertiefen: recht gelungen ist ihm die Figur der Kupplerin Morphea. Der mangelhaften Composition seiner Quelle, in welcher ein byzantinischer Novellenstoff mit der Legende von der Wiedergewinnung des Holzes des heiligen Kreuzes durch den oströmischen Heraclius verbunden war, vermochte er freilich nicht abzuhelfen, wenn er auch für den Schluß der Erzählung noch die deutsche Kaiserchronik und die lateinische Chronik- Eraclius. Deutsches und französisches Gedicht, herausgeg. von H. F. Maßmann. Quedlinburg und Leipzig 1842. Eraclius. Deutsches Gedicht des dreizehnten Jahrhunderts, herausgeg. von H. Graef, Straßburg 1883. E. Schröder in den Göttinger gelehrten Anzeigen 1884, Nr. 14. G. Herzfeld, Zu Ottes Eraclius. Heidelberger Dissertation, Darmstadt 1884. – Ph. Strauch in der Zeitschrift f. deutsches Alterth. 31, 297 ff. – Ueber die Sage vgl. insbesondere A. Wesselofsky im Archiv für slav. Philologie 3, 561–587.